Jonas Ermes war vor zehn Jahren einer der talentiertesten Fußballtorhüter seiner Generation. Aus der Profikarriere wurde trotzdem nichts. Woran lag's?
2009 flog die U17-Nationalmannschaft mit drei Torhütern zur Weltmeisterschaft nach Nigeria: Marc-André ter Stegen, Bernd Leno und Jonas Ermes. Die ersten gehören heute zum Kader der Nationalmannschaft. Der damals beim VfL Bochum spielende Jonas Ermes beendete seine Karriere, bevor sie richtig begonnen hatte. Woran es bei ihm und anderen hochtalentierten deutschen Spielern gescheitert ist, ergründet der Journalist Olaf Jansen in dem am 1. April erscheinenden Buch "Woran hat's gelegen? Der verpasste Traum vom Fußball-Profi in 13 Porträts" (Arete Verlag, 240 Seiten). Im Interview berichtet Ermes, 29, nicht nur vom frühzeitigen Karriereende, sondern auch von seinen Zweifeln am Profifußball.
ZEIT ONLINE: Wer steht auf Platz zwei in der Bundesliga?
Jonas Ermes: Leipzig.
ZEIT ONLINE: Sie interessieren sich noch für Profifußball?
Ermes: Ich liebe das Spiel, ich mag elf gegen elf, ich bin fasziniert, wie Bundesligaprofis mit dem Ball umgehen oder ihn von der Linie kratzen.
ZEIT ONLINE: Sie hätten einer von ihnen sein können.
Ermes: Als ich in der U19 des gespielt habe, war ich überzeugt, dass es klappt. Der Traum war zum Greifen nah, also habe ich alles dafür getan. Gleichzeitig war mir aber ein Plan B wichtig. Deswegen bin ich einst zum VfL Bochum gewechselt. Ich konnte weiter auf meine Schule im Sauerland gehen und Abi machen. Mit meinem ersten Profivertrag 2011 habe ich ein BWL-Studium in Bochum begonnen. Ich wollte vorbereitet sein für die Zeit nach der Karriere oder den Fall einer Verletzung. Und als Ausgleich.
ZEIT ONLINE: Die ersten Zweifel an der Karriere kamen Ihnen bei der U17-WM in Nigeria. Was passierte da?
Ermes: Ich war zum ersten Mal außerhalb meiner Komfortzone und wollte das Land sehen. Aber ich durfte nicht aus dem Bus raus, nicht in Kontakt mit Menschen. Wir waren in einer Blase, um zu performen. Das war eindimensional.
ZEIT ONLINE: Wann wurde Ihnen klar, dass Sie keine Lust auf die große Karriere haben?
Ermes: Zwei Jahre später habe ich meinen ersten Profivertrag unterschrieben. Ich hatte Bock auf die Saison, aber im Trainingslager bekam ich Zweifel. Damals konnte ich nicht genau formulieren, was das Problem ist. Rückblickend hatte ich große Schwierigkeiten damit, dass Fußball auf einmal mein Beruf war. Ich musste jederzeit in der Lage sein, Leistung zu bringen. Und ich musste das Drumherum mitnehmen: Öffentlichkeit, Konkurrenzkampf, Geld. Ich wollte doch einfach nur kicken und meinen Kasten sauber halten. Nach dem Trainingslager habe ich zu meinen Eltern gesagt: "Ich weiß nicht, ob ich das will."
Ich wollte nicht nur als Fußballer gesehen werden.
ZEIT ONLINE: Wie geht ein 19-Jähriger damit um, dass sein Lebenstraum infrage steht?
Ermes: Das hat mich total verunsichert. Es gab eine Zeit, in der ich mich zum Training geschleppt habe. Teilweise bin ich auf dem Weg dorthin umgedreht