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So schlimm ist die Parksituation für Lkw an bayerischen Fernstraßen

In Bayern herrscht ein ständiger Parkplatzmangel für Laster an Fernstraßen. Der Bemühungen des Bundes hinken dem Bedarf nur hinterher. Das ist gefährlich - vor allem nachts.


Von Sascha Gorhau


Es ist 22 Uhr, es ist dunkel, es ist neblig. Die Sicht auf der A96 in Richtung Lindau ist schlecht in dieser trüben Septembernacht. Die Fahrzeuge stellen sich darauf ein, reduzieren ihre Geschwindigkeit. Worauf sie jedoch nicht eingestellt sind ist der Lkw an, der mitten in der Ausfahrt der Raststätte Lechwiesen bei Landsberg steht. Die Zugmaschine schließt etwa auf Höhe des Endes der Auffahrt zur Autobahn. Der osteuropäische Fahrer und sein Truck dürfen dort nicht stehen. Doch er hat keine Wahl, alle anderen Stellplätze sind besetzt. Seine Rastzeit muss er dennoch einhalten, so schreibt es der Gesetzgeber vor, so gebietet es seine Verantwortung als Verkehrsteilnehmer.


Doch wenn nachts viele Lkw-Fahrer pausieren, herrscht noch immer ein Mangel an Stellplätzen. Die Situation in der Region ist dabei stellvertretend für ganz Deutschland. „Es gibt nach wie vor viel zu wenig Parkplätze", sagt Sebastian Lechner vom Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmer. Und die Situation wird sich verschlimmern. Nach Berechnungen des bayerischen Verkehrsministeriums wird das Güterverkehrsaufkommen auf den Straßen des Freistaats bis zum Jahr 2025 um 56 Prozent steigen - auf mehr als 160 Milliarden Kilometer pro Jahr. Die Konsequenz: „Auch mittelfristig wird uns in Bayern der Parkplatzmangel für Laster an Autobahnen begleiten", sagt Lechner.


„Nachts sind eigentlich immer alle Plätze belegt"

Schon jetzt reagiert die Polizei auf die permanente Überlastung. Nicht jedes einzelne Vergehen wird von den Beamten in der Region geahndet: „Solange die Laster nachts lediglich auf für Autos ausgewiesenen Plätzen stehen und nicht Weiteres vorliegt, greifen die Beamten in der Regel nicht ein", sagt Erich Kick von der Autobahnpolizei in Gersthofen. Gefährde die Stellung des Lkw allerdings den Verkehr, so würde die Polizei einschreiten, so Kick. Dazu zählen Laster auf Beschleunigungs- oder Verzögerungsstreifen. Oft haben die Fahrer dabei aber keine Wahl. „Nachts sind eigentlich immer alle Plätze belegt", sagt Kick.

Zuerst seien die Plätze an Rastanlagen überfüllt, dann die an Parkanlagen mit Toilette (sogenannte PWC-Anlagen), schließlich auch alle anderen. Irgendwann weichen die Trucker dann auf Stellplätze aus, die andere Verkehrsteilnehmer gefährden - wie der osteuropäische Fahrer am Rasthof Lechwiesen.


Die Not macht die Trucker erfinderisch. Eine App soll Hilfe zur Selbsthilfe geben. „Prepark" trägt die Angaben von Truckern zusammen. Lkw-Fahrer können über das Programm die aktuelle Lage auf Parkplätzen weitergeben. Es zeigt seinen Nutzern dann freie Stellplätze entlang ihrer Route an.


Bayern: 1,25 Milliarden Euro für Bundesfernstraßen

Kick und Lechner bestätigen, dass Bund und Land ihr Möglichstes tun würden, um die Situation zu verbessern. 2013 wurden in Bayern insgesamt 1,25 Milliarden Euro für Bundesfernstraßen ausgegeben. Entlang der A8 wurde jüngster Zeit damit beispielsweise der Rasthof Edenbergen auf der Autobahn 8 deutlich vergrößert. Die drei neuen PWC-Anlagen Kirchholz (in Fahrtrichtung München) sowie Adelzhauser Berg (in beiden Fahrtrichtungen) sind ebenfalls bereits in Betrieb, stellen 88 beziehungsweise 40 neue Plätze zur Verfügung.


Für ein Fazit ist es aktuell zu früh. 2015 soll der Ausbau der A8 komplett fertiggestellt sein. „Erst dann werden sich die neuen Verkehrsströme verlässlich einpendeln und man kann den Erfolg der Maßnahmen einschätzen", sagt der Gersthofer Dienststellenleiter Kick. In Bayern soll schon bald ein Lkw-Parkleitsystem Abhilfe schaffen. Es soll entlang der A9 zwischen Nürnberg und München erprobt werden, 21 Parkplätze und Raststätten umfassen und etwa fünf Millionen Euro kosten.


"Dennoch werden die aktuellen Pläne und Baumaßnahmen des Bundes das Problem nicht lösen," sagt Rainer Hillgärtner vom ACE (Auto Club Europa). Der Verkehrsexperte analysiert, dass der Bund dem Bedarf immer nur hinterherbaue. "Am eigentlichen Dilemma ändert das Handeln nichts. Der ständig wachsende Güterverkehr müsste anstelledessen verlagert werden," sagt Hillgärtner. Er fordert eine zunehmende Verlagerung des Transports auf Schiff oder Schiene. Dann würde sich auch die Lage für die leidtragenden Trucker entspannen. Sie befinden sich im ständigen Spannungsfeld zwischen Termindruck, rechtlichen Vorgaben für Ruhezeiten und verantwortungsvollem Verhalten auf der Straße - und müssen irgendwann hoffentlich nicht mehr auf Plätze ausweichen, die den Verkehr gefährden.

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