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BMX Pro Senad Grosic musste einiges opfern für seine steile Karriere. Was hat ihn aber am allermeisten herausgefordert? Spoiler allert: Die verrückten Stunts waren es nicht!
Wenn man so auf seine fast 30 Jahre lange Karriere zurückblickt, könnte man glauben, Senad hat sich schon jeglichen Herausforderungen gestellt, denen man sich nur stellen kann - das auch noch mit Bravour. Dass er sattelfest in Sachen Rails, Jumps, und Tricks ist, beweist er immer wieder aufs Neue. Austrian-King-of-Dirt, Red-Bull-Dirt Ride-Champion, Butcher Jam Sieger 2012 und Winner of Belgrade 2012, um nur ein paar seiner Errungenschaften zu nennen. Aber die allergrößte Herausforderung für den mittlerweile 41-Jährigen ist: das Vatersein.
„Ein Kind zu erziehen ist ziemlich zach. Nein, wirklich! Ein gutes Vorbild zu sein ist so superschwer.", erzählt Senad. Verantwortung für das Leben eines anderen kleinen Menschen zu übernehmen ist dann wohl doch noch eine ganz andere Nummer. Seine eigenen Knochen können schon gut und gerne mal brechen, aber die vom eigenen Kind sind dann doch etwas heikler. „Ich bin jetzt sein Papa und ich muss oder bin einfach jetzt ein Maßstab für ihn.", sagt er und fügt an: „Für mich sind manche Sachen einfach normal. Wir fahren zum Beispiel durch die Stadt und ich springe auf eine Rail und grinde runter - das ist für mich täglich Brot - wenn ich das aber mache, wenn er dabei ist, dann hebe ich seine Barriere so hoch, dass er glaubt, er müsse das auch einmal machen und können." Ein ganz normaler Dad zu sein, stellt ihn vor die größte Herausforderung seines bisherigen Lebens. Obwohl die Eigenschaft normal im selben Atemzug wie Senad Grosic zu nennen irgendwie absurd ist.
Normal wäre für ihn wahrscheinlich, wenn er mit seinem Sohn in den Skateparkt geht, sich auf sein BMX schmeißt und einen 720 nach dem anderen hinstellt. Für seinen Sohn nimmt er aber gerne auch mal sein Skateboard und verzichtet auf sein Bike. Warum? Weil er - wie er sagt - einfach „ur schlecht" ist und so seinem Sohn den nötigen Raum schaffen möchte sich selber auszuprobieren - ganz ohne Erwartungen. „Ich kann nicht so gut skaten, und ich möchte, dass ich nicht der bin, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sondern der, der seinem Sohn die Liebe und viel Aufmerksamkeit geben kann. Das ist echt eine Herausforderung.", verrät er uns. Auch wenn er versucht ein normaler Vater zu sein, wird er wahrscheinlich immer ein bisschen cooler sein als andere Väter. Auch Senad weiß, dass es gerade in der heutigen Zeit noch viel schwieriger ist ein Kind groß zu ziehen. Es gibt alles und jeder hat auch alles. Dabei die richtigen Werte weiterzugeben und vor allem die nötige Wertschätzung zu schenken ist nicht immer leicht. „Ich erwische mich oft bei Sachen, die ich lieber nicht getan hätte und dann frage ich mich, wieso ich diesen blöden Backflip gemacht habe, weil dann muss ich noch zehn machen. Für mich war das zwar gar nichts, aber für ihn und für seine Freunde war das, das Ärgste ever. Dann kann ich nicht mehr zurück auf die Stufe, wo ich der coole Dad war, der da einfach nur gesessen ist.", sagt er.
Balanceakt zwischen Freund und Vater
Natürlich ist es der ultimative Jackpot, wenn der Vater BMX Profi ist - wem machen wir hier was vor? Aber für Senad selber ist die richtige Mischung zwischen dem coolen Dad und der moralischen Vaterfigur manchmal sehr schwer zu finden. „Ich bin halt der, mit dem alle Kinder einschlagen und den sie zu ihren Geburstagsparties einladen. Dann sagen sie mir, ich bin ihr bester Freund. Und ich denk mir dann einfach: Cool. Danke Gabriel! Ich freue mich schon auf deinen 5. Geburtstag. Wird bestimmt cool werden.", erzählt er lachend. Die richtige Formel für den Vater, der einerseits Backflip-springend den Skatepark unsicher macht, aber andererseits auch mal der Spielverderber sein muss, wenn es um das Thema Erziehung geht ist eben doch ein bisschen schwieriger zu finden als gedacht.
Senad weiß: „Jemanden zu erziehen ist eine echte Aufgabe und Herausforderung. Für mich ist das bis jetzt noch ein Thema, bei dem ich immer noch lernen kann und auch lernen will." Vermutlich wird man als Vater oder als Elternteil nie wirklich auslernen. Es wird immer Situationen geben, denen man sich nicht gewachsen fühlt oder die man so vorher noch nie erlebt hat. Auch, wenn das beim BMX fahren für den heute 41-Jährigen teilweise nicht anders war, ist Vatersein für ihn eine ganz spezielle Challenge. „Es liegt ja nicht nur in meiner Macht. Jeden Trick den ich mache, den kann ich, weil es nur an mir liegt, ob ich den schaffe oder nicht. Bei der Erziehung ist es so: Da ist ein zweiter Mensch und der kriegt so viele Meinungen mit. Manchmal zählt da dann meine weniger.", sagt er und fügt schnell lachend an: „Obwohl - nein! Meine zählt, weil der Papa eben BMX Pro ist." Was ihm aber am allerwichtigsten ist? Seinen Sohn zu einem Mann zu erziehen, der Frauen respektiert, der gut zur Umwelt ist eben diese ganzen (eigentlich normalen) Sachen beherzigt. Easy ist wahrscheinlich anders, aber immerhin hat der BMX Pro sich schon einmal gleichzeitig das vordere und hintere Bandl gerissen, das komplette Knie, Wadenbein und den Knöchel gebrochen - also wird er die Kindererziehung auch mit links schupfen!