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Lauda trifft Hunt - Der große Söhne-Gipfel

Der eine ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, der andere klingt, wenn er Englisch spricht, genau wie sein Vater...

Der Formel-1-Titelkampf 1976 zwischen James Hunt (†1993) und Niki Lauda (†2019) war eines der engsten Duelle der Formel-1-Geschichte. Die Rivalen waren Gegner auf der Strecke, aber Freunde abseits davon. Das Duell Hunt vs. Lauda gibt es auch eine Generation später wieder: Freddie Hunt (34) vs. Mathias Lauda (40).

Beide Weltmeister-Söhne haben Benzin im Blut, fahren Rennen - zwischenzeitlich sogar in einem Team. Aktuell drehen sie einen Film zusammen - und gehen dafür gegeneinander auf die Rennstrecke.

BILD am SONNTAG sprach mit den Weltmeister-Söhnen Mathias Lauda (40) und Freddie Hunt (34), die so viel miteinander verbindet, die aber trotzdem so verschieden sind. Wie einst ihre Väter Niki und James. BILD AM SONNTAG: Herr Lauda und Herr Hunt, Ihre Väter waren alte Rivalen und Freunde. Wissen Sie noch, wann Sie beide sich das erste Mal getroffen haben?

Freddie Hunt: Das war 2009 in Hockenheim, oder Mathias?

Mathias Lauda: Genau. In dem Jahr bin ich in der DTM gefahren und du in der Formel 4.

Hunt: Und das war auch das erste Mal, dass ich deinen Vater getroffen habe. Nun, ich bin ihm bestimmt begegnet, als ich kleiner war, aber daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

Ist Ihr Kontakt seitdem eng?

Lauda: Erstmal nicht, aber er über die Jahre enger geworden. Ab dem Jahr 2014, als wir gegeneinander fuhren, sind wir dann auch zusammen zu den Rennen gereist.

Hunt: Später waren wir dann auch im Nascar unterwegs und sind uns dort über den Weg gelaufen. Wir sprechen nicht jede Woche miteinander, aber sind im anhaltenden Kontakt.

Was haben Sie beide über den jeweiligen Rivalen Ihres Vaters gedacht, als Sie noch Kinder waren?

Lauda: Mein Vater hat immer sehr gut über James gesprochen. Wenn ich ihn gefragt habe, wer sein bester Freund auf der Strecke ist, hat er immer gesagt: James Hunt! Sie haben viel Zeit abseits der Strecke miteinander verbracht und waren sehr eng. Mein Vater hat mir viele großartige Geschichten über James erzählt. Die kann ich hier aber nicht erzählen, denn die sind nicht jugendfrei (lacht).

Hunt: Ich habe mit meinem Vater nie über das Rennfahren geredet, da ich noch zu jung war, als er noch lebte. Aber ich habe über die Jahre erfahren, was für eine tolle Freundschaft die beiden gehabt haben. Dein Vater hatte einen großartigen Humor, Mathias. Eine Geschichte ist mir in Erinnerung geblieben. Eines Morgens ist er in der Früh im kompletten Rennanzug vor einem Grand Prix in das Hotelzimmers meines Vaters gegangen und hat gesagt: „Guten Morgen, heute werde ich die Weltmeisterschaft gewinnen!" Anschließend ist er direkt wieder rausmarschiert.

Lauda: Sie waren sehr verschieden, aber beide auf ihre Art echte Typen. Mein Vater war der typische Österreicher. James war entspannter und hat einfach das Leben genossen. Aber man darf sich da nicht täuschen, Niki war zwar sehr ernst, aber wusste auch, wie man das Leben genießt.

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Gibt es gute und schlechte Eigenschaften, die Sie von ihren Vätern übernommen haben?

Hunt: Ich bin sehr ungeduldig. Aber ich arbeite daran. Mein Vater war eine sehr spannende Person, ich will da nicht zu sehr ins Detail gehen, da es auch sehr persönlich ist. Niemand ist perfekt und auch ich nicht. Ich denke, ich habe viel mit ihm gemeinsam. Auch Dinge, die nicht perfekt sind.

Lauda: Ich habe auch überhaupt keine Geduld. Bei mir und meinem Vater muss alles immer sofort passieren. Und je älter ich werde, desto mehr werde ich wie er. Manches daran ist gut, manches ist schlecht. Er war sehr egoistisch, aber das muss man im Rennsport sein, um so weit zu kommen. Als Geschäftsmann und Rennfahrer hat ihm das geholfen, als Familienvater hat es dazu geführt, dass er nur selten zuhause war. Da bin ich anders. Vielleicht sollte ich häufiger etwas egoistischer sein, dann wäre ich auch in manchen Sachen etwas erfolgreicher. Aber dadurch bin ich als Familienvater mehr bei meinen Kindern.

