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Hafenfest im Test: Wie nachhaltig ist die Vergnügungsmeile?

Pommesgabel, Strohhalm im Cocktail, eingeschweißtes Lebkuchenherz: Auf dem Rummel fällt viel Müll an. Immer mehr Stadt- und Volksfeste haben deshalb vor allem der Plastikflut den Kampf angesagt. Auch die Veranstalter der Hafenfesttage in Heiligenhafen hatten zuletzt angekündigt, Speisen an den Standbuden mit modernem Einweggeschirr auszugeben, das nachhaltiger sein soll. Ein Blick auf die Festmeile zeigt: Da tut sich was.


Verkäuferin Renate Jacobi serviert beispielsweise Brathering mit Kartoffelsalat auf einem Pappteller mit Papierserviette und Holzgabel. „Früher war das alles aus Plastik", erzählt die 71-Jährige. Das Besteck aus Holz landet zwar auch direkt im Müll, ist aber besser abbaubar als der langlebige Kunststoff. Hafenfest-Besucherin Vanessa Lühr ist trotzdem skeptisch. „Ich habe schon ein Eis mit Holzlöffel gegessen", berichtet die 29-Jährige. „Das schmeckt irgendwie komisch." Die Beschichtung habe ihr persönlich gefehlt. Sie empfiehlt den Verkäufern Bambusbesteck. „Das ist nicht so geschmacksintensiv."


Stand-Besitzer in Heiligenhafen verbannen Plastik

Elke Belli bietet an ihrem Stand Crêpes auf essbaren Waffeln an. Kunden können sich ihren Kaffee in den selbst mitgebrachten Mehrwegbecher füllen lassen. „Und meine Servietten und Pappbecher sind komplett bio", sagt Belli, die seit einem Jahr auf umweltbewussteres Servieren setzt. „Natürlich meckern auch einige Kunden und wollen eine Plastikschale", sagt die 53-Jährige. „Aber wenn jeder ein bisschen was macht, ist schon viel getan." Bei Lorena (11) und Marina (15) kommt das Stand-Konzept jedenfalls gut an. „Die Waffel schmeckt", sagt die Jüngere der zwei Schwestern, die ältere nickt.


Viel spülen muss Ulf Schumacher (48), der Bier und Softdrinks in mehrfach verwendbaren Bechern aus Hartplastik verkauft. Die Kunden zahlen Pfand und bringen sie wieder zurück. „Wir haben das System seit drei Jahren", berichtet der 48-Jährige. „Davor haben wir es auch mit echtem Glas probiert, aber da gab es zu viel Schwund." Viele Gläser seien ärgerlicherweise kaputtgegangen.


 Glas und Pfandbecher für Bier und Wein

Weizenbier aus einem echten Bierglas trinken ein paar Meter weiter Fred Fisler (68) und Reinhard Platz (69) aus Neumünster. „Das muss sein", sagen sie. An vielen Bierständen gebe es aber ausschließlich Weizenbier aus Plastikgläsern. „Als Verbraucher sind wir abhängig von dem, was uns angeboten wird", kritisiert Fisler.


Wein aus echten Gläsern kredenzt Italo Servadio. Der Stand-Besitzer spült die Gläser auch direkt auf dem Fest, „mit abbaubarem Spülmittel", betont der 73-Jährige. Er verkauft auch italienische Pizza und Pasta, die mit biologisch abbaubaren Gabeln serviert würden. „Das ist für mich selbstverständlich", sagt der Verkäufer. „Ich möchte, dass es auch meinen Enkeln in Zukunft gut geht auf dieser Welt."


Sorgenkinder: Strohhalm und Gabel

Aber nicht alle Stände auf dem Hafenfest stellen auf Pappe, Holz, abbaubares Plastik und Pfandbecher-System um. Auf einer Bierbank, mit Blick aufs Wasser, verspeisen die Urlauber Hans und Gabriele Schröer einen Fisch. Der liegt in einer Plastikschale, gegessen wird mit Plastikgabeln. Dazu noch ein Coffee-to-Go-Pappbecher und ein Bier aus dem Pfandbecher. „Es ist doch erschreckend, wie viel Müll an einem Tag zusammenkommt", sagt die 58-Jährige.


Ein paar Meter weiter trinken die Geschwister Luke (5) und Suri (9) aus Hamburg Trinkeis aus Plastik-Strohhalmen. „Ich habe beim Kauf gar nicht darüber nachgedacht", sagt die Mutter. „Es ist schwierig auf Plastik zu verzichten, wenn die Kinder genau das auf dem Fest sehen und haben wollen."


Ein Problem: Kosten und Hygiene-Vorschriften

Um Plastik kommen Besucher auch am Süßigkeiten-Stand von Nicole Johannesson nicht herum. Lebkuchenherzen, Zuckerkügelchen, Lollis -alles ist eingepackt in Kunststoff. „Ich kenne Stände, die ihre Lebkuchenherzen in Papier einpacken", sagt die 50-Jährige. „Aber dann sehen die Kunden die Ware nicht mehr, das ist geschäftsschädigend." Zudem gebe es strenge Hygienevorschriften, die könnten beim Verzicht auf Plastik nicht mehr eingehalten werden. Und: Weniger Plastik bedeute für sie auch mehr Ausgaben.

Die Umstellung auf Papier und Holz sei für die Händler mit doppelt so hohen Kosten verbunden, betont auch Ulrich Elsner, Geschäftsführer der Küstenfischer Nord, die die Hafenfesttage mit organisieren. „1000 Plastikbestecke kosten fünf Euro", rechnet Elsner vor. „Aus Holz hingegen 13 Euro." 


Man müsse aber mit der Zeit gehen, der gesellschaftliche Zwang zum Wandel sei da. Allein durch das bereits vor Jahren eingeführte Pfandsystem für mehrfach verwendbare Bierbecher sei der Müll bei den Hafenfesttagen deutlich reduziert worden. Teller aus Porzellan, das sei aber keine Option. „Das geht auf so einem Fest nicht, wo sollen wir denn spülen?", sagt Elsner.

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