"Er hat alles an Bord, was einen Smart zum Smart macht - nur keinen Verbrennungsmotor". So bewirbt Daimler seinen Elektro-Kleinwagen Smart Electric Drive. Doch die Aussage des Konzerns ist falsch. Treffender wäre: "Er hatte alles an Bord." Denn der Autobauer hat die Produktion des kleinen Stromers eingestellt. Das bestätigte ein Sprecher auf Nachfrage. Der Nachfolger des Smart ED solle Ende 2016 folgen, sagte der Sprecher weiter.
Das mutet seltsam an, denn Daimler-Chef Dieter Zetsche formulierte in den vergangenen Jahren immer wieder den Führungsanspruch des Konzerns in der Elektromobilität. Auch gegenüber der Presse bekräftigte Daimler dies wiederholt. "Die Zukunft ist elektrisch", schreibt die Pressestelle der Stuttgarter in einem Artikel mit dem Titel "Null Emission, volle Emotion".
Zuletzt hatte Daimler im Frühling den Erfolg des E-Smart beworben. In einer Pressemitteilung vom 13. April 2015 feiern die Schwaben den kleinen Stromer mit dem Titel "E-Smart zum dritten Mal in Folge Marktführer: Hattrick für den stillen Helden". Darin weisen die Autoren darauf hin, dass der Wagen 2014 mit 1600 Einheiten zum dritten Mal in Folge das meistverkaufte Elektroauto Deutschlands sei.
Nun gibt's den stillen Helden nicht mehr. Und damit verwaist die E-Mobil-Sparte in der Modellpalette der Schwaben. Nach dem Smart-Aus ist nur noch die B-Klasse mit Batterie übrig. Doch die kostet 40.000 Euro und muss auf Batterietechnologie vom Elektropionier Tesla zurückgreifen. Ein Einstiegsmodell für knapp 20.000 Euro wie der Smart wird nun vorerst im Daimler-Portfolio fehlen.
Der Autohersteller vermisst den E-Smart aber wohl nicht sonderlich. Er hat bereits im Juli mehr als eine Million Autos im Jahr 2015 verkauft. Damit ist Daimler auf Kurs zu einem neuen Absatzrekord. Im gesamten vergangenen Jahr verkauften die Schwaben 1,74 Millionen Autos. Nun waren es bereits Ende Juli 1,12 Millionen - ein Plus von 15,7 Prozent.
Elektroautos spielen bei Daimlers Verkäufen ohnehin kaum eine Rolle und E-Mobile fristen in Deutschland insgesamt ein Nischendasein. Ein Verkehrsexperte hat aktuell in einem Interview bekräftigt, dass auf Deutschlands Straßen bis 2020 nicht wie von der Bundesregierung geplant eine Million Elektroautos fahren werden: Professor Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Energie, Umwelt, kritisierte in der "Frankfurter Rundschau" die Tricks der Bundesregierung, den Anteil künstlich zu erhöhen. So würden etwa große SUV mit Plug-in-Hybrid-Antrieb genauso mitgezählt wie kleine, effiziente Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb.
Doch auch vor einem E-Auto-Wahn warnt Schneidewind. Es sei eine Illusion, Klima- und Umweltprobleme mit der Einführung von Elektroautos lösen zu wollen, sagte er. Der Ressourcenverbrauch würde zunehmen, der Straßenverkehr nicht vermindert. Elektromobilität macht Schneidewind zufolge nur Sinn, wenn sie mit veränderten Mobilitätskonzepten einhergeht. Für eine angepasste Mobilität in den Städten seien Elektrofahrräder und eine ausgebaute Fahrrad-Infrastruktur sowie ein attraktives Bus- und Bahn-Angebot genauso wichtig. Nötig seien zudem eine verkehrsreduzierende Raum- und Stadtplanung, verbesserte Umsteigemöglichkeiten zwischen den Verkehrsmitteln und ein breites Car-Sharing-Angebot.
Car-Sharing betreibt auch Daimler. Car2go heißt das Projekt der Schwaben. Es muss nun auch ohne E-Smarts auskommen. Nachdem das Projekt begleitet von einer großen Werbekampagne 2009 an den Start ging, ist es still darum geworden. Ulm war die erste deutsche Stadt, in der Daimler die Teilautos anbot. 2014 machte der Konzern das Projekt dort dicht. Am prestigeträchtigen Standort Berlin hat Car2go inzwischen keinen einzigen E-Smart mehr im Fuhrpark, die 16 ursprünglichen Exemplare wurden aussortiert. Der Betrieb indes geht dort weiter. Mit Autos ohne E-Antrieb. Mit Smarts, die alles an Bord haben, was einen Smart zum Smart macht - auch einen Verbrennungsmotor.