1 subscription and 2 subscribers
Article

Kommentar: Warum Ehe-Gleich das Beste ist, was Frauen in Österreich passieren könnte

Weltweit ist die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern aktuell in 21 Ländern legal. Seit Juni 2015 gehören auch die USA dazu, wo die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die Diskriminierung von Homosexuellen in der Ehe als verfassungswidrig zu deklarieren, viel Aufmerksamkeit erregt hat. In Österreich hat man sich 2010 mit der Eingetragenen Partnerschaft auf eine Lösung geeinigt, die österreichischer nicht sein könnte, weil sie nicht Fisch und nicht Fleisch ist. Sie ist einfach das, was herauskommt, wenn man zwei genau gegensätzlich motivierte Parteien miteinander reagieren lässt. Ein Schas.

Wenn man Menschenrechte einklagen muss

Das Rechtskomittee Lambda (RKL) zählt aktuell 40 Unterschiede zwischen der Eingetragenen Partnerschaft und einer heterosexuellen Ehe, einige wurden schon angeglichen. Hätte das RKL unter seinem Präsidenten Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner nicht einige der schwerwiegendsten Unterschiede beim Verfassungsgerichtshof und beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeklagt, so wäre das Gesetz der Eingetragenen Partnerschaft mit dem Ehe-Gesetz eigentlich kaum vergleichbar, weil substanzielle mit der Ehe einhergehende Rechte nicht eingeräumt wurden. Bis heute ist das Gesetz Zeuge der österreichischen Herabsetzung von Homosexuellen. Die Grünen setzen sich von jeher für eine komplette Gleichstellung homosexueller Partnerschaften ein, und heute hat auch Sozialminister Stöger von der SPÖ sich gegenüber der APA dafür ausgesprochen.

Ein politischer Wille für Ungleichheit

Es war der ausdrückliche politische Wille der ÖVP, dass eine Verbindung von zwei Schwulen oder Lesben nicht „Ehe" genannt werden darf. Im Gesetz wurde akribisch darauf geachtet, nicht von "Familien" zu sprechen. Deswegen gab es ursprünglich auch ein anderes Zeremoniell: ohne Ja-Sagen, ohne Trauzeugen und ohne Standesamt. Homosexuelle Paare durften keine Kinder adoptieren und lesbische Paare hatten keinen Anspruch auf eine Samenspende. Alle diese Änderungen mussten gerichtlich erstritten werden, weil man sich politisch einfach nicht auf Gleichheit einigen möchte. Bis heute dürfen Eingetragene Partnerschaften nur auf der Bezirkshauptmannschaft geschlossen werden, es gibt keinen gemeinsamen „Familiennamen" sondern einen „Nachnamen", und anstatt „verheiratet", kann man nur „in eingetragener Partnerschaft lebend" ankreuzen. Gerade was die Betreuung von Stiefkindern betrifft, gibt es noch immer eklatante Unterschiede: Eingetragene Partner erhalten keine Arbeitszeit-Reduktion, können nicht in Karenz gehen oder die Kinder mitversichern lassen. Wenn der Partner oder die Partnerin stirbt, erhalten öffentliche Bedienstete keine erhöhten Witwenpensionen für die betreuten Kinder.

Die Ehe ist für eines da: Rollenzuteilung

Schlussendlich sind es eine Menge realpolitische und symbolische Unterschiede, die zeigen sollen, dass die ÖVP und andere Konservative Homosexuelle als minderwertig betrachten. Schlussendlich geht es darum, ein binäres Geschlechtersystem aufrecht zu erhalten, das die Rollen ganz genau zuteilt. Ehe soll zwischen Mann und Frau sein. Die Ehe als solches definiert sich darin, dass es zwei biologisch determinierte Rollen und damit einhergehende Funktionen gibt. Nämlich jene mit den Pflege- und Betreuungspflichten, die sich hauptsächlich im privaten Raum und unbezahlt abspielen soll, und jene mit Repräsentationspflichten, die die Familie nach außen hin präsentiert und in Wirtschaft und Politik auftreten darf. Jene Rolle, die Geld, und damit einhergehend Macht hat. Macht, die ungern aufgegeben wird.

Ein Sozialsystem, das Frauen unterdrückt

Die Ehe und Familie ist noch immer die Basis, die kleinste Zelle, auf der unser gesamtes Sozialsystem aufbaut. Und abgesehen davon, dass es der Menschheit schlicht unwürdig ist, Personengruppen aufgrund ihrer sexuellen Präferenzen zu diskriminieren, würde die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern dieses Bild der klaren Rollenaufteilung verwaschen. Wir kämpfen in Österreich, vermutlich aufgrund eines katholischen und nationalsozialistischen Erbes, gegen ein gesellschaftlich besonders verhärtetes, konservatives Geschlechter- und vor allem Frauenbild. An derselben Front, die sich auch gegen die Eheöffnung verschließt. Diese Öffnung wäre nicht nur von gewaltiger Bedeutung für die homosexuelle Community in Österreich, sie hätte auch enorme symbolische Tragweite für Frauen. Nämlich die, dass die Ehe nicht länger als Raum definiert wird, in dem Frauen unterdrückt werden. Als Raum, in dem von Frauen erwartet wird, unterbezahlt und unterbewertet Pflege- und Betreuungsarbeit zu verrichten. Weil die Ehe dann ein Zusammenschluss von zwei Menschen wäre, die sich lieben, und nicht ein wirtschaftlicher Zusammenschluss, von zwei biologisch entgegengesetzten Rollen.

Wer die parlamentarische BürgerInnen-Initiative www.ehe-gleich.at unterschreiben möchte, kann das hier tun.

Original