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Gescheiterter WM-Star Marta: Meckertante vom Zuckerhut

Brasilianischer Fußball war in Deutschland einmal sehr beliebt. Doch dann kam Marta. Vor der WM von den Experten wegen ihrer Ballkünste freudig erwartet, enttäuschte sie die Fußballfans. Nicht nur auf sportlicher Ebene - ihr wurde zudem eine zweifelhafte Ehre zuteil: Sie ist die wohl unbeliebteste Spielerin des Turniers geworden.

Fünf Mal in Folge ist Marta seit 2006 zur Weltfußballerin gewählt worden, in internationalen Turnieren schafft sie es regelmäßig zur Torschützenkönigin. Ihre Schnelligkeit, die ausgefeilte Technik und vor allem ihre Ballbehandlung sind es, die Fußballfans begeistern.

Bei der WM in Deutschland war davon allerdings nur wenig zu sehen. Ihr Auftritt im Auftaktspiel gegen den Außenseiter aus Australien war mehr als bescheiden. Der 1:0-Erfolg kam eigentlich nur zu Stande, weil die Australierinnen zu viele Chancen vergaben. Auch im letzten Vorrundenspiel gegen Äquatorialguinea spielte Marta - wie der Rest ihrer Mannschaft - lustlos und ließ brasilianische Spielfreude komplett vermissen.

Doch es gab auch Momente, in denen Marta die deutschen Fußballfans verzückte. Im zweiten Vorrundenspiel gegen Norwegen glänzte sie wie keine andere im Team: Bei dem 3:0-Sieg war sie an jedem Tor beteiligt, zwei schoss sie selbst. Und auch beim bitteren WM-Aus gegen die USA nach Elfmeterschießen am Sonntag strahlte sie die größte Torgefahr in der brasilianischen Mannschaft aus und hätte mit zwei Treffern das Weiterkommen fast perfekt gemacht.

"Sie lieben mich halt"

Und doch wurde sie von den fast 26.000 Zuschauern im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion gnadenlos ausgepfiffen. Die Brasilianerin bastelte sich daraus ihre eigene Realität: "Sie lieben mich halt."

Marta lebt in ihrer eigenen Welt. Und in der wird verdammt viel gemeckert. Jede Schiedsrichterentscheidung kritisierte sie mit abfälligen Gestiken, unentwegt forderte sie Gelbe Karten für ihre Gegnerinnen. Diese sah sie dann selbst, weil sie der am Boden liegenden US-Amerikanerin Abby Wambach lautstark Schauspielerei vorwarf. Dabei kann das die 25-Jährige selbst am besten: Sich theatralisch zu Boden werfen, Fouls simulieren und damit Strafen für ihre Gegenspielerinnen provozieren. Noch dreister war am Sonntagabend lediglich ihre Mannschaftskollegin Erika, die sich - um Zeit zu schinden - minutenlang auf dem Rasen wälzte und dann plötzlich wieder aufs Spielfeld lief, als die Mediziner sie gerade vom Platz getragen hatten.

Marta wurde jedoch nicht nur Opfer ihres Temperaments sondern auch mancher Schiedsrichter-Entscheidung. Einen Foulelfmeter in der 68. Minute verwandelte Marta, nachdem ihre Mannschaftskollegin Cristiane zuvor an Hope Solo gescheitert war. Schiedsrichterin Jacqui Melksham hatte den Strafstroß wiederholen lassen, weil Solo sich zu früh bewegt haben soll. Für Marta sicherlich kein dankbares Tor. Und auch in ihrem 2:1-Treffer in der Verlängerung sahen nicht wenige ein Abseitstor.

"Vielleicht wurde sie ausgepfiffen, weil sie keine Deutsche ist"

Schon in der Partie gegen Norwegen hatte Marta die Missgunst der Zuschauer auf sich gezogen. Das 1:0 erzielte sie nach einem nicht geahndeten Foul an Nora Berge. Die Freude über ihren Treffer fiel im Wolfsburger Stadion dementsprechend bescheiden aus. "Meine Gegenspielerin ist vor mir gestolpert", beschrieb Marta die Szene nach der Partie.

Auch nach dem WM-Aus zeigte sich Marta trotzig. "Wir haben kein Spiel in der regulären Spielzeit verloren, also waren wir auch nicht schlecht", kommentierte sie den WM-Verlauf. Für die Unbeliebtheit seiner Starspielerin hat Brasiliens Trainer Kleiton Lima seine ganz eigene Theorie: "Ich habe nicht verstanden, warum Marta vom ersten Tag in Deutschland ausgepfiffen wurde. Vielleicht weil sie keine Deutsche ist, sondern Brasilianerin." Angesichts dessen, dass Brasilien keine einzige Partie gegen Deutschland gespielt hat, ist das ein seltsames Argument.

In Brasilien haben die Fußball-Frauen einen geringeren Stellenwert. Momentan wird die Sportwelt dort eher durch die brasilianische Meisterschaft und das Abschneiden der Männer bei der Copa América bestimmt. Das WM-Aus der Brasilianerinnen kommentierte die Tageszeitung "Folha de Sao Paulo" mit den harten Worten: "Brasilien hat verloren wie immer, aber gleichzeitig so hässlich gespielt wie noch nie." Das Resultat sei "eine Strafe für eine Mannschaft, die sich daran gewöhnt hat, außergewöhnlich schönen Fussball zu zeigen und in dieser WM für ein pragmatisches, hässliches Spiel mit Tritten und wenig Inspiration gesorgt hat".

Ausgepfiffen und nach Hause geschickt: Marta hatte sich dieses Turnier sicher ganz anders vorgestellt. Bei der WM 2007 wurde sie Zweite, ebenso bei den Olympischen Spielen 2004 und 2008. Endlich wollte sie ganz oben stehen. Stattdessen ist sie gescheitert, mit dem Team und in Teilen auch menschlich. Lediglich eines bleibt ihr: In der ewigen WM-Torschützenliste liegt sie nun gemeinsam mit Birgit Prinz auf Platz eins.

Mit Material von dpa und sid.

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