1 subscription and 0 subscribers
Article

Jetzt hat's auch Bill Gates gesagt.

03.06.2016

Und sich damit in die länger und länger werdende Liste der Leute eingetragen, die in 10-15 Jahren 50% Arbeitsplatzverluste für Menschen prognostizieren. Kurze Begründung: Maschinen.
Während die Bundesagentur für Arbeit und Frau Nahles emsig die “Deutschland geht es gut und das ist erfreulich”-Statistiken veröffentlichen, fragt man sich langsam schon, ob es ein Paralleluniversum gibt, in dem Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Renten grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben. Nur so kann man auf gedankliche Höchstleistungen kommen, wie Zukunftsszenarios à la Rente bis 73 bei gleichzeitigen Prekär- & Arbeitslosenquoten von 30-50%... piep, piep... Papierstau.
Am Ende der Gedankenkette in unserem Universum steht m.E. eben nicht nur ein immer lauter gefordertes (bedingungsloses) Grundeinkommen, sondern eine gleichermaßen einfache wie radikale Lösung, die einen krassen Paradigmenwechsel darstellt, und eine 150 Jahre alte Tradition sowie die gelernten Grundpfeiler unseres Wohlfahrtsstaates weg hämmert: Man sollte fast alles besteuern, außer einer Sache: Menschliche Arbeit. (und biologische Nahrungsmittel, aber das führt hier zu weit).
Das ist der, seit den 1970er Jahren, gemachte Kapitalfehler (ha, Wortspiel). Jede Automatisierung in der Produktion (Einsparung von Kosten nach Ende der Investitionsamortisierung) wurde wirtschaftlich unter Wachstum und Gewinn in den Unternehmen verbucht. Das ging so lange gut wie sich dieses Wachstum und die Gewinne via Steuereinnahmen in die Umverteilung zu Gunsten des sozialen Staates und neuen Investitionen niederschlug - und natürlich, genug (gut bezahlte) Arbeit vorhanden war. Darüber hinaus wurde dabei die Ur-Funktion von Erfindungen, Maschinen und Automatisierung komplett ignoriert. Denn wofür erfanden und erfinden Menschen denn seit jeher Maschinen?
A) Zur Steigerung von Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinnen?
B) Zur Erleichterung/Einsparung/Abschaffung menschlicher Arbeit?
Da man sich mit der Ära Reagan/Thatcher und ihrem deutschen Finale der Agenda 2010 staatlicherseits systemisch steuerlich für die Variante A und gegen die Erkenntnis der Variante B entschieden hat, und die Unternehmen sich international ins Monopoly-Spiel "Jeder gegen Jeden" aufgemacht haben - haben wir jetzt den angerichteten Salat.
Mittlerweile ist es soweit, dass die entkoppelten Finanzmärkte durch ihr heutiges Wirken eine wirtschaftliche Ur-Funktion verhindern. Diese nennt man Investitionen. Da Finanzleute aber nicht mehr langfristig denken, sondern in kurzfristigen Renditen, die sich zwischen Sekundenbruchteilen und Maximal-Zeitrahmen von Quartalen abspielen, haben sie sich dafür ganz eigene passende (Finanz-) Produkte geschaffen, die überhaupt nichts mehr mit der realen Welt zu tun haben. Nicht hier und auch nicht im o.g. Paralleluniversum.
Das BGE ist “nur” ein (wichtiger und notwendiger) Schritt/eine Stellschraube von vielen Schritten. A) zur grundsätzlichen Sicherung von Menschen in dieser Dynamik sowie dadurch B) den Gesellschaften die Möglichkeit zu erlauben in diesen Wirkungskräften überhaupt noch den Gestaltungsprozess zum Wandel angehen zu können. Faustregel: Kein Konsum = Kein Kapitalismus = Kollaps.
Im Grunde ist es auch nur sekundär ein wirtschaftliches Problem (eben nur für die o.g. sehr sehr wenigen Profiteure dieser Dynamik), sondern primär ein psychologisches Problem. Daniel Häni & Co, mit ihrer Schweizer BGE Initiative, adressieren hier genau richtig das eigentliche Problem. Denn solange sich zum BGE alle nur über "Hängematte - ja/nein" unterhalten, bleiben die großen Tatsachen und Fragen auf der Strecke. Denn es ist ja nicht so, dass es nichts zu tun gäbe, es wird eben nur nicht bezahlt (Beispiel Ehrenamt. Dort wird schon seit langem mehr Arbeit geleistet, als in bezahlter Arbeit, nur eben für Ruhm und Ehre - sehr praktisch für die o.g. wenigen).
