1 subscription and 1 subscriber
Article

Mordversuch unter Brücke in Koblenz: Gibt es weitere Täter?

Koblenz. "Todesangst" habe er gehabt, als die drei mutmaßlichen Täter am 11. Juni vergangenen Jahres mit Fäusten auf ihn eingeprügelt, ihn wie einen Fußball getreten haben. Blut sei ihm in sein Auge geschossen. Die Augenhöhle brach. Er sei seit vergangenen Juni arbeitsunfähig, in psychologischer Behandlung. Das sagte am Dienstag eines der beiden Opfer, ein 38-Jähriger, vor dem Landgericht Koblenz aus. Angeklagt sind zwei 20-jährige und ein 19-jähriger Koblenzer, denen die Staatsanwaltschaft versuchten Mord vorwirft.


Von unserer Reporterin Sarah Kern

Eine besondere Sicherheitssituation herrscht an diesem Tag im Landgericht: Via Videokonferenz wird die Aussage des Opfers in den Schwurgerichtssaal 128 übertragen, auf eine riesige Leinwand. Das Opfer, gleichzeitig auch Zeuge, sitzt dabei nur wenige Meter nebenan, in einem Nebenraum, sein Verteidiger ist bei ihm. Weitere Schutzmaßnahme: Er muss bei seiner Vorstellung vor Gericht seinen Wohnort nicht nennen.


Die Vorgeschichte: Der Zeuge war als Begleiter seines Freundes, des 21-jährigen Hauptgeschädigten, an jenem 11. Juni 2014 mit zum Moselufer gefahren und wurde dort ebenfalls Opfer der Prügelattacke. Am Ufer wollten sich sein Freund und der Hauptangeklagte treffen. Grund: Der Hauptangeklagte soll nicht mit der Beziehung seiner Schwester zu dem Freund einverstanden gewesen sein.


"Ich hatte nie Angst in Lützel gehabt, aber seit diesem Tag hat sich alles geändert", sagt nun der 38-Jährige vor Gericht. Offensichtlich leidet er weiterhin unter den Folgen der Prügelattacke. In sich zusammengesunken und abwesend wirkt er. Er reibt sich an seinem Auge, auf dem er seit der Tat weniger als 50 Prozent Sehvermögen hat, ein Knochensplitter soll sich in seinem Auge befinden. Inoperabel.


Er schildert: Er sei an jenem Tag unter der Brücke am Moselufer in Lützel von hinten gepackt worden. Mit Sicherheit könne er ausschließen, dass es sich dabei um einen der drei Tatverdächtigen handelte. Der, der ihn gepackt hatte, damit ihm anschließend einer der Täter einen ersten Faustschlag ins Gesicht verpassen konnte, habe blonde Haare auf den Unterarmen gehabt. Über einen vierten und weitere Tatverdächtige wird nun spekuliert: Mutmaßlich sieben bis acht weitere Personen sollen hinter dem Brückenpfeiler an der Europabrücke am Moselufer gestanden haben, teilweise mit Gegenständen bewaffnet. 


Ob das Opfer die drei Angeklagten im Vorfeld gekannt habe und auch erkennen würde, wollen die Anwälte der Tatverdächtigen wissen. Es kommt zu einer Gegenüberstellung. Die Kamera im Gericht schwenkt auf die Tatverdächtigen. Dem 38-jährigen Opfer im Nebenraum fällt es leicht, die drei jungen Männer im Gerichtssaal als seine Peiniger zu identifizieren. "Darf ich auch eine Frage stellen?", will das Opfer wissen. Die Richterin lässt es zu. "Warum bin ich geschlagen worden?"

Original