Frauen sind von den Straßen Kabuls so gut wie verschwunden. Die Angst ist allgegenwärtig. Auch in den Verstecken der Afghan*innen, die als Ortskräfte für Deutschland arbeiteten. Mary (Name von der Redaktion geändert) ist eine von ihnen.
Die 29-Jährige hat harte Monate hinter sich: „Es war die Hölle", sagt Mary in einer Sprachnachricht über die Zeit, als sie und ihre Kolleg*innen des Bawar Media Center (BMC) - das Medienzentrum der deutschen Bundeswehr - erfuhren, dass die US-Truppen Afghanistan verlassen würden. „Zuerst hatten wir die Hoffnung, dass die Deutschen uns Schutz bieten würden - schließlich haben wir mit unserer Arbeit unser Leben für sie riskiert", erzählt Mary. Doch es kam anders. Von den 70 BMC-Mitarbeiter*innen, darunter Print-, Video- und Radiojounalist*innen und Medienanalyst*innen, schafften es nur neun in eines der Evakuierungsflugzeuge nach Deutschland. Alle anderen Menschen verstecken sich nun an geheimen Orten in Kabul.
Mary hofft weiter auf Rettung - gemeinsam mit ihren beiden Kindern. Unsere Autorin Saskia Reis hat in den vergangenen Tagen den Kontakt mit Mary gehalten. Wegen des störanfälligen Internets in Marys aktuellem Versteck fand das folgende Interview am Sonntag über Sprachnachrichten statt. Geführt wurde es in englischer Sprache, wir haben es übersetzt.
Mary: „Ich verstecke mich mit meinem Mann, meiner Tochter und meinem Sohn in einem Haus in Kabul. Erst gestern sind wir hier angekommen. Wegen der Sicherheitslage wechseln wir das Versteck nun öfter. Jemand aus der Nachbarschaft hatte uns zum Flughafen gehen sehen und gefragt, ob wir ausreisen wollen - für uns war das ein Zeichen, dass wir nicht mehr sicher waren."
„Als sich vor etwa einem Monat Gerüchte verbreiteten, dass die Taliban Masar-i-Scharif einnehmen würden, flohen wir nach Kabul. Vorher mussten wir aus finanziellen Gründen unsere Möbel und den ganzen Hausrat verkaufen, auch meinen Schmuck. Die Straßen waren schon nicht mehr sicher, also nahmen wir ein Flugzeug. Alles gerade noch rechtzeitig, zwei Tage später ist meine Heimatstadt gefallen."
„Die Erfahrungen am Flughafen waren der blanke Horror. Unter lebensgefährlichen Bedingungen haben sich mein Mann und ich mit unseren Kindern dorthin aufgemacht. Die Hektik und Menschenmengen dort waren unvorstellbar. Es war unmöglich, hineinzukommen. Die US-Soldat*innen feuerten Schüsse und Tränengas ab, um die Massen zurückzuhalten; zum Nachteil von Frauen, Kindern und Älteren. Auch meine Tochter und mein Sohn bekamen Tränengas ab, sie weinten und wollten nur noch nach Hause. Es war eine schreckliche Situation vor Ort. Wir verbrachten eine Nacht dort, doch niemand war zuständig für uns, also gingen wir am nächsten Tag wieder nach Hause."
„Zwei Tage später versuchten wir es zum zweiten Mal, denn einige BMC-Kolleg*innen hatten einen Anruf mit Informationen erhalten, zu einem anderen Gate am Flughafen zu kommen, zum Abby Gate. Dort war ein großer, schmutziger Abwassergraben, übervoll mit Menschen. Deutsche Soldat*innen waren nicht da, keine Ansprechpersonen."
... das ganze Interview via Edition F lesen...
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