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Elizabeth T. Spira: "Österreich war schon immer ein Nazi-Land, da kann man nichts verschönern"

30 Jahre Wienerin - 30 Frauen im Porträt: Anlässlich des WIENERIN-Jubiläums widmen wir uns ein Jahr lang 30 starken Frauen. Heute im Porträt: Elizabeth T. Spira.

Am Dienstagmorgen nach der Bundespräsidentschaftswahl haben wir uns mit Elizabeth Spira getroffen. Die war zwar noch ganz verkatert vom Feiern über den Sieg Van der Bellens, hätte sich aber trotzdem am liebsten gleich zum Schneiden der neuen Staffel „Liebesg'schichten und Heiratssachen" aufgemacht. Die zwanzig Jahre Erfahrung mit Menschen auf Partnersuche haben Spira einen soziologischen Blick auf unsere Gesellschaft und die darin erwarteten Rollenbilder gegeben. Umso spannender ist es, mit ihr darüber zu sprechen, wie sich Feminismus und Männerbilder in dieser Zeit verändert haben. Ihre pointierten Ansichten mögen ein bisschen provozieren, aber Elizabeth Spira ist auch nicht dafür bekannt, mit ihrer Meinung hinter dem Zaun zu halten.

Am Tag nach dem das Ergebnis der Bundespräsidentschaftswahl verkündet wurde, muss ich Sie natürlich fragen, wie es Ihnen damit geht. Fühlen Sie sich erleichtert?

Verkatert fühl' ich mich!

Haha, waren Sie auf der Wahlparty gestern?

Nein, ich geh nie auf Partys, aber wir haben sehr gefeiert.

Trotz der 50 Prozent Hofer-Wähler?

Naja, Österreich war schon immer ein Nazi-Land, das kann man nicht verschönern.

Gerade im Zuge des Wahlkampfs wurden auch Frauenrechte in Frage gestellt, die in den letzten 30 Jahren erkämpft wurden. Können Sie sich diesen Backlash erklären?

Was wird denn bitte in Frage gestellt?

Zum Beispiel das Recht auf Abtreibung, Frauenhäuser, das ist der FPÖ alles ein Dorn im Auge.

Ja ok, aber das ist diese Partei, das soll man nicht so ernst nehmen. Die waren immer kirchlicher als die Kirchen. Die sind ganz reaktionär, wollen die Frau nur als Mutter. Am besten mit 10 Kindern, und vor allem: österreichische Kinder. Ich weiß zwar nicht genau, was österreichisches Blut überhaupt sein soll, aber das kennen wir ja. Früher war es „reinrassiges Blut", da gab's auch noch das Mutterkreuz und alles Mögliche andere. Das ist eine Partei, die ganz rückwärts gewandt ist. Daher müssen wir schauen, dass sie nicht gewählt werden und nichts beschließen können.

Aber es gibt ja viele, die dieses Rückwärtsgewandte offensichtlich anspricht und die es wählen.

Ja, aber da müssen wir schauen, wer das ist. Das ist hauptsächlich die Landbevölkerung, die immer konservativer war, und ich würde sagen, auch nicht besonders studiert und nicht unbedingt blitzgescheit. Die machen aber wunderbares Getreide und wunderbare Milch, das brauchen wir natürlich auch. Es ist also die Landbevölkerung und die Arbeiterbezirke, wobei da die Gescheiten auch Van der Bellen gewählt haben und die Vertrottelten Hofer. Jetzt versuchen alle die Gräben zuzuschütten, es wird nicht gelingen. Es gibt einfach einen Strom, der ganz nach rechts zieht, auf das muss man sich einstellen. Die Flüchtlingsfrage hat es noch schwieriger gemacht, weil eigentlich war dann alles FPÖ. Die Roten waren FPÖ, die Schwarzen waren FPÖ, es war eine Einheits-FPÖ mit ein paar Farbsprenkeln. Da haben die Leute das ja her!

Offenbar springen Männer noch mehr als Frauen auf diese extremen Feindbilder und traditionellen Rollenbilder der FPÖ an. Was läuft in unserer Erziehung falsch, dass Männer sich an so etwas festhalten müssen?

Ich glaub, dass Männer im Prinzip viel unsicherer geworden sind als früher. Das seh' ich bei meinen Interviews. Sie sind schwer verunsichert. Als ich angefangen hab vor 20 Jahren, war die Welt noch halbwegs heil. Da wollte man noch eine Frau haben, die die Küche macht und putzt und bügelt. Heute sagen sie alle „Um Gottes willen, ich brauch niemanden, der mir putzt und bügelt". Das heißt, sie wissen, dass die Frauen das nicht gern hören. Und wahrscheinlich auch, dass sie's nicht machen werden - auch wenn sie's insgeheim vielleicht ein bisschen hoffen. Aber sie wissen, man darf es nicht verlangen. Da ist natürlich ein großer Wandel passiert. Aber es verunsichert halt die Männer, die sind eigentlich arme Wesen geworden. Man soll Erbarmen haben mit den ängstlichen Männern.

Lesen Sie weiter auf Seite 2 über die Nachteile alter Mütter, warum ihr junge Menschen leid tun und warum grantige Menschen keinen Partner finden.
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