1 subscription and 1 subscriber
Article

Formel-1-Legende Alain Prost: „Max Verstappen ist wie Ayrton Senna"

Max Verstappen führt zwei Rennen vor Schluss mit acht Punkten in der Fahrer-WMFoto: Darko Bandic/dpa

Die ganze Motorsport-Welt fiebert dem spannendsten Saisonfinale der Formel 1 seit Jahren entgegen. Acht Punkte Vorsprung hat Max Verstappen (24) bei zwei ausstehenden Rennen in Saudi-Arabien und Abu Dhabi noch auf Lewis Hamilton (36). Mit einem Crash kann alles vorbei sein. Wie sich das anfühlt, weiß einer ganz genau: Alain Prost (66)! Der Franzose lieferte sich mit Ayrton Senna († 34) 1989 und 1990 legendäre Duelle um den Titel.

BILD: Herr Prost, wie empfinden Sie den Kampf um den WM-Titel?

Alain Prost: Es ist herausragend! Ein toller, harter Kampf! Wir haben zwei außergewöhnliche Fahrer aus unterschiedlichen Generationen. Zwischen ihnen liegen fast 13 Jahre Altersunterschied. Max ist vielleicht der Beste seiner Generation. Wenn er Lewis jetzt schlägt, würde er ihn zudem davon abhalten, alleiniger Rekordweltmeister mit acht Titeln zu werden (vor Michael Schumacher; d. Red.).

Was heißt das für Hamilton?

Dass man auch noch verlieren kann, wenn man schon so viel gewonnen hat! Wir haben alle Zutaten für ein fantastisches Finale der Weltmeisterschaft.

Wer hat am Ende die Nase vorn?

In Brasilien war Lewis viel schneller, auch wenn er da einen frischen Motor im Auto hatte. In Mexiko flog der Red Bull zuvor nur so über die Strecke. Ich bin sicher, dass es sehr eng bleiben wird. Wir werden große Spannung und enge Fights erleben.

★★★

Wie sich solche Fights anfühlen, weiß Prost genau: 1989 kollidierten er und Senna - damals Teamkollegen im McLaren - beim vorletzten Rennen in Suzuka. Senna wollte innen überholen, Prost hielt dagegen, beiden schieden aus - und Prost holte den Titel.

1990 die Revanche: Senna schoss Prost, der inzwischen zu Ferrari geflüchtet war, kurz nach dem Start in Suzuka ab. Beide schieden aus. Der junge Heißsporn Senna sicherte sich so seinen ersten Titel.

★★★

BILD: Viele vergleichen die Rivalität zwischen Hamilton und Verstappen mit Ihrer Rivalität mit Senna. Sehen Sie das auch so?

Das kann schon sein, ja. Das ist nicht so weit weg voneinander, außer dass wir damals nicht so viele Regularien und viel weniger Daten und Videos hatten. Man sollte auch heute nicht zu viel eingreifen und die beiden das Ganze auf der Strecke austragen lassen. Ich wünsche mir einen Fight bis zum letzten Rennen - das wäre auch für die Formel 1 am besten. Klar ist schon: Einer von beiden wird am Ende der Saison ein großartiger und würdiger Weltmeister sein. Egal, wer es am Ende wird.

Erkennen Sie sich selbst oder Senna in einem der beiden aktuellen Titelkonkurrenten wieder?

Max ist ein bisschen mehr wie Senna am Anfang seiner Kar­riere. Ayrton hat sich später in vielen Dingen, auch mental, verändert, auch wenn das nicht jeder gemerkt hat. Lewis ist heute schon etwas kalkulierter. Er ist erfahrener, hat schon sieben Titel in der Tasche. Wenn man es mit damals vergleichen will, ist er mir etwas ähnlicher als Max.

Glauben Sie, dass ein Crash die Saison entscheiden wird?

So was könnte passieren. Deswegen ist es wichtig, dass man die Grenze nicht überschreitet. Es könnte zu der Situation kommen, dass die Fahrer an der einen oder anderen Kurve wissen: Entweder gewinne oder verliere ich hier die Weltmeisterschaft. Es ist schon jetzt sehr angespannt. Die Anspannung geht schon seit einiger Zeit hoch, deswegen kann man so ein Szenario nicht ausschließen. Hätte Max Lewis in Monza nicht versucht zu überholen, hätte er das Rennen verloren. Nimmt man also das Risiko in Kauf oder nicht? Es ist in so einer Situation, in der man gewinnen oder verlieren kann, nicht einfach!

Immer wenn es eine große Rivalität auf der Strecke gibt, kommt sofort der Vergleich Senna/Prost auf. Stört Sie das?

Nein, weil wir in gewisser Weise die Geschichte unseres Sports geschrieben haben. Was ich nicht mag, ist, dass manche Menschen das damalige Geschehen 1:1 auf heute übertragen. Denn es ist niemals gleich.

Kann man seinen Gegner auf der Strecke auf persönlicher Ebene mögen?

Ich habe mich mit Niki Lauda, Keke Rosberg oder Damon Hill oder auch Ayrton 1988 gut verstanden. Wir waren einander nah, hatten viel Spaß zusammen. Man kann also auch gut miteinander zurechtkommen. 1989 war es mit Ayrton dann anders. Sobald man aber anfängt, Feinde zu sein, spitzt sich das immer weiter zu. Man muss auch seine Position im Team klarmachen und die Leute hinter sich versammeln, auch die Medien und die Fans. Die Rivalität wird also immer größer.

Ist das denn insgesamt gut oder schlecht, wenn sie immer größer wird?

Es hängt davon ab, ob man die Grenze überschreitet oder nicht. Im Moment ist es an der Grenze, aber fair. Das ist gut für die Formel 1.

In welchen Punkten muss Ihr Rennstall Alpine noch an sich arbeiten, um mit den beiden Top-Teams kämpfen zu können?

Es gibt noch eine Menge zu tun. Das Team konzentriert sich gerade voll auf 2022, wenn die neuen Regeln kommen. Wir werden sehen, was dann passiert. Wir müssen viel näher an die Spitze rankommen. Von da, wo wir gerade sind, kommt man nicht so einfach und schnell an die Spitze. Wenn man nah an der Spitze arbeitet, ist es ein anderes Arbeiten. Wer das noch nicht erlebt hat, versteht das nicht. Man muss das also erst mal kennenlernen und dafür näher an die Spitzengruppe rankommen. Bislang weiß niemand, was das nächste Jahr mit all den Veränderungen tatsächlich für uns bringt.

Original