20 subscriptions and 3 subscribers
Article

Geschichte im Alltag: Der Bikini – Kleiner Stoff, großer Skandal

G/Geschichte 08/2021

Die Geschichte beginnt mit einem Knall. Am 30. Juni vor 75 Jahren explodierte die erste Nachkriegs-Atombombe auf dem pazifischen Bikini-Atoll. Der atomare Sündenfall im exotischen Paradies. Nur ein knappes Jahr nach Hiroshima und Nagasaki. Bis 1957 zündeten die USA in dem Gebiet weitere 66 Atom- und Wasserstoffbomben mit einer Gesamtzerstörungskraft vergleichbar 7.000 Mal derer von Hiroshima. US-Komödiant Bob Hope kommentierte das sarkastisch: „Sobald der Krieg zu Ende war, entdeckten wir den einzigen Punkt auf dieser Erde, der vom Krieg unberührt geblieben war und schickten ihn zur Hölle.“

Die Atombombentests waren trauriges Sinnbild der Rüstungsspirale im aufkommenden Kalten Krieg. Über 13.500 Kilometer entfernt ereignete sich zeitgleich ein ähnliches, allerdings modisches Wettrüsten. Das Schlachtfeld dabei war der weibliche Körper. Während der B-29-Bomber über die Palmen des noch unversehrten Bikinis flog, verkündete über den sonnschirmbespannten Stränden von Saint Tropez das Werbebanner eines anderen Fliegers die Geburt des „kleinsten Badeanzugs der Welt“.

Sein Erfinder war der Franzose Jacques Heim. Der berühmte Modeschöpfer betrieb eine Kette von Bekleidungsgeschäften und genoss großes Ansehen unter den Haute-Couture-Schaffenden. Schon 1932 hatte Heim einen Zweiteiler mit dem Namen „Atom“ präsentiert, benannt nach dem kleinsten damals bekannten Teilchen. Doch waren seine Kundinnen für so viel Haut noch nicht bereit. Erst das Ende des Zweiten Weltkrieges eröffnete neue Aussichten. Im Frühjahr 1946 nutzte Heim die fiebrige Diskussion über Nuklearbomben, für einen Relaunch seines „Atom“, das den einteiligen Badeanzug endgültig spalten sollte.G/Geschichte 08/2021 

Original