Ulf Büntgen erforscht in England, Tschechien und der Schweiz die Zusammenhänge zwischen Klimaveränderungen, ökologischen und sozialen Ereignissen. Dafür bereist er die Welt.
Für einen Moment wirkt es, als sei Ulf Büntgen gerade von einer seiner Expeditionen in Nordost-Sibirien zurückgekehrt. Statt des akkurat rasierten und frisierten Professors, der auch gerne mit Einstecktuch vors Publikum tritt, schaut ein Mann mit Vollbart und halblangen Haaren in die Laptopkamera. Doch es ist nicht die Wildnis, aus der er gerade wieder aufgetaucht ist, es ist das Homeoffice. England hat am selben Tag (16. April) den monatelangen, strengen Lockdown gelockert, Büntgen hat seine beiden Kinder zur Schule gebracht und ist danach zum ersten Mal seit Wochen wieder in sein Büro an der
Cambridge University gefahren. „Das ganze Gebäude ist gerade ein bisschen gespenstisch,“ erzählt er: „Ich mache die Tür zum Flur auf, da ist kein Mensch.“
Cambridge University gefahren. „Das ganze Gebäude ist gerade ein bisschen gespenstisch,“ erzählt er: „Ich mache die Tür zum Flur auf, da ist kein Mensch.“
Während in Deutschland und der Schweiz die meisten Labore in letzter Zeit noch zugänglich gewesen seien, habe man in Cambridge fast alles geschlossen, berichtet der Deutsche, der außer in Großbritannien noch in Tschechien und der Schweiz
Forschungsstellen innehat. Für seine Diplomarbeit 2003 an der Universität Bonn untersuchte Büntgen Hölzer im schweizerischen Lötschental und übernahm direkt im Anschluss eine Stelle als Forschungsassistent an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Seither ist er Teil einer internationalen Forschergemeinschaft und kann die Vor- und Nachteile seiner jeweiligen Wirkstätten vergleichen.
Berge statt Brandenburg
Czech Globe, sein Institut in Tschechien, sei zum Beispiel hochmodern und stehe dem Schweizer Institut in nichts nach, während ihm in vier Jahren in Cambridge bewusst geworden sei, „dass auch hier nicht alles Gold ist, was glänzt“. Nach Deutschland ist er in den letzten 18 Jahren nicht zurückgekehrt, auch nicht, als er 2012 das Angebot erhielt, eine Professur an der Berliner Humboldt-Universität mit einer Forschungsstelle am Helmholtz-Zentrum Potsdam GFZ zu kombinieren. Das sei aber gewiss keine generelle Entscheidung gegen den Wissenschaftsstandort Deutschland gewesen, macht er klar: „Ich habe mir da eine Matrix mit den Vor- und Nachteilen in der Schweiz und in Deutschland gemacht. Am Ende waren Kleinigkeiten entscheidend wie die Nähe zu den Bergen oder die Größe des Instituts.“
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