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"Message out of Control" - Ex-Kurz-Sprecher vs. U-Ausschuss - zackzack.at

Kurz' ehemaliger Kanzlersprecher Gerald Fleischmann im U-Ausschuss. Foto: APA-Picturedesk

Gerald Fleischmann wollte sich bei seiner Befragung vor fast allen Antworten drücken. Sogar Wolfgang Sobotka verlor die Geduld. Der Tag endete mit einem Rausschmiss.  

Wien, 01. Juli 2022 | Als Sebastian Kurz‘ Mann für die türkise Message Control war Kommunikation lange Gerald Fleischmanns Job. Bei seiner Befragung im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am Donnerstag wehrte er sich vehement dagegen, überhaupt irgendetwas sagen zu müssen – egal, wie banal die Fragen schienen.

Fleischmann begründete das pauschal mit Ermittlungen, die von der WKStA gegen ihn geführt werden. Dabei geht es um mutmaßlich frisierte Umfragen der Meinungsforscherin Sabine Beinschab und das “Projekt Ballhausplatz”. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Fleischmann verglich sich mit Pilnacek

Gleich zu Beginn holte er zu einem Rundumschlag gegen den U-Ausschuss aus: Man könne sich mittlerweile nicht mehr des Eindrucks verwehren, dass der laufende U-Ausschuss darauf aus sei, Anhaltspunkte gegen “politische Gegner und Andersdenkende” zu liefern, so seine Meinung.

Er sehe sich außerdem in seinen Rechten verletzt und sei nicht freiwillig hier. Zweiteres ist nun allerdings bei den meisten Auskunftspersonen der Fall.

Fleischmanns Befragung erinnerte stark an jene des suspendierten Justizsektionsleiters Christian Pilnacek vor ein paar Wochen. Auch dieser wollte sich mit einem Hinweis auf Ermittlungen gegen ihn laufend entschlagen. Tatsächlich bezog sich Fleischmann an einer Stelle dann konkret auf Pilnaceks Vorgehen, was heftige Einwände der Abgeordneten auslöste: Auch Pilnacek habe Fragen beantworten müssen.

Sträuben gegen allgemeine Fragen

Pauschal entschlagen darf man sich nämlich nicht. Ob eine Entschlagung zulässig ist, muss bei jeder Frage entschieden werden. Fleischmann war anderer Ansicht. Seine Taktik: Sich dumm stellen.

Er wollte seine Aufgaben als Pressesprecher und seine Position als Leiter der Stabstelle für Kommunikation nicht beschreiben. Der Grund: Gegen ihn laufen Ermittlungen.

Die Frage, ob er als ÖVP-Mitarbeiter momentan Zugang auf U-Ausschussakten habe, war Fleischmann wiederum nicht konkret genug. Nach langer Verweigerung rang er sich schließlich zu einem “Ich weiß es nicht” durch.

Ob er den Meinungsforscher Paul Unterhuber kenne, der vor ihm zur Befragung dran war? Fleischmann lachte, beriet sich mit seiner Vertrauensperson, dem Anwalt Klaus Ainedter, und sagte dann “Jo” mit einer abwertenden Handbewegung. Woher? Schweigen. Das sei eine “unbestimmte, allgemeine Frage”. Verärgerte Rufe aus den Reihen der Abgeordneten: “Ist es nicht!” Es folgten minutenlange Diskussionen.

Auch andere Fragen blieben wenig überraschend erfolglos. Zum Beispiel, ob Fleischmann bei Personalentscheidungen im ORF intervenierte, etwa wenn es darum ging, wer Generaldirektor wird. Oder, ob Fleischmann versucht habe, durch Regierungsinserate Einfluss in Medienhäusern zu nehmen.

Sogar Sobotka genervt

Nicht nur die Abgeordneten verloren zeitweise die Geduld mit der Auskunftsperson, auch der Vorsitzende Wolfgang Sobotka wurde mitunter happig. “Ja? Nein?”, forderte er Fleischmann zum Beispiel einmal auf, nach minutenlangem Winden endlich die allgemeine Frage zu beantworten, ob er Wahrnehmungen zu Aktenlieferungen aus dem Bundeskanzleramt habe. In seiner Antwort bezog sich Fleischmann dann nur auf Medienberichte dazu.

Auch bei der Frage, ob er nach der “Es ist nichts mehr da”-Pressekonferenz der ÖVP (bei der von Gerüchten einer bevorstehenden Hausdurchsuchung die Rede war), alle seine Handydaten gelöscht habe, wollte er sich entschlagen. Antworten musste er dann doch: Die IT-Abteilung des Kanzlers sei da auf ihn zugekommen und habe das gemacht. Ob das eine Routinelöschung war, wisse er nicht.

FPÖ-Fraktionsführer Hafenecker forderte mehrmals eine Beugestrafe, weil Fleischmann Antworten verweigerte. Der Vorsitz ging aber nicht darauf ein.

Kein Respekt vor der Verfahrensrichterin

Auffallend war auch Fleischmanns fehlender Respekt vor den Entscheidungen der Verfahrensrichterin Christa Edwards. Diese beurteilt unter anderem, ob Fragen zulässig sind, oder ob sich die Befragungsperson entschlagen darf.

Mehr als einmal beharrte Fleischmann trotz Edwards Entscheidung darauf, nicht antworten zu müssen. Sie werde die Regeln für ihn nicht ändern, entgegnete Edwards daraufhin aufgebracht. Trotzdem gab Edwards einige Male nach und ließ Entschlagungen gelten.

Rausschmiss: Beeinflussung durch die Vertrauensperson?

Und noch etwas war den anderen Fraktionen ein Dorn im Auge: Sie stellten mehrmals fest, dass es so aussehe, als ob Fleischmanns Vertrauensperson Ainedter diesen ständig in seinem Antwortverhalten beeinflusse. Das ist nicht erlaubt. Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) ermahnte beide, dass sie zu unterlassen haben, dass so ein Eindruck entstehe.

Kurz vor dem Ende der Befragung musste Ainedter nach einer Abstimmung der Abgeordneten schließlich den Saal deswegen verlassen.

“Ibiza schlug ein wie eine Bombe”

Das einzige Mal, als Fleischmann ins Plaudern kam, war als FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker ihn zu seinen Wahrnehmungen zum Erscheinen des Ibiza-Videos fragte. Kurz habe ihn angerufen, er sei nach vielen Gesprächen mit einem “unrunden” Gefühl schlafen gegangen. “Es war so ruhig, alle dachten, es kommt eh nichts. Dann kam es und ist eingeschlagen wie eine Bombe”, sagte er zum Video.

Fleischmanns Befragung hingegen war nicht unbedingt eine Bombe, auch wenn die Abgeordneten mit scharfen Bemerkungen schossen. Zumindest der Vorsitzende Sobotka war zeitweise ein wenig explosiv.

(sm)

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