In Sachen Neue und Digitale Medien ist der FC Bayern Basketball wegweisend in sieben sozialen Netzwerken, über 140.000 Facebook-Likes, mehr als 25.000 Followern bei Twitter und einer sieben Mann starken Kommunikationsabteilung.
Die geballte Social-Media-Power des FC Bayern Basketball
Irgendwie war es fast schon ein historischer Moment, der die Liebhaber von Sport & (digitalen) Medien aufhorchen ließ: Die „Gefällt mir"-Angaben - Neu-Deutsch „Likes" genannt - des FC Bayern Basketball haben kürzlich auf Facebook die der Beko Basketball Bundesliga überholt. Sprich: Ein Verein kann mehr Likes auf seinem offiziellen Fan-Profil (144.813) als die durchaus erfolgreiche Liga-Page (138.288) aufweisen. Das von Mark Zuckerberg und weiteren Co-Produzenten in Havard gegründete Social Network ist trotz sinkender Nutzerzahlen weiterhin das erfolgreichste und größte seiner Art in Deutschland. Zwar scheint Facebook vor allem bei den „digital natives" weniger hip zu sein als beispielsweise Tumblr oder Instagram, doch die Statistik spricht dennoch eine klare Sprache: 27 Millionen deutsche Nutzer sind Teil des Zuckerberg-Imperiums, über 50 Prozent davon nutzen das soziale Netzwerk täglich. Ohne Frage: Facebook ist und bleibt das wichtigste Medium in der kunterbunten Welt des Web 2.0, die sich täglich neu zu erfinden scheint.
Das sieht auch Jochen Engel so. Der 32-Jährige ist Leiter Neue Medien beim FC Bayern München Basketball. „Ich merke vor allem im privaten Bereich, dass die Anzahl der Posts oder Interaktionen abnimmt. Aber aus dem beruflichen Kontext ist Facebook für uns sehr wichtig und bekommt auch die entsprechende Aufmerksamkeit. Heutzutage ist es als Unternehmen oder Verein fast schon Pflicht, bei Facebook aktiv zu sein", erklärt Engel.
Das einfache Prinzip, nach dem viele Nutzer handeln: Die Nachrichten kommen zu mir, nicht ich komme zu den Nachrichten. Ein „Gefällt mir"-Klick und schon versorgt mich in diesem Fall das orangene Basketball-Universum mit Informationen, Ergebnistickern, Vorberichten, Fotos oder Videos. „Unsere Nutzerzahlen steigen kontinuierlich an. Bei Facebook und Twitter ist das fast explosionsartig in die Höhe geschossen", berichtet Engel stolz. Anderen Vereinen sind die Münchner hier in Sachen Klickzahlen, Interaktionen und Likes mit Siebenmeilenstiefeln enteilt.
Facebook bleibt das wichtigste Social Network
Der bayrische Schwabe ist seit dem 1. Januar 2013 bei den Münchner Korbjägern für die Neuen Medien verantwortlich, kommt eigentlich aus dem Fußball und weiß auch: „Natürlich tummeln sich auf unserer Seite auch viele Fans von gegnerischen Clubs. Als FC Bayern polarisiert man eben." Auf meine Annahme, dass ja natürlich auch dieser kickende Ballsport mit 22 durchaus erfolgreichen Spielern abfärbt, gibt es ein klares Veto. „Wir stehen im guten Austausch mit den Kollegen vom Fußball und profitieren natürlich auch von den Erfahrungswerten- nur bei Instagram waren wir etwas schneller", lacht der Social Media-Experte. Intern gibt es einen Business-Case für die Nutzerzahlen. Auch die Sponsoren sind Teil des bajuwarischen Social-Media-Komplexes und unterstützen diverse Formate.
