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Wo wohnen die Musen im 21. Jahrhundert?

Wettbewerb Bauhaus Archiv und Museum für Gestaltung, Berlin: Erster Preis Staab Architekten, Berlin.

Museumsarchitektur lässt sich wie eine theatrale Inszenierung verstehen, sie schafft und bildet gleichzeitig einen semantischen Rahmen für das Gezeigte: als Medium, das andere Medien inszeniert. Im späten 20. Jahrhundert wird das Museum oftmals zu einer Etappe der Tournee von Kunstwerken, nicht mehr nur der Präsentationsort für ansässige Werke. Der reine „Ort des Bewahrens" hat ausgedient. Das Museum heute muss vielfach interpretierbar und bespielbar sein, vielseitig ausdeutbar. Zudem wird Platz für urbane Infrastruktur wie Cafés, Museumsshops und Vortragsräume verlangt.

Das Museum selbst wird zur kulturellen Attraktion, wie sich an besonders spektakulären Projekten wie etwa dem 2014 in Lyon eröffneten Musée des Confluences von Coop Himmelb(l)au nachvollziehen lässt. Das Museum in seiner heutigen Ausprägung entstand aus Wunderkammern und Kunstgalerien privater Sammler der Spätrenaissance und des Barock. Die Bezeichnung entstammt dem griechischen Wort „Museion" mit der Bedeutung „Heiligtum der Musen". Diese künstlerisch spirituellen Archive mit besonderen Büchern, spektakulären Pflanzen, Edelsteinen und farbenfrohen Schmetterlingen verweisen auf Zusammenhänge in der Welt. Zu Zeiten der aufstrebenden Naturwissenschaften wurden weitere, auch bürgerliche Sammlungen gegründet, die dem Geist des Vermessens und Kategorisierens Rechnung trugen. Sie waren der Bildung gewidmet, aber auch dem Vergnügen.

Diese Entwicklungsgeschichte wirkt auch in der heutigen Interpretation des Museums nach. Die zentrale Frage heißt gerade in partizipativen Gesellschaften: Wer sagt, was gezeigt werden soll? Die Komponente des Kuratierens spielt in alle Sammlungs- und Ausstellungskonzeptionen hinein.

Was soll wem gezeigt werden?

Was bedeutet es nun, im 21. Jahrhundert, einen Museums(neu)bau zu beauftragen? Für wen werden Museen gestaltet - dienen sie einer offenen Gesellschaft oder gehören sie in den Kanon einer Bildungselite?Und für die Architektur gilt natürlich die zentrale Frage: Welche Erscheinung soll die Umhüllung jener Inhalte annehmen? Welche Materialien, welche Form entsprechen dem Thema? Wie kann ein Entree geschaffen werden, durch das möglichst viele Besucherinnen und Besucher diesen speziellen Ort betreten?

Für den Neubau eines Museums muss zunächst differenziert werden zwischen Räumlichkeiten, die für die Bestände überbordender Archive Platz schaffen sollen, und solchen, die Freiraum für noch zu interpretierende Ausstellungsmöglichkeiten schaffen. Beide Typen von Museen wurden in den aktuellen internationalen Wettbewerben zur Neugestaltung ausgeschrieben. Mehr oder weniger international besetzte Juries hatten die spannende und anspruchsvolle Aufgabe der Entscheidungsfindung.

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Image für wen?

Immer eventhafter gestaltete Museen machen möglicherweise Kunstgegenstände zu Nebendarstellern. Zudem entstehen in den Juries immer widersprüchlichere, schwer analysierbare Entscheidungen. Ist es daher nicht an der Zeit, die großteils zivilgesellschaftlich finanzierten Projekte bereits in der Entscheidungsphase partizipativer zu machen?

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