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Haus-Apotheken in der Diskussion

Apotheker und Allgemeinmediziner haben kontroverse Meinungen zu aktueller Debatte.


Ein Arzt darf eine Hausapotheke führen, wenn sich in der Gemeinde des Berufssitzes keine öffentliche Apotheke befindet und diese mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist. Trotz dieser fixen Regelungen ist es in Mediziner- und Apothekerkreisen ein sehr umstrittenes Thema. Apotheker Michael Herget, Leiter der Bahnhofsapotheke in Wiener Neustadt, findet Hausapotheken im ländlichen Bereich durchaus sinnvoll, „im städtischen Bereich ist es auf jeden Fall kontraproduktiv und nicht zielführend".

Denn die Stärken einer öffentlichen Apotheke im Vergleich zu einer Hausapotheke läge besonders bei der Zeit für die Beratungsleistung. „Apotheker ist der einzige Beruf, bei dem Akademiker im Verkauf stehen", so der langjährige Apotheker. Diese seien außerdem dafür ausgebildet, zu therapieren, die Aufgabe eines Arztes sei es, zu diagnostizieren.


„Hausapotheken haben keinen Vorteil"

Ähnlich sieht es auch Herbert Blümel: In seinen Augen hätten Hausapotheken gar keinen Vorteil, „es ist ein internationaler Standard, die ärztliche Tätigkeit von der Arzneimittelabgabe zu trennen". Außerdem sei es ein Volksirrtum, dass es leichter sei, einen Landarztposten nachzubesetzen, wenn eine Hausapotheke dabei sei.

„Das Problem liegt bei den Kassen, sie bekommen zu wenig bezahlt", zeigt sich Apotheker Herbert Blümel überzeugt und verweist darauf, dass es auch in Städten Probleme gibt, Arztstellen nachzubesetzen. Außerdem verweist er auf eine Aussendung der Österreichischen Apothekerkammer, in der die „Rund-um-die-Uhr"-Versorgung mit Arzneimitteln als enormer Vorteil einer öffentlichen Apotheke angeführt werde.


„Patienten in ländlichen Gebieten profitieren"

Eine gegenteilige Meinung hat Gerhard Zöchinger, der seine Praxis in Winzendorf-Muthmannsdorf betreibt. „Ich habe viele Patienten, die kein Auto besitzen und sich keinen Transport organisieren können. Bei meinen Hausbesuchen kann ich die Medikamente gleich mitbringen", erzählt er im Gespräch. Seiner Meinung nach steigere die Hausapotheke die Attraktivität des Landarztberufs um einiges und sei für die Patienten eine enorme Erleichterung.

Die Aussage, dass Ärzte mit einer eigenen Hausapotheke oft mehr Medikamente verschreiben würden, um auch mehr daran zu verdienen, hält der Allgemeinmediziner Gerhard Zöchinger für falsch: „Das ist ein Gerücht. Wer so etwas tut, schießt sich selber ins Knie."

Auch Manfred Tymciw, er hat seine Praxis in Bad Schönau, sieht ähnliche Vorteile einer Hausapotheke. Den Patienten bleibe ein zweiter Weg erspart und älteren Personen, die keine Transportmöglichkeit haben, werde dadurch auch geholfen. Von einer Konkurrenz zwischen seiner Hausapotheke und einer öffentlichen kann der Arzt nichts berichten: „Ich arbeite mit der Apotheke in Kirchschlag problemlos zusammen", äußert er sich gegenüber der NÖN.

Bezirksärztevertreterin Martina Dinhobl sieht es wie ihre Kollegen: „Es ist für die praktischen Ärzte am Land und deren Patienten viel praktischer." Es sei auch ein fixer Bestandteil der wirtschaftlichen Sicherheit und des Gesamtkonzepts eines Mediziners im ländlichen Bereich.

Zum Vorwurf, dass Ärzte mit einer eigenen Hausapotheke mehr Medikamente aufschreiben würden, hat Dinhobl eine klare Meinung: „Jeder Allgemeinmediziner verschreibt das, was der Patient braucht. Diese Gefahr sehe ich nicht." Eine Ausweitung von Hausapotheken auf den städtischen Bereich sei aber bislang kein Thema.


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