„Unsere Arbeit wird von allen Seiten geschätzt, allerdings natürlich auch streng beobachtet", weiß Engel, dass auch bei einem normalen Facebook-Post jedes Wort ein Plätzchen auf der berüchtigten Goldwaage findet. „Du musst rund um die Uhr ein Auge auf die Kanäle haben", so der Diplom-Sportwissenschaftler weiter. Gerade rund um die Euroleague-Partien gegen Galatasary Istanbul nahmen negative Kommentare und Anfeindungen zu. „Eine Netiquette oder so etwas haben wir nicht. Vieles ist Erfahrung und subjektives Bauchgefühl - damit fahren wir eigentlich ganz gut."
Aufbauspieler Steffen Hamann ist der „Social Media MVP"
Hier und da um Rat fragen auch die Basketball-Profis des FC Bayern München, die vor der Saison sogar eigene Social Media Guidelines erhalten haben. Solche Richtlinien werden vor allem in Unternehmen eingesetzt, um das „Phänomen Social Media" zu erklären sowie die berufliche und private Nutzung zu erleichtern oder klar zu trennen. „Das ist kein vertraglicher Bestandteil, viel mehr Hinweise für die Jungs. Ab und an kommen die Spieler auch mit Ideen auf uns zu oder fragen, wie sie verschiedene Dinge umsetzen können", berichtet der 32-jährige aus dem regulären Büroalltag auf der FCB-Geschäftsstelle. Mit Steffen Hamann stellen die Münchner sogar den „Social Media MVP" der vergangenen Spielzeit - eine Auszeichnung, die die Beko Basketball Bundesliga in der vergangenen Saison erstmalig vergeben hat und aktuell monatlich über Facebook Preisträger und gelungene Beispiele unter den Korbjägern sucht. „Steffen macht das schon gut. Er weiß, wie er mit den Fans kommunizieren kann und welcher Content die Fans begeistert", lobt Engel den Ex-Nationalspieler in Diensten der Pesic-Equipe.
Neben Steffen Hamann zeigen sich vor allem Demond Greene, Lucca Staiger und US-Guard Malcom Delaney besonders aktiv im Netz. Demond Greene ist dabei sogar als Hauptprotagonist bei einem eigenen Video-Fomat hinter der Kamera eingebunden: „Video on Demond" ist ein äußert erfolgreiches Format bei YouTube, in dem der bullige Guard per Videocam hinter die Kulissen blickt, Mitspieler interviewt und eben das ist, was Social Media ausmacht: authentisch. So filmt sich Greene auf dem Weg zur Halle, gibt per Vidcast Einblicke in das Trainingslager der Korbjäger und verhilft Teamkollegen zu ungeahntem Ruhm: Nachwuchsspieler Malo Valerién beweist Gesangstalent und ist Stammgast bei „Video on Demond". Neun Folgen mit durchschnittlich 4.000 Aufrufen hat der ehemalige Nationalspieler gemeinsam mit den Medienprofis des FC Bayern Basketball bisher produziert. Der YouTube-Kanal des FC Bayern München kann stolze 3.740 Abonnenten sein Eigen nennen, die bis dato über 320 Videos verfolgen durften. Dazu zählen in der Liga bei nahezu allen Clubs etablierte Highlight-Videos oder Vorschauberichte, aber auch kreative Formate wie „One on One", präsentiert von der BayWa AG: Robin Benzing und John Bryant duellieren sich dort zur Freude des geneigten Zuschauers in diversen Wettbewerben.
„Unsere Bewegtbild-Abteilung ist sehr kreativ. Unsere Fans wollen wissen, wie der Alltag unserer Spieler aussieht. Jungs wie Demond haben da einfach Bock drauf", freut sich Jochen Engel über das ungeahnte Talent der Korbjäger. Nachholbedarf ist allerdings in Sachen Live-Stream vorhanden. Während Teams wie Frankfurt, Trier oder Ulm sich bereits recht aktiv zeigen, machen die FCB-Kollegen hier noch ihre Hausaufgaben - und das besonders gründlich. „Wenn wir damit als FC Bayern rausgehen, dann wird das top sein. Der Stream darf uns beispielsweise nicht zusammen brechen. So viel kann ich allerdings verraten: Wir arbeiten sehr intensiv an einer Umsetzung, sodass es auch Live-Streams unserer Heimspiele geben wird", blickt der 32-jährige Social-Media-Chef in die Zukunft, die bereits in wenigen Tagen seine Premiere feiern wird.
