Cybermobbing findet immer vor einem sehr breiten Publikum statt und ist ein Killer für Selbstwert, sagt die Psychologin Elke Prochazka.
STANDARD: Was bringt Menschen dazu, andere im Internet fertig zu machen?
Elke Prochazka: Beim Mobbing, und eben auch beim Cybermobbing geht es den Tätern meist darum, das eigene Machtgefühl zu erhöhen. Im Internet fühlen sich viele Menschen zudem enthemmter. Das heißt, sie sagen und schreiben Sachen, die sie einem anderen so nie direkt sagen würden. Wird der fiese Kommentar dann noch innerhalb kürzester Zeit von vier oder fünf anderen Personen gelikt, fühlen die Täter sich häufig zusätzlich bestärkt und machen weiter.
STANDARD: Laut der JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest kennt in Deutschland gut jeder dritte zwölf- bis 19-Jährige jemanden, der schon einmal im Internet oder per Handy gemobbt wurde. Sind das Zahlen, die sich auf Erwachsene übertragen lassen?
Prochazka: Ja. Eine repräsentative Studie von OnePoll zeigt beispielsweise, dass zwei Drittel der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich schon einmal Mobbing am Arbeitsplatz erlebt haben. Mobbing betrifft Kinder, Jugendliche und Erwachsene also gleichermaßen. Bei der Prävention und dem Vorgehen gegen (Cyber-)Mobbing dürfen wir uns nicht nur auf Kinder und Jugendliche konzentrieren, sondern müssen Opfer aller Altersgruppen im Blick haben – die Folgen können für alle Opfer schwerwiegend sein.
STANDARD: Welche?
Prochazka: Erstmal ist Mobbing ein massiver Angriff auf den Selbstwert. Denn die Täter vermitteln ihren Opfern das Gefühl, dass sie selbst schuld daran seien, gemobbt zu werden. Aus Scham behalten viele das Mobbing für sich und versuchen es zu ignorieren. Viele ziehen sich auch aus ihrem sozialen Umfeld zurück oder entwickeln eine Depression. Auch psychosomatische Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schlafstörungen können auftreten – bis zur schwerwiegendsten Folge, dem Suizid.
STANDARD: Erwachsene haben in der Regel einen gefestigteren Selbstwert als Jugendliche. Sind die Folgen von Mobbing also für junge Menschen schwerwiegender? (...)
Original