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Motorsport-Traumpaar Wolff: „Susie ist der System-Erhalter unserer Familie"

Susie und Toto Wolff sind seit 2011 verheiratet, haben den gemeinsamen Sohn JackFoto: Paul Ripke für MERCEDES AMG F1

SIE ist Formel-E-Chefin bei Venturi. ER ist Formel-1-Boss bei Mercedes. Susie und Toto Wolff im Doppel-Interview über ihr Doppel-Leben zwischen Rennsport und Familie. BILD am SONNTAG: Sie sind beide im Motorsport zu Hause, sind beide Chefs eines Rennstalls und selbst früher Rennfahrer gewesen. Hand aufs Herz: Wer hat mehr Benzin im Blut?

Toto Wolff (49): „Ganz klar Susie. Sie kommt aus einer Motorsport-Familie, hat seit Kindestagen mit Rennwagen und Motorrädern zu tun. Aber wir sind beide Cyborgs (halb Mensch, halb Maschine; d. Red.), die viel arbeiten und ihren Job sehr, sehr gerne ausüben. Wir haben beide halb Blut, halb Benzin in den Adern."

Frau Wolff, Mercedes-Fahrer Nyck de Vries ist Formel-E-Weltmeister geworden. Edoardo Mortara, der für Ihr Team Venturi fährt, wurde nur Vizeweltmeister. Gab es Ärger zu Hause?

Susie Wolff (38): (lacht) „Nein, überhaupt nicht. Wir sind trotzdem gemeinsam in den Urlaub gefahren und genießen die Zeit als Familie"

Toto: „Über den Titel haben wir uns natürlich sehr gefreut. Aber Edoardo Mortara ist nicht nur Vizeweltmeister geworden, sondern Susies Fahrer Norman Nato hat auch das letzte Berlin-Rennen gewonnen. Das ist mindestens als ebenbürtiger Erfolg anzusehen. Ein Privat-Team ohne großen Konzern im Rücken konkurrenzfähig zu machen und zu Grand-Prix-Siegen und einer Vizeweltmeisterschaft zu führen, kann man kaum hoch genug bewerten."

Nach BMW und Audi wird auch Mercedes nach der Saison 2022 aus der Formel E aussteigen. Ist das der Anfang vom Ende der Rennserie?

Toto: „Umbrüche bieten immer Möglichkeiten für Veränderungen. Auf den ersten Blick ist es natürlich unglücklich, dass drei Premium-Hersteller auf einen Schlag aussteigen. Aber vielleicht braucht die Formel E gerade eine Art Neustart, um den nächsten Schritt zu machen. Andere Teams, eventuell noch mehr private, werden wachsen, weil sie in den Blickpunkt geraten."

Manche in der Formel 1 sehen die Elektroserie kritisch. Max Verstappen verglich sie mit dem Videospiel „Super Mario Kart".

Susie: „Die Aussage, die Formel E sei „Super Mario Kart mit echten Menschen" kommt von Toto, und ich nehme sie positiv. Denn es gibt tatsächlich Parallelen. Das Rennen in Berlin war zwischendurch beinahe langweilig - bis wie bei Mario Kart mit dem „Attack Mode" (Fahrer können für kurze Zeit mehr Energie nutzen; d. Red.) mehr Leistung freigesetzt wurde. Das bringt Abwechslung und somit Spannung."

Und wer spielt nicht gerne „Super Mario Kart"  ...

Susie: „Ich tatsächlich nicht so. Aber unser Sohn Jack ist Feuer und Flamme."

Toto: „Beim Talent kommt er ganz nach seiner Mutter. Aber er ist am Ende auch nur ein Kind, das Auslauf braucht und wild herumrennt. Bei ihm ist aktuell alles ein Rennen."

Wie bewältigen Sie das Privatleben neben all den Reisen und dem permanenten Stress?

Susie: „Ich sage immer, dass ich neben dem Job als Team-Chefin auch noch Logistik-Managerin der Familie bin. Natürlich ist es nicht leicht, aber wir müssen es ja schaffen. Es ist wichtig, Prioritäten zu schaffen. Wir sind uns beide darüber klar, dass die Ehe und Familie an erster Stelle sind. Aber natürlich sind wir stolz darauf, was Toto macht. Und wenn Jack und ich in ein Flugzeug steigen müssen, um ihn zu sehen, dann machen wir das."

Was macht Familie Wolff fernab der Rennstrecke?

