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E-Autos international: Wo steht Deutschland auf dem Weg zur Emmissionsfreiheit?

Die Deutschen fahren gern Auto; besonders gern deutsche Autos. Diese Vorliebe schlägt sich auch im neuen Markt für Elektrofahrzeuge nieder. Von den 19.000 E-Autos auf Deutschlands Straßen trägt der allergrößte Teil die Embleme von BMW, VW und der Daimler-Tochter Smart. Besonders die Einführung des Smart Fortwo Electric Drive im Jahr 2012 war mit bisher über 4000 Neuzulassungen ein großer Erfolg für die E-Sparte. Fast genauso beliebt ist inzwischen die elektrische Variante des VW Up und auch der seit etwas mehr als einem Jahr in den Autohäusern stehende i3 von BMW wird langsam zum Favoriten beim geneigten Käufer. Allerdings sind eben diese Käufer noch Mangelware.


Die Bundesregierung würde Deutschland gern als Pionier auf dem Gebiet der Elektromobilität sehen - eine Million Elektrofahrzeuge sollen bis 2020, so das Ziel, auf Deutschlands Straßen unterwegs sein. Deswegen wurden ein paar Anreize geschaffen, um skeptische Autofahrer zum Wechsel zu bewegen. Wenn sich Bundesverkehrsminister Dobrindt den Erfolg der E-Autos in den USA oder bei den europäischen Nachbarn in den Niederlanden oder Norwegen ansieht, dürfte er jedoch schnell blass werden. Das Modell S von Tesla war in Norwegen zeitweise sogar das meistzugelassene Auto, weil sich durch die staatlichen Zuschüsse der Kaufpreis halbiert. In der Hauptstadt Oslo werden die E-Autos sogar schon zum Problem, weil sie dort die Busspuren benutzen dürfen - und diese prompt verstopfen, weil von 32.000 Elektroautos in Norwegen die meisten in Oslo unterwegs sind. Die überfüllten Busspuren führen zu massiven Verspätungen und bringen Fahrgäste wie Busfahrer gegen die Stromer auf.


Elektromobilitätsgesetz bringt Vorteile für E-Fahrer

Mitte dieses Jahres soll hierzulande das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) in Kraft treten, dessen Eckpunkte überzeugende Vorteile für E-Autofahrer bringen sollen. Reservierte Parkplätze für Elektroautos und bestimmte Privilegien im Lieferverkehr gehören ebenso zum EmoG wie die Möglichkeit auch für deutsche Kommunen, ihre Busspuren für Elektroautos freizugeben. Zustände wie in Norwegen werden allerdings ausbleiben, weil es hierzulande viel weniger Stromer gibt und sie sich auch auf eine wesentlich größere Zahl von Gemeinden verteilen würden. Ganz davon abgesehen teilte der Verkehrsclub Deutschland e. V. Ende Februar mit, dass bisher „keine einzige Kommune" tatsächlich plane, ihre Busspuren für Elektrofahrzeuge freizugeben. Vom EmoG erhoffen sich Politiker wie auch Autohäuser einen Boom auf Elektroautos im bisher eher skeptischen Deutschland. Aber warum eigentlich funktioniert es in anderen Ländern anscheinend so viel besser, die offensichtlich wegweisende Technik mit dem Akku unter der Motorhaube an die Autofahrer zu verkaufen?


Steuerpolitik stellt wichtigste Anreize

Ohne überzeugende Vorteile wird niemand Nachteile in Kauf nehmen, das leuchtet Käufern, Politikern, Autoherstellern und auch Verkäufern ein. Wichtigster Faktor, um das emmissionsfreie Flaggschiff der Zukunft auf die Straße zu bringen, ist, so öde es klingen mag, eine um Integration bemühte Politik. Überall dort, wo sich Elektroautos oder Plug-In-Hybride schon seit Jahren großartig verkaufen, gibt es große steuerliche Vorteile für E-Fahrer. Die in dieser Hinsicht erfolgreichsten Länder sind Norwegen, der US-Bundesstaat Kalifornien, der Autohersteller dazu zwingt, einen gewissen Anteil an Elektrofahrzeugen zu bauen und zuzulassen, und, besonders herausragend, die Niederlande. Die Niederländer bekamen vor einiger Zeit in einer Rabatt-Offensive drei Viertel des Neupreises ihres Elektroautos vom Staat wieder. Deswegen ist allein zwischen 2012 und 2013 der Marktanteil bei Hybriden von nahezu null auf knapp fünf Prozent gestiegen. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Marktanteil 2012 bei 0,1 Prozent und bei 0,2 Prozent im Folgejahr. In Norwegen ist der Marktanteil im selben Zeitraum von schon sehr hohen drei Prozent in 2012 auf sechs Prozent in 2013 für E-Autos gestiegen. Grund dafür dürfte auch da der Zuschuss vom Staat gewesen sein; Norwegen gibt dem Käufer mehr als die Hälfte in Form von Steuerersparnissen dazu. Wer den Stromer praktisch hinterhergeworfen bekommt, wird ihn schon nehmen - ein einfaches Prinzip. Allerdings funktioniert es nicht immer: Auch in Großbritannien gibt der Fiskus die Hälfte des Kaufpreises dazu, gebracht hat es praktisch gar nichts. Trotz des großen Anreizes: Die Briten sind extrem elektroskeptisch. Trotz der im internationalen Vergleich eher zurückhaltenden Förderung der Stromer durch Industrie und Politik wächst dieser Teil des deutschen Automobilhandels so stark wie kein anderer. Nachdem im ganzen Land im Jahr 2007 grade einmal acht neue Elektrofahrzeuge zugelassen worden waren, ist die riesige Zuwachsrate mathematisch nicht überraschend, aber auch heute noch steigt die Zahl der Zulassungen so deutlich wie in keinem anderen Bereich. Auch international steht Deutschland blendend da: Abgesehen von den Niederlanden mit ihren extremen Subventionierungen, ist der Elektrofahrzeugmarkt hierzulande so stark gewachsen, wie nirgendwo sonst.


