Ein Mann mit einem kugelrunden Bauch, nackt, in einem Plantschbecken im Wohnzimmer: Im Mai entschied sich Yuval Topper-Erez Fotos der Hausgeburt seines dritten Kindes auf Facebook zu posten.
Seither wird er immer wieder als „Seepferdchen-Papa" bezeichnet, denn männliche Seepferdchen tragen auch ihre Kinder aus. Yuval, 32, ist trans und lebt mittlerweile mit seinem Mann Matan und ihren drei Kindern (8 Jahre, 6 Jahre und 13 Monate) in Großbritannien.
Ursprünglich kommt Yuval aus einer modernen orthodoxen Familie in Jerusalem und lebte bis vor dreieinhalb Jahren in Israel. Mit 14 Jahren outete er sich zuerst als lesbisch, drei Jahre später, mit 17 Jahren, als trans. Seither lebt er offen als Mann.
Obwohl seine Familie anfangs Probleme mit Yuvals Transidentität hatte, unterstützen sie ihn mittlerweile. Drei Jahre nach dem Outing, mit 20 Jahren, lernte er Matan kennen - seinen heutigen Ehemann und Vater seiner drei Kinder. Yuvals Eltern haben ein enges Verhältnis zu den Kindern.
Die Geburt des ersten Kindes von Yuval und Matan erregte in Israel mediales Aufsehen. Die zweite Schwangerschaft wurde deshalb sogar in einer Dokumentation festgehalten. Da Tel Aviv mit Kindern aber zu teuer und die politische Lage im Land nicht mehr vertretbar für die Familie war, zog sie in eine kleine Stadt nach Großbritannien.
Der Tagesspiegel hat den Vater zum Videocall-Interview getroffen, um zu erfahren, welche Reaktionen es auf die Geburtsbilder gab, wieso er sich dazu entschied, sie hochzuladen und wie es seiner Familie seither geht.
Wie waren die Reaktionen auf die Bilder?
Ich dachte die Bilder würden vielleicht 1.000 Mal geteilt werden - allerhöchstens 10.000 Mal. Niemals hätte ich mit so viel Aufmerksamkeit gerechnet. Es war verrückt. Die Bilder wurden fast eine Millionen Mal geteilt, weltweit wurde über uns berichtet. Wir bekamen tausende Nachrichten, viele davon waren positiv und unterstützend.
Es gab aber auch viele verletzende und beleidigende Nachrichten und Kommentare. Damit habe ich aber schon gerechnet. Viele Menschen wünschten mir den Tod oder sprachen mir in den Kommentaren meine Männlichkeit ab.
Was waren die größten Probleme, mit denen Sie bisher als Familie umgehen musstet? Es ist weder in Israel noch in Großbritannien rechtlich möglich, dass ein Kind zwei Väter hat. Wir haben bei meinem zweiten Kind in Israel drei Monate gebraucht, bis wir es registrieren konnten. Das war gruselig, weil wir weder einen Reisepass beantragen noch medizinische Behandlungen beanspruchen konnten. Das Kind existierte drei Monate nicht, zumindest auf dem Papier.
Die Behörden haben dann mein rechtliches Geschlecht geändert und mich als Mutter eingetragen, danach haben sie mich wieder als Mann registriert. Ich musste meinen Personenstand sechs Mal ändern, um meine Kinder zu registrieren.
In Großbritannien bin ich als Mutter eingetragen, aber auch als Vollzeit-Vater.
Stört es Sie, dass Sie nicht als Vater eingetragen sind?
Ich wünschte, ich könnte auch auf den Papieren ihr Vater sein - unsere Kinder haben schließlich zwei Väter. Es stört mich zwar auf persönlicher Ebene nicht besonders, auf einer politischen aber schon. Ich bin immerhin der Vater meiner Kinder.
Menschen sollten die Möglichkeit haben, sich selbst zu definieren und dementsprechend registriert zu sein. In Großbritannien steht neben dem Personenstand auch der Beruf auf der Geburtsurkunde. Dort bin ich zwar als Mutter eingetragen, aber auch als Vollzeit-Vater.
Haben Sie Kontakt zu anderen trans Eltern?
Ja, ich bin online mit anderen trans Vätern vernetzt. Es ist verrückt, wie schnell sich die Welt verändert hat. Als ich vor zehn Jahren, vor der Geburt meines ersten Kindes, nach anderen trans Vätern gesucht habe, konnte ich niemanden finden. Ich habe zwar gelesen, dass es welche gab, konnte aber mit niemanden persönlich sprechen. Mittlerweile gibt es viele Gruppen auf Facebook mit tausenden Mitgliedern, die sich über das Thema austauschen.
Welche Probleme haben andere trans Väter?
Ich höre immer wieder von Diskriminierungserfahrungen. Manche bekommen keinen Zugang zu medizinischer Behandlung. Viele werden von Sozialarbeiter*innen verdächtigt, die sich in den Familien alles genau anschauen. Die Vorstellung, dass unsere Familie nur deshalb geprüft wird, weil ich trans bin, finde ich beängstigend. Deshalb hinterfrage ich auch jede einzelne meiner Entscheidungen ganz genau. Die Angst, dass etwas ähnliches auch uns passieren könnte, trage ich nämlich immer mit mir.
Was muss man als trans Mann beachten, um Kinder zu bekommen?
Nicht viel, abgesehen davon, dass man während der Schwangerschaft keine Hormone nehmen darf. Es war bei jeder Schwangerschaft anders und manchmal auch hart, es hat sich aber gelohnt. Ich wollte unbedingt Kinder, es war also ein vergleichsweise kleiner Preis.