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Frisbee - ihre Welt ist eine Scheibe

Ultimate Frisbee: Laufen, werfen, fangen: dieses Spiel fasziniert nicht nur Kinder, sondern wird auch zusehends bei Länderspielen attraktiver. Österreich warf beim „Windmill Tournament" mit.

Amsterdam. Wer kennt es nicht, dieses faszinierende Spiel mit einer Plastikscheibe, die man sich auf Wiesen und leeren Seitengassen zuwirft? Frisbee ist seit gefühlten Ewigkeiten Teil unsers Lebens, das Alter spielt dabei keine Rolle, allein Geschicklichkeit ist gefragt. Dass mit „Ultimate Frisbee" auch eine professionellere Version abhebt, wissen hingegen nur wenige. Dabei ist es umso patriotischer, es gibt sogar ein Nationalteam.

Dieses Wochenende fand das „Windmill Tournament" statt. Österreichs Männer wurden Fünfte, die Frauen Siebente - und es war ein wichtiges Vorbereitungsturnier auf die nahe EM.

Interdisziplinäre Sportart

Dieser Teamsport entwickelte sich in den 1960er-Jahren, während Fußball bereits im 19. Jahrhundert entstand. Gegenwärtig versuchen sich 900 Ultimate Frisbee-Athleten und Athletinnen in Österreich, gespielt wird in drei Divisionen: Frauen, Männer und Mixed. Die Jugendklasse beginnt ab der U15, die direkte Nähe zum Universitätssport ist nachgewiesen. Felix Nemec, Vizepräsident des Frisbee-Sport Verband (ÖFSV), schmunzelnd, es sei wie bei so vielen anderen Sparten auch: „Die Älteren geben ihren Sport an ihre Kinder weiter." Freilich, ausbaufähig ist sowohl die Nachwuchsarbeit als auch die Professionalisierung. Mit jedem Wurf aber leben Energie und Freude auf.

Ultimate Frisbee setzt sich aus unterschiedlichen Elementen zusammen. In der Grundstruktur gleicht es American Football, nur: es soll tunlichst kein Körperkontakt entstehen. Reguläre Spielzeit sind 100 Minuten auf einem Feld, in etwa so groß wie ein Fußballrasen. Sieben Spieler pro Team treten auf, Ziel ist es, die Scheibe in die Endzone des Gegners zu befördern. Pässe können freilich abgefangen werden, zu Gegenstößen führen. „Unser Sport erfordert massive physische Fähigkeiten", erklärt Nemec. Hat man die Scheibe unter Kontrolle, kann diese mit dem Basketball-Sternschritt (ein Fuß bleibt am Boden verhaftet) verteidigt werden.

Langsam? Wurf mit 152,9 km/h!

Ist man in Scheibenbesitz, muss man auch so schnell wie möglich stehen bleiben. Schneller gedeiht auch manch Wurf, es kann bis zu 152,9 km/h schnell werden. Dieser Weltrekord wurde von Simon Lizotte 2015 aufgestellt. „Prinzipiell muss man Fingerspitzengefühl für die Scheibe haben", sagt Nemec, „außerdem braucht man Schnelligkeit, Ausdauer und ein gutes Raumverständnis."

Der Sport an sich beruht auf Augenhöhe, dem Prinzip der Fairness. Wann eine Situation geahndet werden muss, bestimmen die Protagonisten selbst. Bei Differenzen bleiben 45 Sekunden Zeit, um eine Einigung zu finden. Die Situation wird gemeinsam besprochen, sollten Wahrnehmungen jedoch zu weit auseinanderdriften, wird der Spielzug eben wiederholt. Hauptsache, der Spielfluss bleibt aufrechterhalten.

Nemec ist Ex-Teamspieler. Seiner Erfahrung nach habe das Wesen seines Sports ihm oft dabei geholfen, Drucksituationen im Alltag besser zu überstehen. „Es geht darum sich und andere ernst zu nehmen, sich zu respektieren. Das, was wir im Sport ausüben, reproduzieren wir auch im täglichen Leben, in der Gesellschaft."

Landung in Irland

Das Windmill Tournament war das größte Privatturnier mit Festivalcharakter in Amsterdam und bietet einen einzigartigen Wettkampf. Über 80 Teams trafen in den drei Divisionen aufeinander, Österreich war in allen vertreten. Vielleicht gelingt schon beim nächsten mehr, quasi der große Wurf: dann wartet ab 15. Juli die Europameisterschaft an der Universität Limerick in Irland. Nemec: „Die Performance, die gerade dargelegt wurde, spricht dafür, dass ein Semifinale möglich ist." Ihre Welt mag eine Scheibe sein, sie transportiert jedoch gesunden Realismus.

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