So schnell haut Mark Hausmann* (Name geändert) normalerweise nichts und niemand um. Der 39-Jährige ist ein Baum von einem Mann, zwei Meter groß, 110 Kilo schwer und mit breiten Waden ausgestattet. Doch im Juni 2011 hatte es den Thüringer bei einem Fußballspiel schwer erwischt. So schwer, dass er den Gang vors Gericht für nötig hielt. Was war passiert?
Von Thomas Fritz
Erfurt. Es geschah bei einem vermeintlich harmlosen Senioren-Fußballturnier in Großfahner im Landkreis Gotha. Hausmann, damals Kapitän des TSV Motor Gispersleben, fährt laut eigener Darstellung ein verteidigender Spieler des gastgebenden TSV Großfahner in die Parade. "Nachdem ich den Ball außerhalb des Strafraumes weiter gepasst hatte, traf er von hinten mein Standbein", berichtet Hausmann. Mannschaftskollegen bestätigen das.
Die Gegenseite stellt den Vorfall freilich ganz anders dar. Zwar wollte sich der beschuldigte Spieler gegenüber unserer Zeitung nicht äußern. Doch aus dem Vorstand des Vereins verlautete, es habe sich um einen ganz normalen Zweikampf und keine vorsätzliche Attacke gehandelt. Fakt ist: Hausmanns rechtes Wadenbein brach. Weil der Bruch knapp unterhalb des Knies lag, riss zudem sein Syndesmoseband im Sprunggelenk, die OP folgte fünf Tage später.
Anstatt sich zu entschuldigen, soll ihm sein Gegenspieler nach dem vermeintlichen Foul ein paar deftige Worte mit auf den Weg gegeben haben. So entschließt sich der Familienvater nach Beratung mit seinem Anwalt Reike Meyer im Juli 2011 zu einem Strafantrag wegen gefährlicher Körperverletzung. Ein in Thüringen laut Meyer nach Sportverletzungen bislang seltener Vorgang.
Auch bundesweit gibt es nur wenige vergleichbare Fälle. In Nordrhein-Westfalen wurde im Januar 2011 ein 16-jähriger Nachwuchsspieler zu 2000 Euro Schmerzensgeld verurteilt, nachdem er 2008 einem Gegner das Bein gebrochen hatte. In der Zweiten Bundesliga gab es einen ähnlichen Vorfall. Matias Concha vom reichte im Mai 2011 beim Landgericht Berlin Klage gegen Macchambes Younga-Mouhani vom Liga-Konkurrenten Union Berlin ein.
Der Abwehrspieler fordert von dem Deutsch-Kongolesen wegen eines schweren Fouls Schmerzensgeld und Schadensersatz. Weil das Verfahren noch läuft, will sich Concha zu dem Vorfall derzeit nicht äußern.
Vorsatz ist nur schwer nachweisbarFür Hausmann kommen im Februar 2012 schlechte Nachrichten von der Erfurter Staatsanwaltschaft. Weil alle Spieler aus Großfahner bei der Polizei die Aussage ihres Mitspielers bestätigen, der ein grobes und vorsätzliches Foulspiel bestreitet, stellt sie das Verfahren ein.
Dass es zu einer Klagewelle durch andere geschädigte Sportler kommt, ist eher unwahrscheinlich. Anwalt Reike Meyer erklärt: "Fußball ist im juristischen Sinne ein Kampfsport. Hierbei nimmt man die Möglichkeit von Verletzungen grundsätzlich stillschweigend in Kauf. Aber auch hierbei gibt es Grenzen." Diese seien dann erreicht, wenn ein Foul vorsätzlich oder grob fahrlässig verübt wird, so Meyer. "Den Vorsatz in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nachzuweisen, ist allerdings schwierig." Derzeit ist eine Zivilrechtsklage in Vorbereitung.
Hausmann, der lange mit den Folgen der Verletzung zu kämpfen hatte, hofft auf ein angemessenes Schmerzensgeld. In Großfahner sehnt man derweil das Ende des juristischen Gezerres herbei, betrachtet Hausmanns Vorgehen als übertrieben oder gar unsportlich. Das Verfahren wird am Ende beide Seiten viele Nerven und eine Stange Geld gekostet haben.
*Der richtige Name ist der Redaktion bekannt
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