1 subscription and 1 subscriber
Article

Koblenz international: Der Multikultibus, die Linie 354

Koblenz. Es ist die internationalste Linie in der ganzen Stadt. Die Linie 354. Überall in Koblenz steigen am frühen Morgen junge Leute aus aller Welt ein. Die 354 fährt vom Hauptbahnhof in Koblenz nach Mülheim-Kärlich. Sie durchquert dabei auch Lützel und das Industriegebiet im Koblenzer Norden. Wer sind diese jungen Menschen und was machen sie hier in Koblenz? Unsere Reporterin Sarah Kern fährt auch mit der Linie und hat sich ein Bild gemacht.


Von unserer Reporterin Sarah Kern

8.30 Uhr, Montagmorgen. Überwiegend sind es junge indische Männer auf dem Weg zur Arbeit, wenige Frauen sind auch dabei, die in die Linie 354 einsteigen. Ingenieure, gut ausgebildete junge Menschen aus anderen Teilen der Welt, die mitten unter uns leben. Sie sprechen kein oder kaum Deutsch.


Die meistem von ihnen arbeiten beim Autoteilezulieferer TRW. Das Unternehmen gehört seit Ende 2014 zum Konzern ZF. 9,5 Milliarden Euro hat ZF für den Deal gezahlt und erhofft sich nun, größer als Bosch in der Autoteilezulieferung zu werden. Bosch und ZF haben große Produktionsstandorte in Indien. Das erklärt, warum so viele junge indische Ingenieure zu uns nach Koblenz kommen.


Hari Krishna Elaprolu hat eine kleine Tüte dabei: "Da ist mein Mittagessen drin", verrät er. Er mag das deutsche Kantinenessen bei seinem Arbeitgeber, dem Autoteilezulieferer TRW, nicht so gern. Generell gefällt es dem jungen Ingenieur aus dem Süden Indiens, aus Bengalore, der drittgrößten Stadt nach Mumbai und Delhi, sehr in Koblenz. "Eine kleine, gemütliche Stadt, die Menschen hier sind alle freundlich und organisiert", sagt Krishna. Seit sechs Monaten ist er hier und arbeitet in der Softwareentwicklung.


Ryan Michael Morales ist 27. Er trägt ein kariertes Hemd unter seinem grauen Pullover, eine schmale Laptoptasche klemmt unter seinem Arm. "Business", sagt er. Morales spricht kein Deutsch, braucht er auch nicht, sein Arbeitgeber, TRW, ist ein multinationaler Konzern. Hier wird Englisch gesprochen. Morales kommt aus den USA, aus Michigan. Dort hat er studiert, eine Mischung aus Ingenieurwissenschaften und BWL. Seit Oktober ist er in Koblenz. Er findet es cool, die deutsche Arbeitswelt kennenzulernen.


Rajitha Suddala ist ein bisschen gestresst. Sie ist auf dem Weg zur Arbeit, zum Autoteilezulieferer TRW. Da arbeitet die 27-jährige Inderin als Ingenieurin. Am Tag zuvor versuchte sie, auf dem Koblenzer Einwohnermeldeamt ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern. Aber da sie kein Deutsch spricht, hat das nicht funktioniert. Sie hatte auch einen Bekannten dabei zum Dolmetschen, aber auch mit ihm klappte es nicht besser. Suddala hat einen roten Punkt auf der Stirn. Das bedeutet, dass sie vergeben ist. Koblenz mag sie sehr.

Adil Mamdouhi lebt bereits seit 15 Jahren in Koblenz. 2000, kurz nach dem Ende seines Bachelorstudiums, ist er von Marokko nach Deutschland gekommen. Er arbeitet als Projektmanager bei der Compugroup, einem Softwarehersteller für das Gesundheitswesen. Jeden Morgen um 8.30 Uhr nimmt er die Buslinie 354. "Man kennt sich hier, aber die Gesichter wechseln, viele bleiben nur ein halbes Jahr, ich bin schon eine Ausnahme", erklärt er in gutem Deutsch. Adil kann sich vorstellen, irgendwann wieder in seinem Heimatland zu leben.


Siva Prakash fällt schon allein deshalb an der Bushaltestelle auf, weil er täglich eine Proviantbox mit sich herumträgt. Prakash kocht sich sein Mittagessen selbst, erzählt er. Er isst einfach am liebsten Indisch, und er mag das deutsche Kantinenessen nicht. Er vermisst seine Heimat ein bisschen, die 9000 Kilometer entfernt ist. Im Süden Indiens. Dennoch möchte er hierbleiben, seine Zukunft soll in Deutschland sein, sagt er. Prakash ist Ingenieur, bei Bosch in Indien hat er ein Praktikum gemacht. In Koblenz arbeitet er bei TRW.

Agileish Jayadexan spricht nahezu perfekt Deutsch. 

So gut, dass man sich fragt, ob er überhaupt aus dem Ausland kommt. Ja, kommt er: aus dem Süden Indiens. Seit zwei Jahren lebt er in Koblenz, arbeitet beim Autoteilezulieferer TRW als Ingenieur. In Ingolstadt macht er parallel seinen Master in einem internationalen Kurs. „Freunde zu finden, war ein großer Antrieb für mich, die deutsche Sprache perfekt zu lernen", erklärt der junge Ingenieur. „Das ist ein Türöffner." Er mag Koblenz sehr, vor allem, dass hier alle so gut organisiert sind.


Viele der jungen Inder wohnen zusammen in einem Apartement in Koblenz-Lützel. Das ist wie in einer WG. Wir haben sie dort besucht.

Original