2 subscriptions and 2 subscribers
Feature

Der französische Freund

In Frankreich vertrauen fast alle großen Familienunternehmer ihr Geld Philippe Oddo an. Nun will er auch in Deutschland Mittelständler für seine Vermögensverwaltung gewinnen – und greift nach der Frankfurter BHF-Bank.


Ein feuchtwarmer Juli- Nachmittag in Paris, Philippe Oddo (55) tritt aus der mit blassrotem Marmor ausgelegten Empfangshalle auf das Trottoir vor seinem Büro. Die Sonne scheint, er kneift die Augen zusammen und blickt für einen Augenblick auf den Boulevard de la Madeleine, wo sich die Autos von einer Kreuzung zur nächsten schieben.

Oddo – man betont seinen Namen auf der zweiten Silbe – ist ein schlanker, kein großer Mann, er weicht den Fußgängern aus, Leuten mit Rucksäcken und Plastiktüten, und kaum schließt man wieder zu ihm auf, hat er sich schon eine Zigarette angesteckt, die er in raschen Zügen raucht.

Er geht an einem Treppenabgang zur Metro vorbei, überquert die Straße und steigt, eine Hand in der Hosentasche, die Stufen zur Kirche La Madeleine hinauf, unter deren Säulenhalle der Fotograf noch einige Bilder von ihm aufnehmen will.

Ich würde sicher verstehen, sagt er, dass er sich zu den gegenwärtigen Vorgängen bei der BHF-Bank in Frankfurt nicht äußern könne. Oddo ist der Kopf des Finanzhauses Oddo & Compagnie. Seine 1.300 Beschäftigten verwalten und vermehren (hoffentlich) ein Vermögen von 61 Milliarden Euro, das viele reiche Leute ihm anvertraut haben. Schon von Berufswegen ist der Mann ein Hüter der Vertraulichkeiten.

Zur Verschwiegenheit verpflichtet, fühlt er sich aber nicht nur, weil er Anteilseigner von BHF Kleinwort Benson ist, der Muttergesellschaft der BHF-Bank, sondern darüber hinaus auch acteur beim Ringen um die Macht bei diesem Institut, das die lichtundurchlässige und vielleicht sogar etwas anrüchige Beteiligungsfirma Fosun aus Schanghai in ihren Besitz zu bringen versucht.

Fosun-Chef Guo hatte sich echauffiert darüber gezeigt, dass der BHF-Aufsichtsrat um Kleinwort-Benson-Kommandeur Leonhard Fischer (52) den Vorstandsvorsitzenden Björn Robens
(44) im Juni seines Amtes enthoben
hatte. Grund waren
wohl Eigenmächtigkeiten, die sich Robens herausgenommen haben soll.

Oddo sagt, er betrachte seine Kleinwort-Benson-Teilhabe, die an diesem Sommertag 13,9 Prozent beträgt, nicht als eine Geldanlage, jedenfalls nicht ausschließlich, sondern sozusagen als Teil seines Stammgeschäfts.

Für die BHF-Bank in der Schweiz wickele er zum Beispiel auch Wertpapiergeschäfte ab, kümmere sich „um die Buchhaltung und Informationstechnik“. Man arbeite „schon sehr gut zusammen“.

In Oddos Stimme ist ein dezentes Pariser Bedauern darüber zu hören, dass er sich – was die BHF angeht – nur in Andeutungen ergehen kann. Doch in seinen Augen blitzt diese gewisse Schalkhaftigkeit auf, als habe er auch nichts dagegen, wenn man aus seinen Innuendos schon die richtigen Schlüsse ziehe.

[...]


Zuerst erschienen in BILANZ 09/2015