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Windenergie: Bisher kaum Recycling von Rotorblättern

Mehr Windkraft ist das Ziel, nicht nur in Deutschland. Doch wenn die Anlagen in die Jahre gekommen sind, lassen sich ihre Rotorblätter nur schwer recyceln.


Knapp 30.000 Windräder drehten sich 2022 in Deutschland. Sie erzeugten 25,9 Prozent des deutschen Stroms und sollen als Teil der Energiewende künftig einen noch größeren Beitrag leisten. Je mehr Anlagen allerdings hinzukommen und je älter die bestehenden werden, desto stärker gerät die Frage des Recyclings in den Fokus. „Aktuell sind die Mengen, die zurückgebaut werden müssen, noch so gering, dass wir eigentlich immer noch vor der ganz großen Welle sind und Zeit haben, technische Lösungen weiterzuentwickeln", sagt Steffen Czichon, Abteilungsleiter Rotorblätter beim Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme. Andererseits: Das Umweltbundesamt erwartet in den kommenden 20 Jahren knapp 400.000 Tonnen Abfälle, alleine durch die Rotorblätter.


Beim Recycling von Windenergieanlagen sind das Fundament und der Turm das kleinere Problem. Sie werden im Wesentlichen aus Stahl und Beton gefertigt, für die es etablierte Recyclingverfahren gibt. Die Rotorblätter hingegen, die häufig 50, 60 Meter lang sind und mehr als 20 Tonnen wiegen können, bestehen neben Holz, Metall und Klebstoff vor allem aus Faserverbundkunststoffen. Bei älteren Modellen ist das meistens glasfaserverstärkter, bei neueren kohlenstofffaserverstärker Kunststoff - und in beiden Fällen lassen sich die einzelnen Komponenten nur schwer voneinander trennen. Forscher und Unternehmen arbeiten deshalb daran, Lösungen zu finden.


Windkraftanlagen länger rentabel als gedacht

Das Bremer Unternehmen Neowa hat Rotorblätter aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) bis zum letzten Jahr mittels Co-Processing recycelt. Bei dem Verfahren wird das Material geschreddert und zu einem Granulat verarbeitet, das als Ersatzbrennstoff in der Zement-Industrie eingesetzt wird. Gleichzeitig ersetzt der Glasanteil einen Teil des Sandes, der in der Zement-Herstellung verwendet wird.

Doch letztes Jahr wurde der Betrieb eingestellt, sagt Geschäftsführer Mika Lange, weil die Zahl der Rotorblätter stark zurückgegangen war. Der Grund: Die Windkraftanlagen werden teilweise länger betrieben als die geplanten 20 Jahre, da sie technisch in Ordnung sind; dank der gestiegenen Energiepreise sind sie auch dann noch rentabel, wenn die staatliche Förderung nach 20 Jahren ausläuft. Andere Standorte warten noch auf die Genehmigung, die alten Windräder durch größere und leistungsfähigere Anlagen auszutauschen und bauen sie noch nicht ab.


Weiterverwendung als Terrassendielen

Irgendwann müssen aber auch diese Rotorblätter recycelt werden. Das dänische Unternehmen Continuum plant deshalb gerade den Bau mehrerer Recycling-Fabriken. Dort sollen die Rotorblätter geschreddert werden, um daraus Verbundwerkstoff für Küchenarbeitsplatten oder Platten für die Bauindustrie herstellen zu können. Die fertigen Paneele bestehen laut Angaben des Unternehmens zu 92 Prozent aus recyceltem Material. Zudem habe das Verfahren den Vorteil, dass es den CO₂-Ausstoß, der bei der derzeit angewandten Verbrennung und Verarbeitung der Rotorblätterreste in Zementfabriken entsteht, drastisch reduzieren soll. Wie genau, das möchte Continuum nicht erklären. Anfang 2024 soll die erste Fabrik fertig werden, fünf sind europaweit geplant, eine davon in Deutschland. Die Fabriken sollen mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden und jeweils rund 36.000 Tonnen GFK im Jahr verarbeiten. Auch die Firma Novotech in Aschersleben in Sachsen-Anhalt recycelt GFK-Abfälle mittels mechanischen Recyclings: Die Flügel werden zu einem groben Pulver zerkleinert, das mit Holzspänen und weiteren Zusatzstoffen bei 170 Grad zu Terrassendielen geformt wird, die bis zu 30 Prozent aus einem Rotorblatt gefertigt werden.


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