Vlad Panchenko hat als Gaming-Unternehmer Millionen gemacht. Jetzt entwickelt er ein neues Blockchain-Protokoll. Heute kann man darüber In-Game Items sicher handeln, in der anrückenden VR-Zukunft aber alles, wie er glaubt.
Ob Fortnite, Dota 2 oder eines der chinesischen Games, die Millionen Spieler das Essen vergessen lassen: Die Liste der Massive Multiplayer Online Games (MMOs) wächst fast täglich. Was einst mit Counter-Strike in gruftigen LAN-Kellern seinen Anfang nahm, hat sich zu weltweiten Spiele-Communitys entwickelt. Heute wird selbst in der U-Bahn am Smartphone gegeneinander gespielt. Die Games sind inzwischen nicht nur ein spaßiger Zeitvertreib, sondern Plattformen für ganze virtuelle Ökonomien geworden. In-Game Items - also Skins, Waffen oder neue Welten - werden von Entwicklern bereitgestellt und für Tausende Dollar gehandelt. Oder auch mal für 6 Millionen US-Dollar, wie der Planet Calypso im damaligen Spiel Entropia Universe.
Für den Serienunternehmer Vlad Panchenko ist das ein klarer Fall für die Blockchain. Über seine neue Plattform DMarket können Teilnehmer ihre In-Game Items über einen speziellen Token handeln und vor allem: Entwickler können die virtuellen Güter damit einzigartig und unreplizierbar machen. Damit wird künstlich verknappt, was sonst endlos kopiert werden kann. Wenn wir in ein paar Jahren also sowieso die meiste Zeit in der virtuellen Realität abhängen, da ist Panchenko sich sicher, könnten wir so zumindest den Kapitalismus beibehalten. Wir haben mit dem Gründer von DMarket im Headquarter in Kiew gesprochen.
Golem.de: Kiew ist keine Stadt, die für ihre erfolgreichen Startups bekannt ist. Wie kommt es, dass Sie mit DMarket hier ein Hochhaus mit rund 180 Mitarbeitern füllen und bezahlen können?
Vlad Panchenko: Wir fokussieren uns mit DMarket derzeit voll auf die Gaming-Industrie, genauer gesagt auf den Handel mit sogenannten Skins. Das sind rein kosmetische Verkleidungen, die Computerspieler ihren Charakteren überziehen. Es mag verrückt klingen, aber der offizielle Handel dieser Skins allein für den Klassiker Counter-Strike liegt bei rund einer Milliarde US-Dollar jährlich - inoffiziell schätze ich das auf 2,5 Milliarden. Wir sehen täglich Hunderte Deals zwischen 3.000 und 4.000 US-Dollar. In diesem wachsenden Markt konnten wir Ende 2017 über einen ICO 19 Millionen US-Dollar sammeln.
Golem.de: Bei dem Initial Coin Offering, kurz ICO, haben Sie Ihre eigene Währung DMT ausgegeben. Wozu ist die gut?
Panchenko: Mit den Coins können Spieler auf unserer Plattform direkt mit den Skins handeln. Und Programmierern ermöglichen wir einen einfachen Zugang zu diesem immensen Markt. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. In den Spielen sind Tokens ja bereits üblich, da sollte der Wechsel zu Cryptotokens für Nutzer kein Problem darstellen.
Golem.de: Aber warum überhaupt Crypto? Andere Tokens haben doch auch funktioniert.
Panchenko: Die Blockchain hat bei uns zwei große Funktionen. Zum einen das Thema Payment: Die Transaktionskosten der Bezahlungen werden verringert, beschleunigt und sicherer durchgeführt. Und zum anderen verhindern wir mit der Crypto-Technologie Skin-Scams.
Golem.de: Wie sehen solche Scams üblicherweise aus? Und wie verhindert DMarket den Betrug?
Vlad Panchenko: Ganz typisch ist Kreditkartenbetrug, also Käufer, die geklaute Zahlungsdaten eingeben. Manche Verkäufer stellen Fake Items ein, die gar nicht genutzt werden können, und oft werden Items doppelt verkauft. Zunehmend werden auch ganze Accounts gehackt. Bei uns gibt es einen klaren Authentifizierungsprozess - KYC genannt - gepaart mit Zweifaktorauthentifizierung und einer E-Mail-Bestätigung. Außerdem basiert unser Protokoll auf nonfungiblen Tokens, damit werden Doppelverkäufe und illegitime Rückverkäufe von gehackten Accounts verhindert.
Golem.de: Was sind nonfungible Tokens?
Panchenko: Das ist die gleiche Technologie, die hinter Cryptokitties steckt. Übliche Tokens sind wie Bargeld: Ein 10-Euro-Schein hat denselben Wert wie ein anderer 10-Euro-Schein, sie sind austauschbar. NFTs sind eher wie Diamanten: Jeder ist unterschiedlich und hat dementsprechend einen anderen Wert. Dabei bekommt jeder tokenisierte Gegenstand einen eigenen Hash auf der Blockchain, der die Historie genau trackt. Da diese öffentlich einsehbar ist, werden Fakes und Scams sofort erkannt und so eingedämmt.
Golem.de: Viele Blockchain-Entwicklungen basieren auf dem Ethereum-Protokoll. Sie haben ein eigenes programmiert. Warum?
Panchenko: Ethereum ist extrem facettenreich. Für unsere Zwecke ist es wahnsinnig wichtig, dass einige wenige Funktionen gut laufen. Am wichtigsten sind günstige Micropayments, Kompatibilität über Geräte hinweg und eben die Einzigartigkeit. Das Beste schien uns, selbst ein Protokoll zu entwickeln. So können wir am besten auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen.
Golem.de: Was ist der Vorteil für Spielehersteller, warum sollten sie das Protokoll integrieren?
Panchenko: Unsere Technologie motiviert Spieler und freie Entwickler dazu, mehr Items, mehr Spielewelten zu kreieren, da sie über unseren Marktplatz Umsatz generieren. Das ist im Kern User-Generated-Content, nur so konnten sich Spiele wie Counter-Strike so lange halten. Da die Hersteller natürlich auch In-Game Items entwickeln, profitieren sie, wenn der Lebenszyklus des Spiels verlängert wird.
Golem.de: Welche Spiele sind schon auf DMarket zu finden?
Panchenko: Jetzt am Anfang können Spieler vor allem Items von Steam handeln, der großen Gaming-Plattform von Valve. Derzeit kann man bei uns Assets für die MMOs Counter-Strike: Global Offensive und Dota 2 handeln. Ende 2018 werden wir mehr als 20 Spiele integriert haben.
Golem.de: Gerade auf Steam gab es viel Spamming in letzter Zeit. Hatte das keinen Einfluss auf eure Zusammenarbeit?
Panchenko: Steam hat in der Folge dessen Plattformen kritisiert, die Wetten auf In-Game Items erlauben. Das tun wir nicht. Bei uns kann jeder einfach mit einem Steam-Account Zugang erhalten und das Steam-Profil übernehmen.
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