Es geht um nichts Geringeres als den Übergang von einem alten nicht mehr tragfähigen System in ein vollständig Neues. Um diesen Wandel zu gestalten, müssen wir gestalten können! Die Forderung nach Kapitalertragssteuer, Finanz-Transaktionssteuer, Transport-, Körperschafts-, Konsum-, Vermögens- und Erbschaftssteuer etc. sind demnach keine nostalgisch-sozialistischen Wunschformulierungen aus der guten alten Zeit, sondern notwendige Waffen von modernen Staaten gegen die entfesselten Marktkräfte. Das sind übrigens ausnahmslos Ergebnisse politischer (Fehl-)Entscheidungen der Vergangenheit - nicht etwa Naturgesetze. Auch eine Automatisierungsdividende wäre so einen Maßnahme. Ach, da gibt es vieles, was man sofort angehen könnte. Das sind die (finanziellen) Mittel und Waffen, die wir Menschen brauchen, um die real-wirtschaftliche + menschliche Abwärts-Spirale aufzuhalten und zu beenden.
Und genau um genau das zu verhindern, geht es auch in den Freihandelsabkommen & Co. - Um die Entmündigung von Staaten (aka Menschen). Denn von der neoliberalen Überholspur aus betrachtet, haben die Staaten danach ihren Dienst erfüllt und können weg. Griechenland ist das Paradebeispiel. Was tun, wenn alles verkauft ist, womit man als Staat noch Geld verdienen/Steuern einnehmen könnte? Dann bleibt noch die Besteuerung menschlicher Arbeit durch Privatbesitzer, wobei man Arbeit dann auch gleich wieder Frondienste nennen könnte. Hatten wir alles schon mal.
Was viele leider auch vergessen haben - Die Staaten, das sind wir und die müssen wir uns durch Wahlen und Abstimmungen zurückerobern, gleiches gilt auch für die Parteien und die Verwaltungen. Am Ende steht kein geringeres Ziel, als das Ende der Besteuerung von menschlicher Arbeit und der Subventionierung von zerstörerischem (kurzfristigen) Wachstum (wie z.B. jedes Gewehr, jede Drohne, jede Überwachungskamera, jede modernisierte Atomrakete Wachstum im BIP darstellt) - Wir brauchen eine stringente Besteuerung von Kapital und Umweltzerstörung. Das ist unser Sand, den wir ins Getriebe schütten können und müssen. Wenn nicht, stehen uns schwarze Zeiten und Mistgabeln ins Haus. Das haben auch schon überzeugte Voll-Kapitalisten erkannt und darüber brauchen wir zuerst gesellschaftlich Konsens, erst dann können wir ernsthaft in einen tatsächlichen Gestaltungsprozess eintreten.
Besonders für Linke und Gewerkschaftler ist das übrigens eine echte Denksportaufgabe, da ideologisch „Das Recht auf Arbeit“ eingemeisselt ist, anstatt modern zukunftsfähig „Das Recht auf Einkommen“. Das stellt heute den Trugschluss dar, der sich durch die bisherige wirtschaftliche Vorgehensweise „eingeschlichen“ hat. Es ist eine uralte, besonders aus wirtschaftlicher Perspektive sinnvolle Sichtweise, dass Arbeit die Ware ist, die die Besitzlosen (früher wie heute) zum Markte tragen und anbieten können. Der Kampf der Gewerkschaften hier den Preis hoch zu streiken ist/war immer richtig und dafür gebührt ihnen tiefe Dankbarkeit - Nur, wenn eben gar keine Nachfrage mehr nach dem Angebot des Produkts Arbeit da ist, was bringt dann noch der Streik? Nur mehr höhere Löhne zu fordern macht eben nur dann Sinn, wenn es den dazugehörigen Job noch gibt. Wobei Job eigentlich auch zum Schimpfwort erhoben gehört. Der gute alte Beruf braucht mal wieder eine Generalsanierung - mein Favorit wäre: Berufung. Dann wissen auch alle gleich wieder worum es am Ende geht.
Dort gilt es nun auch den gesellschaftlichen Forderungskatalog zu modernisieren, und so wird ein guter alter Generalstreik zum modernen Machtinstrument. Aber es müssen halt alle mitmachen, insbesondere auch die EmpfängerInnen jeglicher Transfereinkommen + die Ehrenamtlichen) In Island hat das mal sehr gut funktioniert (Mütterstreik). Was hier wohl los wäre, wenn sich zum Arbeitsstreik alle Ehrenämtler, Mütter, Rentner, Kinder und sonstige EmpfängerInnen von Transfereinkommen mal aus ihrer gesellschaftlichen Mitwirkung zurückziehen würden? Dann kommt die oft vergeblich eingeforderte Wertschätzung von ganz allein, und die Öl-Krisenbilder aus den 1970er gibt’s dann modern auch in Farbe.
Ich glaube, dass es notwendig ist anzuerkennen wie tief die Karre (besonders auch global) tatsächlich im Dreck steckt. Solange die Leute noch „Deutschland geht es gut und das ist erfreulich“ glauben - passiert gar nichts. Obwohl der Satz für viele hier immer noch stimmt, braucht es ein Upgrade. “Deutschland geht es gut, weil es anderen (Staaten in Europa und dem Rest der Welt) schlecht geht. Das ist nicht erfreulich und deswegen muss Deutschland das jetzt ändern.”
PS: Ein Blick nach Frankreich bietet sich da aktuell sehr gut an. Den Franzosen scheinen diese Wirkungsmechanismen, ob nun intuitiv oder rational, klar zu sein. Vollsolidarisch könnte man sie unterstützen und europaweit die EM bestreiken... Ha, ich weiss schon, aber träumen muss ja auch mal erlaubt sein.