Hunt: Mein Vater war eine sehr ehrliche Person. Und das ist auch eine meiner besten Eigenschaften. Darauf bin ich stolz. Das haben sie mir beigebracht, mein Vater und meine Mutter.

Wer von Ihnen wird häufiger auf den berühmten Vater angesprochen?

Hunt: Manchmal kommt es vor, dass ich mitten im Nirgendwo darauf angesprochen werde, das kann auch mal in Patagonien sein. Es kommt häufiger vor, dass ich mich mit Menschen unterhalte, das Thema aufkommt und die Leute dann sagen, ich hätte sie von Anfang an an James erinnert.

Die Rivalität von Niki Lauda (l.) und James Hunt wurde 2013 in Hollywood verfilmtFoto: picture alliance / Captital Pictures

Lauda: Im Flieger bin ich mal mit einem Musiker ins Gespräch gekommen, wir haben uns auf Englisch unterhalten und er sagt zu mir: Ich kenne nur einen Menschen, der so Englisch spricht wie du. Du klingst wie Niki Lauda. Offenbar haben wir den gleichen Akzent.

Hunt: Dem kann ich nur zustimmen.

Wie gehen die Menschen auf Sie zu, wenn Sie wissen, wer Ihr Vater ist?

Lauda: Man merkt den Menschen an, wie viel Respekt sie für meinen Vater haben und wie gut sie über ihn sprechen. Für das was er erreicht hat, für seine Ehrlichkeit und sein Selbstbewusstsein. Es ist wunderbar, das zu hören. Insbesondere jetzt, wo er nicht mehr unter uns ist.

Hunt: Ich höre immer wieder neue Geschichten über ihn, die ich vorher nicht kannte. Das ist schön. Ich habe meinen Vater nie richtig kennenlernen können. Und je mehr Menschen mir etwas über ihn erzählen, desto mehr lerne ich über ihn. Das bewegt mich sehr.

Wie war das für Sie, mit einem solch berühmten Namen in den Motorsport zu kommen? Haben Sie überlegt, diesen, zumindest am Anfang, abzulegen? Mick Schumacher fuhr zunächst unter dem Geburtsnamen seiner Mutter.

Hunt: Ich habe es versucht. Ich hatte keinen anderen Namen, ich bin einfach unter meinem Vornamen gefahren. Aber ich sehe meinem Vater wohl zu ähnlich und spreche auch wie er. Es hat nicht funktioniert, es zu verstecken.

Lauda: Als Kind wollte ich immer Rennfahrer werden, aber mein Vater hat das erst nicht zugelassen. Mein Bruder und ich haben uns gebrauchte GoKarts gekauft, sie repariert und wollten damit zuhause fahren. Aber als er nach Hause kam und es gesehen hat, hat er sie verkauft und gesagt, wir dürfen keine Rennen fahren. Warum, habe ich nie ganz verstanden, wahrscheinlich wollte er uns beschützen und hat das unserer Mutter zuliebe gemacht, da sie seinetwegen schon genug durchmachen musste. Aber nach dem Abitur habe ich mit der Hilfe meines Bruders erste Testfahrten gemacht. Mein Vater hat dann den Kontakt zu einem Formel-3-Team hergestellt und gesagt, wenn die mich nehmen, gibt er mir grünes Licht. Und so kam es dann auch.

Kann man Rennfahren denn lernen oder ist es ein Talent, das man hat oder eben auch nicht?

Lauda: Ich denke, es ist ein Talent. Mein Bruder zum Beispiel hat es nicht, ich aber schon. Man sieht das schon im Straßenauto. Es sind die kleinen Dinge. Ich würde sagen, ich habe das eher von meinem Vater geerbt und mein Bruder eher von unserer Mutter.

Ist Ihre Art, Rennen zu fahren, von Ihren Vätern beeinflusst?

Lauda: Ich erkenne in meinem Fahrstil sehr viel von dem wieder, was Niki ausgezeichnet hat. Mein Ziel ist es immer das Rennen zu beenden, ich gehe nur das Risiko ein, das auch nötig ist. Zum Beispiel mache ich gewagte Überholmanöver nur am Ende eines Rennens. Dann, wenn es drauf ankommt. Am Anfang versuche ich die eher zu vermeiden. Und so war mein Vater auch, immer mit gut kalkuliertem Risiko. Aber ich versuche nicht, ihn zu kopieren, das kommt von allein.

Hunt: Mathias und Niki sind viel überlegter auf der Strecke als mein Vater und ich. Wir fahren mehr nach Instinkt und sind aggressiver. Aber ich denke auch, dass es ein Talent ist. Manche Menschen können noch so viel Geld ausgeben, sie werden niemals schnelle Rennfahrer werden.