Scharfschütze Staiger nicht nur aus 6,75 Meter am Drücker
Ein weiteres überaus kreatives Beispiel mit hohem Anspruch ist „Eye of the Staiger". Alleine vor der Titelgebung und der eigens dafür produzierten Webseite muss man definitiv den Hut ziehen. Das Trailervideo zeigt den Scharfschützen im guten alten Rocky-Look, die Homepage entspricht in Sachen Stil und Optik dem „how to" einer modernen Internetseite. „Lucca hatte die Idee. Er kam irgendwann auf uns zu und hat berichtet, dass er gerne was mit Fotos machen möchte. Daraus ist dann „Eye of the Staiger" entstanden", erzählt Jochen Engel. Der ambitionierte Hobby-Fotograf und Nationalspieler fotografiert allerdings nicht einfach mal ebenso mit der Handy-Cam und jagt es danach durch den schnöden Instagram-Filter. Die Spiegelreflex im Gepäck positioniert der ausgewiesene Drei-Punkte-Experte seine Mitspieler als Modell und hält fast schon mit künstlerischem „Eye of the Staiger" drauf. Das Ergebnis: eine großartige Bilderwelt, die Basketball, Kultur, Lebenseinstellung und den Sinn für den richtigen Moment kombiniert.
Stichwort Fotos: „ Instagram ist für uns als Verein die ideale Plattform. Hier verzeichnen wir neben Twitter und Facebook den größten Zuwachs. Außerdem sind dort viele unserer Spieler aktiv", berichtet Jochen Engel, der sich über 7.348 Nutzer beim, im Prinzip sehr simpel gestrickten, Fotonetzwerk freuen darf. Hauptsächlich via Smartphone stellt das im Jahr 2012 für rund eine Milliarde Dollar von Facebook gekaufte Portal einen hohen emotionalen Wert dar. Im Zeitalter von Selfies und der Möglichkeit, auch kurze Videos hochzuladen, dürfte Instagram gerade im Sportbereich eine enorme Plattform darstellen.
Mit #FCBB nicht nur an die Spitze der Twitter-Charts
Mit 140 Zeichen twittert sich Topscorer Malcom Delaney gerne durch die virtuelle Welt. Ob beim Physiotherapeuten, in der Kabine oder an basketballfreien Tagen: Der US-Spielmacher gehört zu den aktivsten Twitterati unter den Bayern-Korbjägern, also der so genannten „Twitter-Elite".
„ Twitter ist explodiert. Wir haben dort innerhalb von zwölf Monaten über 18.000 neue Follower generieren können. Bei einer Partie versuchen wir unseren Followern ein ganzheitliches Live-Erlebnis zu vermitteln, und twittern das Spiel über das Hashtag #FCBB_live", fasst Jochen Engel die Entwicklung in 140 Zeichen zusammen. Grundstein des Erfolges: Der FC Bayern bindet die Fans ein, gute Tweets erhalten über den Kanal der Basketballer einen Re-Tweet oder werden favorisiert. Die Interaktion nimmt mit Live-Spielen zu, der Tabellenführer der Beko Basketball Bundesliga bietet über den schnelllebigen Internetdienst einen weiteren Service für die Zuschauer, die so die Partie verfolgen können.
Kein 2.0 für Heiko Schaffartzik
So gar nichts mit diesem neumodischen Social Media-Zeug hat der Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft am Hut: Heiko Schaffartzik twittert nicht. Heiko Schaffartzik hat kein offizielles Facebook-Profil oder lädt Bilder bei FlickR hoch. Eigentlich schade, schließlich würden alleine Spielweise und Selbstbewusstsein des Ex-Berliners jede Menge Potenzial und Geschichten bieten. „Das ist zwar schade, aber wir akzeptieren das natürlich", sagt Jochen Engel.
