Was unterscheidet eigentlich einen „Ich sollte mal wieder Joggen gehen"-Läufer vom Marathon-Absolventen? Die Fitness. Und das Durchhaltevermögen. Denn wer 42,195 Kilometer in weniger als zweieinhalb Stunden rennt, kommt garantiert mehrfach an den Punkt, an dem der Körper nicht mehr will oder kann. Aber trotzdem weiter einen Fuß vor den anderen setzt. Der Motor, der dabei immer weiter treibt und den Fokus auf ein Ziel festnagelt, ist unser Kopf. Das gilt auch für Top-Manager, Nobelpreis-Wissenschaftler und alle anderen, die nicht aufgeben, wenn sie auf Hürden stoßen, stolpern oder stürzen. Aber wie macht das Hirn das eigentlich?
Dass ein Mensch einer Sache immer weiter nachjagt, hat mit dem Neurotransmitter Dopamin zu tun. Einem „Glückshormon". Es sorgt dafür, dass wir uns gut fühlen, manchmal sogar wie im Rausch. Dopamin wird immer dann im limbischen System des Hirns ausgeschüttet, wenn ein Bedürfnis befriedigt wurde. Das kann der Döner am Schnellimbiss sein, das Schulterklopfen des Vaters oder das Ende der Nachtschicht.
Doch wenn man sich durch einen ganzen Marathon quält, braucht es auch etwas anderes: Beharrlichkeit. Dafür gibt es zwar keine extra Neurotransmitter. Aber es gibt Netzwerke im Frontalhirn, die die Dopamin-Belohnung gezielt aufschieben können. Die also die Ziellinie absichtlich herauszögern, um zum Weitermachen zu motivieren. Wie die Karotte, die dem Gaul zwar immer vor der Nase baumelt, aber unerreichbar ist, bis sich der Reiter erbarmt und die Mühen doch noch entlohnt.
Man kann also besser im Weitermachen sein als andere. Es läuft eben nicht jeder Marathon. Willenskraft, davon geht die Psychologie heute aus, ist eine Frage des Arbeitsgedächtnisses. Das ist der Teil des Gehirns, der die Informationen bereithält, die wir in diesem Moment brauchen. Die Uhrzeit der Nachmittags-Besprechung mit dem Chef zum Beispiel. Das Arbeitsgedächtnis sorgt aber auch dafür, dass man sich auf Inhalte und auf Ziele fokussiert.
Der leere „Speicherplatz" ist bei jedem anders, und je größer er ist, desto besser ist man im Durchhalten. Um die eigenen Kapazitäten und damit die Willenskraft zu erhöhen, gibt es verschiedene Wege. Man sollte sich realistische Ziele setzen. Sich zum Beispiel erstmal nur für den Halbmarathon anmelden. Und Störfaktoren beseitigen. Zu viel Ablenkung bringt den Fokus ins Wanken. Oder aber man widmet sich einem Hobby, das das Hirn extrem fordert. Schach oder ein Instrument spielen. Am besten fünfmal die Woche. Man müsste sich nur aufraffen können.
Illustration: Simone Stern