Sie drehen momentan den Film „Sons Of Speed" in denen es um Ihr Leben als Söhne von Formel-1-Weltmeistern die Rivalität zwischen Hunt und Lauda in der nächsten Generation und die Ähnlichkeit mit Ihren Vätern geht. Was können Sie uns darüber verraten?

Hunt: Wir drehen momentan Szenen, die nicht an der Strecke spielen. Um den Zuschauern zu zeigen, wie unser Leben außerhalb dessen aussieht. Es geht nicht nur ums Rennfahren, es geht darum zu erzählen, wer wir sind. Wie es ist, mit einem solchen Namen aufzuwachsen. Ich hoffe, es wird eine spannende Dokumentation. Das ist jedenfalls das Ziel.

Lauda: Wir haben auch Aufnahmen aus dem Jahr 2014, als wir auf der Rennstrecke gegeneinander angetreten sind. Sie werden bestimmt interessante Einblicke in unsere beiden Leben und den Rennsport vermitteln.

Hinter der Story Was ist Ihre Lieblingsszene?

Hunt: Ich hoffe die, wo ich dich in Donington besiege, Mathias (lacht). Wir werden dort auf der Rennstrecke in den kommenden Wochen nach langer Zeit mal wieder gegeneinander antreten. Du saßt lang nicht mehr hinter dem Steuer, oder?

Lauda: Ja, mehr als ein Jahr nicht. Aber ich bin sehr ehrgeizig. Egal, ob es ein kleines Rennen ist oder ich mit dem Fahrrad bei einem Amateurwettbewerb in Spanien antrete. Die mögen zwar nicht wichtig sein, für mich sind sie es aber.

Denken Sie, diesen Film zu machen, bringt Sie näher an Ihre Väter heran?

Lauda: Ich denke nicht. Der Film ist eine Idee eines gemeinsamen Freundes, der großer Fan des Films „Rush" gewesen ist. Wir haben über einige Jahre gedreht, nun kommen wir an das Ende der Dreharbeiten mit dem Rennen in Donington.

Wie verfolgen Sie die laufende Formel-1-Saison?

Hunt: Ich finde sie sehr aufregend, die Beste seit Langem. Ich verfolge alle Rennen.

Lauda: Seit ich TV-Experte bei Servus-TV hier in Österreich bin, schaue ich die Rennen noch intensiver. Es geht diese Saison hin und her.

Sehen Sie den Vergleich der Rivalität, der nun gezogen wird? Der Vergleich zwischen dem WM-Kampf 1976 zwischen Hunt und Lauda und 2021 zwischen Verstappen und Hamilton?

Lauda: Auch heute haben wir ein tolles Duell, sie kämpfen sehr hart und gehen zum Teil auch über das Limit hinaus. Mit all den Emotionen, den Psychospielchen, das ist interessant zu beobachten. Aber es erinnert mich eher an Senna gegen Prost als Hunt gegen Lauda. Denn unsere Väter waren gute Freunde.

Wem drücken Sie die Daumen?

Hunt: Ich unterstütze Hamilton. Er ist Brite. Aber Verstappen als Underdog ist auch sehr gut. Aber am Ende ist es mir wichtiger, einen guten Zweikampf zu haben.

Lauda: Weder dem einen, noch dem anderen.

Lebemann James Hunt wurden zahlreiche Frauengeschichten nachgesagtFoto: Getty Images

Also gehört Ihr Herz nicht Mercedes? Ihr Vater hatte immerhin einen großen Anteil daran, dass sie sieben WM-Titel in Folge geholt haben.

Lauda: Doch, natürlich. Auf eine Art werde ich sie immer unterstützen. Was mein Vater dort erreicht hat, ist unglaublich. Er war der Schlüssel zum Erfolg, er hat all die Menschen dorthin geholt. Auch Hamilton. Er hatte ein Meeting mit ihm in Singapur, das über sechs Stunden dauerte. Am Anfang hat Hamilton noch gesagt, er würde niemals zu Mercedes gehen. Er fuhr damals für McLaren, die viel weiter vorne im Feld waren als Mercedes. Mercedes kämpfte eher um Platz sechs oder sieben. Aber mein Vater hat ihn nach und nach überzeugt.

Wer wird gewinnen?

Lauda: Es kommt dieses Jahr auf Kleinigkeiten an. Mercedes hat ein Upgrade am Motor vorgenommen und dadurch haben sie den leichten Geschwindigkeitsvorsprung, den es braucht. Ich sage, Hamilton macht es.

Hunt: Es ist unmöglich zu sagen. Es ist so eng, ein Ausfall könnte schon alles entscheiden. Mein größter Respekt an beide, sie haben einen enormen Druck und machen das fantastisch.

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