Größerer Vorteil durch Billig-Strom begünstigt Wechsel

Es gibt allerdings noch einen zweiten wesentlichen Grund, weshalb Norwegen und die Niederlande Deutschland auf diesem Gebiet so deutlich voraus sind. Beispielsweise kostet der Liter Benzin in Norwegen umgerechnet etwa 50 Cent mehr als hier; auch die Niederlande liegen etwa 30 Cent über dem deutschen Durchschnittspreis pro Liter. Umgekehrt liegt der Preis für eine Kilowattstunde in beiden Ländern aber etwa 10 Cents unterhalb des deutschen Durchschnittspreises - die Ersparnis beim Umstieg auf Stromer ist also deutlich größer, als hierzulande, zumal der Ölpreis im Moment ohnehin auf einem sehr niedrigen Level ist. Auch die kurzen Wege in Norwegen, wo sich die Bevölkerung auf wenige Ballungszentren im Süden des Landes konzentriert, begünstigen den Umstieg auf Elektroautos. Die Niederlande haben mit ihrer relativ kleinen Landesfläche ebenfalls einen entscheidenden Vorteil gegenüber Deutschland. Selbst wer von einem Ende der Niederlande zum anderen fährt, kommt nicht wesentlich über eine Entfernung von 300 Kilometern hinaus, während diese Entfernungen in Deutschland schnell zurückgelegt und auch mit einem Stromer überbrückt werden wollen, ohne dass man vorher eine Route festlegen muss, die sich von Ladepunkt zu Ladepunkt hangelt. Verkehrsminister Dobrindt hat angekündigt, bis 2017 an jeder Raststätte Deutschlands eine Lademöglichkeit für E-Autos errichten zu wollen - ein vielversprechender Schritt.


Autohäuser müssen jetzt tätig werden


Wo Norwegen mit seinen schroffen Bergen und vielen Regentagen sehr einfach günstigen Strom durch Wasserkraftwerke generieren kann, hat Deutschland das Nachsehen mit der teuren Abhängigkeit von Kohle und Atomkraft; so entstehen hohe Strompreise, die einen Wechsel zur Elektromobilität weniger vorteilhaft machen. Aber während die wesentlichen Anreize zum Kauf eines Elektroautos von der Politik ausgehen müssen, können auch Autohäuser aktiv werden. So hat eine Autohauskette im Münsterland beispielsweise einen Blog etabliert, der sich eigens mit Elektromobilität befasst. Das Prestige von Elektrofahrzeugen zu steigern, könnte und sollte das Ziel jedes Autohauses sein, das Elektrofahrzeuge im Programm hat. Informationstage zum Thema Elektromobilität oder die Teilnahme an themenbezogenen Events in umliegenden Städten können ebenfalls hilfreich sein, die Öffentlichkeit sensibel für Elektromobilität zu machen. So können günstige Finanzierungsangebote für die Umstellung auf ein E-Auto erklärt werden, etwa die neue Förderung durch die KfW. Aufklären und Missionieren ist in der momentanen Situation überaus wichtig, damit Autofahrer nicht allein mangels Information Abstand von den Stromern nehmen, zumal E-Autos nach einhelliger Meinung eine Entwicklung sind, die nicht mehr aufgehalten werden kann: Nissan-Chef Carlos Goshn, dessen Autos weltweit den größten Marktanteil bei Stromern haben, verglich die Elektroautoindustrie sogar mit der Entwicklung des Smartphones. Autohäuser müssen diesen Trend erkennen und anfachen - schon aus Eigeninteresse, denn die Fertigung von Elektroautos wird immer billiger und somit die Gewinnmarge pro verkaufter Einheit kleiner.

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