gallerytalk.net: Seit 2009 wird das Gängeviertel von Künstlern und kreativen Köpfen besetzt - was hat sich seitdem verändert?
Team Raum linksrechts: Unsere Galerieräume wurden schon vor der Besetzung als Ausstellungsfläche bespielt, gehörten damals aber noch einem anderen Kunstverein an. Wir haben uns dann Ende 2011 mit unserer Idee, der Förderung Hamburger Nachwuchskunst, dem Gängeviertel angeschlossen und betreiben seitdem die Galerie für den Gängeviertel e. V. Mit dem Anschluss der Galerie ans Gängeviertel begann auch unsere Zusammenarbeit als Kurationsteam. Wir arbeiten nun etwas mehr als zwei Jahre zu dritt im "Raum linksrechts" zusammen und haben uns als Team mit unseren Aufgaben sehr gut eingespielt und im Laufe der Zeit professionalisiert. Wir werden jetzt auch im dritten Jahr von der Kulturbehörde gefördert. Eine große Veränderung für das gesamte Viertel ist natürlich die Sanierung, deren erster Bauabschnitt jetzt begonnen hat. Und diese Veränderung bringt natürlich auch eine große Verantwortung mit sich. Das konstruktive Arbeiten ist im Viertel nun auch Priorität geworden. Wo früher noch "Nein" gesagt wurde, weil "Ja sagen" langweilig ist, läuft nun alles ineinander und bildet einen kreativen Arbeitsfluss.
gallerytalk.net: Warum liegt Euch soviel an der Hamburger Nachwuchskunst?
Team Raum linksrechts: Sie ist uns sehr wichtig - und wir können sie uns vor allem leisten! Junge Nachwuchskunst bedeutet auch, dass die Kunst noch nicht so hochpreisig ist oder es noch keine Sammler für die Werke gibt. Wir haben das große Glück, im noch nicht sanierten Status nur eine symbolische Miete zahlen zu müssen. So können wir nicht-kommerzielle Räume anbieten und uns ganz auf die Kunst konzentrieren. Wir wollen fördern und entdecken!
Wir wollen Menschen, die noch in der Ausbildung sind oder als junge Künstler durchstarten wollen, einen Ort geben. Wir verstehen den "Raum Linksrechts" als Chance und Möglichkeitsraum für junge Künstlerinnen und Künstler. Ohne Druck. Ohne Verkaufsausstellung. Es geht ums Ausprobieren.
Hier dürfen die Künstler experimentieren und Erfahrungen damit sammeln, wie sie ihre Kunst einem Publikum präsentieren. Wir achten sehr darauf, dass Menschen ausstellen, die es wirklich wollen. Jemanden, der das nebenbei macht oder der so ein „bisschen Kunst studiert", haben wir noch nicht ausgestellt. Wir setzen uns wirklich mit den Menschen und Künstlern auseinander und fordern das genauso von dem Gegenüber, das etwas von sich zeigen will.
gallerytalk.net: Was für Kunst findet man denn im Raum "LinksRechts"?
Team Raum linksrechts: Wir sind offen für alle Kunst-Disziplinen: Wir hatten bisher Fotografie, Performance, Zeichnungen, Illustrationen, Malerei und auch Installationen. Wir als Galerie zeichnen uns so vor allem durch die Offenheit für unterschiedliche künstlerische Konzepte aus und bieten jungen Kulturschaffenden genreübergreifend Möglichkeiten, ihre Arbeiten im soziokulturellen Kontext des Gängeviertels zu zeigen.
Häufig bringen wir zwei Künstler unterschiedlicher Kunstrichtungen in einer gemeinsamen Ausstellung zusammen. Wir finden, dass man am Ende des Tages alles in einen Raum hängen können muss. Es ist uns wichtig, dass alles zusammen funktioniert, auch wenn man manchmal den gemeinsamen Nenner nicht greifen kann. Wir betreuen natürlich die Künstler bei der Hängung und überlegen uns zusammen das Konzept und die visuelle Umsetzung und beraten gerne.
gallerytalk.net: Was für Besucher finden den Weg zu Euch?
Team Raum linksrechts: Das kommt ganz auf die Ausstellung an. Wir haben keine definierte "Zielgruppe". Am Wochenende hat man hier zum Beispiel viele Gruppenführungen, weil der Gängeviertel-Rundgang an uns vorbei führt. Durch die großen Schaufenster werden Besucher angelockt, die ganz unterschiedlich sind. Es kommen ältere Menschen vorbei, die das Viertel noch von früher kennen, aber auch Schülerinnen und Schüler oder Familien mit Kindern. Bei bekannten Künstlern trifft sich auch schon mal die "Szene". So bunt wie das Viertel, ist auch unser Publikum. Von Anfang an gab es eine unheimliche Vermischung von Menschen, die sich das Gängeviertel ansehen wollten - sogar über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus. Es gibt immer noch viele Hamburger, die immer noch nicht im Gängeviertel waren, oder nicht wissen, wo oder wie groß es ist. Aber es trauen sich immer mehr Besucherinnen und Besucher hierher.
gallerytalk.net: Was erwartet uns 2014 in eurer Galerie?
Team Raum linksrechts: Wunderbare Projekte! Wir zeigen immer ca. acht Ausstellungen pro Jahr. Unsere Ausstellungssaison startet am 21. Februar mit einer Vernetzungsgeschichte: "Raum2″ aus dem Wendland und "Tacheles" aus Berlin sind zu Gast und werden das ganze Gängeviertel bespielen. Danach geht's Anfang April weiter mit unserer jährlichen Schülerausstellung. Dieses Mal zu Brahms, dessen Geburtshaus im Gängeviertel stand.
Ganz besonders freuen wir uns auf die Ausstellung von Kalyani Hemphillund Rike Ernst, zwei Künstlerinnen aus dem Viertel, die schon sehr lange aktiv sind und hier ihre Ateliers haben. Sie machen zum ersten Mal eine gemeinsame Ausstellung und arbeiten gerade an einem Konzept, wie sie in und mit unseren beiden Räumen interagieren möchten und in eine künstlerische Korrespondenz miteinander treten. Wir finden diesen Prozess sehr spannend und freuen uns auf das, was daraus entsteht.
Traditionell feiern wir im August den Gängeviertelgeburtstag mit einer Ausstellung eines Künstlers aus dem Viertel. Dieses Mal stellen wir eine Metamorphose von Darko Caramello aus. Außerdem gibt es bei uns eine Performance sowie Illustrationen, Installationen und einige weitere Ausstellungsideen, die wir gerade konkretisieren.