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Die richtige Schule für ein erfolgreiches Leben

© Arkitema Architects/Kontraframe


Pädagogische Architektur ist eine eigene Domäne. Die Idee vom prägenden Raum ist nicht neu, gerade im Design von Schulbauten aber häufig zu wenig beachtet und unterrepräsentiert. Neue Schulkonzepte brauchen neue Raumkonzepte. 

Schule soll auf das Leben vorbereiten. Der alte Spruch „non vitae sed scholae...“ („Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir“) deutet auf die lang anhaltenden Unstimmigkeiten zwischen Unterrichtsinhalten und deren Eignung für das „echte Leben“ hin. Die jeweiligen Auffassungen finden einen selbstverständlichen Ausdruck in der Architektur von Lernräumen. Lange ähnelten diese sakralen Anordnungen, bei denen von einer Kanzel herab die Wahrheit gepredigt wurde. Diese Zeiten sind längst vorbei, doch scheinen Schulmodelle immer noch den Entwicklungen in Gesellschaft und Technologie hinterherzuhinken.
 
Zukunftsfähigkeit
Bereits 2003 listet eine OECD Studie „Schlüsselqualifikationen für ein erfolgreiches Leben und eine gut funktionierende Gesellschaft“. Die wichtigsten sind die folgenden drei Fähigkeiten: autonom zu handeln, in heterogenen Gruppen zu interagieren und Werkzeuge interaktiv einzusetzen.
Der Schwerpunkt von Pädagogik muss sich demnach danach ausrichten, selbständig denkende, flexible Individuen auszubilden und sie mit der Fähigkeit auszustatten, eigene Entscheidungen in wechselnden Personenkonstellationen zu treffen. Ein entsprechendes Schulkonzept orientiert sich daher mehr an Clustern, erleichtert diverse Gruppenkonstellationen und bietet offen zugängliche Kommunikationsorte. Zahlreiche Schulen in Skandinavien und den Niederlanden führen bereits seit einiger Zeit erfolgreiche Modelle zur Erneuerung von Unterricht und entsprechenden Schulbauten durch. Die Innovationsfreude wird dort nicht von traditionalistischen Widerständen gebremst. Inzwischen finden aber einige Ansätze auch in anderen europäischen Ländern Anklang. So erntet etwa das Konzept offener Lernlandschaften zunehmend Aufmerksamkeit und Zuspruch. Bei den Vorreitern im Norden Europas ist seit langem Zeit das Konzept „offener Unterricht“ in die Schulabläufe integriert. Bestandteile davon sind offene Lernlandschaften, Auditorium, Gruppenräume in unterschiedlichen Größen, Think-Tanks und Lehrerarbeitsplätze. Große Gemeinschaftsflächen, Einzelarbeitsplätze für konzentrierte Phasen und kleinere abgetrennte Räume bilden das Grundkonzept der Einteilung. So dient häufig ein zentral platziertes Auditorium gemeinsamer Nutzung und ist von offenen Lernbereichen umgeben, die wiederum aus größeren gemeinsamen Lernzonen und kleineren Gruppenräumen bestehen. Die Integration digitaler Tools ist selbstverständlich. Die Idee der „ Schule ohne Wände“ und der „Schule ohne (fixe) Klassenzimmer“ bietet viele Variationsmöglichkeiten.
 
Schule Campus Ministerium
Etwa in den Gebäuden von Arkitema Architects. Die Aarhuser Architekten sind Spezialisten im Schulbau und haben auch Universitäten gestaltet, etwa KUA2, einen Teil des Campus Kopenhagen. Interessanterweise ähneln auch die von ihnen geplanten Regierungsgebäude – etwa für die Ministerien für Transportwesen...... Für diese Gebäude gilt im gleichen Maße wir für Ausbildungsstätten, dass sie Offenheit und  hierarchiefreie Kommunikation fördern und Lust an Innovationen aufrechterhalten sollen. Im Prinzip unterscheiden sich die Grundkonzepte dieser Lernorte kaum, egal ob die NutzerInnen jünger oder älter sind. Es geht um optimale Arbeitsorte. Offenheit, Helligkeit, natürliche Materialien, Farben und  Großzügigkeit könnte man als Stichworte nennen. Die Hellerup Skol in Gentofte im Norden Kopenhagens   wurde in Kooperation von Architekten, Lehrern Schülern, Eltern, Gemeindevertretern und Experten entworfen, unter der Prämisse „Vom Konzept zum Raum“.
In Zeiten des digitalen Wandels, der auch Unterrichtsgestaltung und Lernverhalten massiv mit prägt, werden alte Frontalmodelle ad acta gelegt. Eigene Lernlandschaften werden gestaltet, in denen sich SchülerInnen je nach Aufgabe einen Arbeits- und Lernplatz aussuchen. Der normale Schultag beginnt mit  kurzen „Instruktionsphasen“, die in sechseckigen Schulräumen erfolgen. Danach begeben sich die SchülerInnen zur Vertiefung der Themen in „offene Lernzonen.“ Das sind Räume, die sowohl für Gemeinschaftsprojekte als auch für Einzelarbeiten ausgestattet sind. Es gibt aber auch Tage, an denen von Zuhause aus gearbeitet wird, oder vom Park, der an die Schule angeschlossen ist. Auch ein Café kann als temporärer Arbeitsplatz gewählt werden. So bilden sich im Schulalltag die neuen Arbeitsweisen ab: Co-Working, Home Office, Teamarbeiten und eigenverantwortliche Aufgaben wechseln sich ab.
Freude am Lernen
Das Credo von Arkitema Arkitetekten für Lernumgebungen, egal ob für Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene: Räume sollen die Freude am Erforschen und Lernen fördern.
Eine offene Lernumgebung, so zeigt dieses Schulkonzept, motiviert nicht nur SchülerInnen und LehrerInnen, sie fördert auch Inklusion. Weil ein variables Nutzungsmodell auf unterschiedlichste Situationen reagieren kann und dadurch individuelle Förderung erleichtert, wie Lasse Reichstein, der Leiter der Hellerup Skole erklärt. „Beim Thema Inklusion spielt uns die Architektur unserer Schule in die Hände".
Der Tagesablauf in der Hellerup Skool erinnert mehr an spielerische Selbstbestimmtheit und die Kreativität neuer Office-Modell als an klassischen Schulalltag.
Die Architekten Hirner und Riehl haben sich für die Schule in Langenpreising bei München diese Vorgaben zu Herzen genommen. Nicht ohne anfängliche Widerstände, die sich vor allem auf die Holzkonstruktion bezog, durch die Kirche und Schulbau direkt verbunden wurden. So entstand eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Kombination Kirche – Pfarrhaus – Wirtshaus –Schulhaus. Die Architekten haben ein „modernes“ Schulhaus mit Satteldach  in den idyllischen Ortskern implementiert.
Bau und Innenleben der Schule sind auf ein offenes Lernkonzept hin angelegt. Es gibt einen zentralen Versammlungsraum, der hier als Marktplatz bezeichnet wird. Um ihn herum sind Klassenzimmer gruppiert, die zum raumhaltigen Dach hin offen sind. Unterricht mit LehrerIn und eigenständiges Lernen können so parallel stattfinden. Mit solchen Konzepten wird die Schule dann doch zur Vorbereitung für das „echte Leben“.

 

 

 

 

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