Zu Wochenbeginn versammeln sich der Leiter Neue Medien und seine Kollegen aus der Presse- und Kommunikationsabteilung zur Besprechung des Redaktionsplans. „Es gibt festgelegte Formate, wie zum Beispiel den Vor- und Nachbericht, Bildergalerien oder unser Spieltagsmagazin „ZOOM!". Aber natürlich passiert einiges auch spontan und ist an aktuelle Ereignisse angepasst", erklärt Engel. Sieben hauptamtliche Kollegen arbeiten in der Kommunikationsabteilung des FC Bayern München Basketball, rund zehn festgelegte Posts pro Woche gibt es, die einzelnen Netzwerke werden individuell bespielt. Auch hier setzt der aktuelle Tabellenführer der Beko BBL Maßstäbe, die vor allem für kleine Vereine jenseits des Möglichen liegen. Zum Team gehören auch zwei Videoproduzenten, die für das nötige Bewegtbildmaterial rund um Robin Benzing, Lucca Staiger & Co. sorgen. In der engen Abstimmung befindet sich die Abteilung auch mit den Kollegen aus dem Bereich Ticketing, Merchandise oder Sponsoring. Homepage, Newsletter und natürlich die tägliche Zusammenarbeit mit regionalen und überregionalen Medien gehören zum Tagesgeschäft. „In Sachen Social Media sind wir zu zweit", sagt Engel. So konzentriert man sich an der Isar auf die Kanäle, die die Münchner kurz-, mittel- und langfristig nach vorne bringen.
Google+ und XING laufen nebenher
„Bei Google+ weiß man nie, ob das nochmal einen Schub erhält. Wir sind dort vertreten, aber bisher zählt Google+ nicht zu unseren priorisierten Plattformen", berichtet der Experte für Neue Medien über das Social Network des Internetgiganten Google. 3.209 Menschen haben den FC Bayern Basketball dort in die eigenen Kreise aufgenommen bzw. abonniert. Im Business-Netzwerk XING besteht die Gruppe gerade mal aus knapp 400 Mitgliedern - im Vergleich zu den anderen Nutzerzahlen eher etwas schwach. „XING bedienen wir vor allem für Fans, die während der Arbeitszeit nicht Facebook nutzen können. Auch sie sollen alle News erhalten und sich mit uns und anderen vernetzen können", beschreibt Jochen Engel die eher untypische Nutzung des Netzwerkes für Beruf und Karriere.
Als wohl einziger Verein in Deutschland beschwört der FC Bayern München mit „myFCB" das „mia-san-mia-Gefühl" mit einer eigenen Community. Hauptsächlich durch die Fußballer getrieben, finden auch andere Abteilungen im eigenen Vereinsnetzwerk ihren Platz. Angebote wie die FC Bayern Erlebniswelt oder „FCB Inside" gehören dort zu den beliebtesten Formaten der User.
Neben dem geplanten Live-Stream-Angebot wird auch die Homepage einen Frühjahrsputz erhalten. „Wir arbeiten intensiv am Relaunch. Dort werden wir natürlich auch die Social Media-Applikationen einbinden und von jeder Seite aus integrieren", erklärt Engel die Münchner Zukunftspläne in Sachen Internetauftritt.
Mia san 2.0
Eins ist abschließend klar: Der FC Bayern macht ernst. Egal in welchen Bereichen. Dass der Bedarf beim Zuschauer für insgesamt sieben Soziale Netzwerke vorhanden ist, beweisen die Klickzahlen und Interaktionsraten. Dass diese Denke nicht nur zukunftsfähig, sondern auch zielführend ist und sich nicht nur die direkten Konkurrenten der Liga etwas von der geballten Kreativität und Social Media Power der Münchner abschneiden können, sollte auch jeder verstanden haben und den Neid mal beiseite lassen. Der FC Bayern taugt nicht nur zur Benchmark, sondern auch zum unangefochtenen Serienmeister. Natürlich vorerst nur in Sachen Neue Medien. Das weiß sogar Svetislav Pesic.