Toto: „Wir versuchen abzuschalten und nicht rund um die Uhr erreichbar zu sein. Da sind wir auch relativ strikt. Wenn du es nicht schaffst, die Balance hinzukriegen, brennst du aus. Im Urlaub schaue ich zum Beispiel nur einmal pro Tag auf mein Handy. Für Social Media hat Susie mir einen Timer auf 30 Minuten gestellt. Nur so schaffe ich es, mich auf die zweite Hälfte der Saison vorzubereiten."

Sie sagten mal, dass Sie genau wüssten, was Sie an Ihrer Frau haben. Sind es genau diese Kleinigkeiten?

Susie: (lacht) „Hoffentlich ist es mehr als nur ein Timer."

Toto: „Susie ist der System-Erhalter der Familie Wolff. Wir haben sehr großes Glück, weil wir von den Charakteren und Aufgaben sehr ähnlich sind. An erster Stelle steht die Familie und dann kommt erst der Job. Aber dieses gemeinsame Interessenfeld Motorsport ist das, was wir immer gemacht haben. Deswegen wird auch beim Abendessen darüber gesprochen. Der Mix aus beidem macht es. Ich könnte mir keine bessere Frau vorstellen."

Wie sehr unterstützen Sie einander bei Ihren beruflichen Entscheidungen?

Susie: „Ich verstehe, welche Herausforderung die Formel 1 mit sich bringt. Deswegen habe ich auch Verständnis, wenn Toto spät nach Hause kommt oder spontan nach Stuttgart oder Paris fliegen muss. Das war nie ein Thema bei uns. Wir unterstützen uns so gut wie möglich. Das bedeutet auch, dass wir ab und zu bewusst nicht mehr über die Arbeit sprechen, wenn Toto nach einem Rennwochenende nach Hause kommt. Dann ist der Sport zwei Tage lang kein Thema bei uns."

Toto: „Es darf nie zulasten des einen Partners gehen, sondern muss ausgeglichen sein. Als ich Susie in Berlin mit dem Pokal auf dem Podium gesehen habe, habe ich mich mehr gefreut, als wenn ich da gestanden hätte. Ich bin sehr stolz auf sie. Susie ist die erste Team-Chefin, die ein WM-Rennen gewinnen konnte. Das zeigt, dass auch eine Mutter die Balance hinkriegen kann, wenn es in der Familie ausgewogen ist. Und das ist es bei uns. Deswegen gehe ich zu ihren Rennen auch nicht nur als Mercedes-Chef, sondern auch als Ehemann, der sie unterstützt. Unsere Ehe ist die Basis für unseren beruflichen Erfolg. Ohne sie hätte ich nie das erreicht, was wir in den vergangenen Jahren geschafft haben."

Haben Sie es als Team-Chefin schwieriger als ein männlicher Kollege, Frau Wolff?

Susie: „Das weiß ich nicht. Ich bin bei Venturi, weil ich meinen Job als Team-Chefin so gut wie möglich machen möchte. Und nicht, weil ich es jemandem beweisen muss. Aber als Mutter habe ich andere Herausforderungen. Zum Beispiel muss ich darauf achten, dass mein Sohn rechtzeitig im Bett ist. Deswegen verlasse ich um 18 Uhr das Büro, wenn Toto zu Hause ist, sodass wir ein bisschen Zeit als Familie haben."

Kommen wir zu Ihrer Formel-1-Familie: Wie viele WM-Titel holen Sie noch mit Mercedes?

Toto: „Ich habe ein Jahr lang darüber nachgedacht, ob ich in die Finanzwelt zurückgehe. Aber wir haben bei Mercedes gemeinsam entschieden, dass die Formel 1 nicht nur eine Marketing-Plattform ist, die wir kurzzeitig nutzen wollen. Wir wollen eine Ära prägen. Da ich 33 Prozent der Team-Anteile besitze, werde ich auf jeden Fall dabei sein. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ich Team-Chef sein muss."

Wer wird dieses Jahr Weltmeister?

Toto: „Red Bull ist auf dem Papier etwas schneller. Aber wir kämpfen bis zum Ende. Und das müssen wir auch, denn diese Meisterschaft wird bis zum Ende gehen."

Wird George Russell nächstes Jahr neben Lewis Hamilton zweiter Fahrer?

Toto: „Wir müssen uns zwischen der Stabilität von Valtteri (Bottas; d. Red.) und dem Talent von George, wo die Zukunft liegt, entscheiden. Ich will das Thema im September erledigt haben, damit beide sich für die kommende Saison richtig aufstellen können."

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