NÖN: Was waren Ihre Gefühle/Gedanken, als Sie erfahren haben, dass Sie gehen müssen?
Bernd Kolodziejczak: Also für mich war es ein Schock. Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Zusage des Bischofsvikars und des Bischofs gilt, also die Zusage für ein weiteres Jahr. Und eben drei Wochen vor Ende des Arbeitsjahres, das mit dem Schulschluss gleichfällt, habe ich fünf Minuten vor der Messe in der Sakristei erfahren, ich bleibe nicht. Es hat gedauert, bis ich es realisiert habe.
Pater Walter: Für mich war es insofern überraschend, ich habe jetzt vieles aufgebaut und bin mittendrin. Während die Landesausstellung noch läuft, bekomme ich eine neue Aufgabe. Und es ist jetzt eine gewisse organisatorische Notwendigkeit, dass ich bis Mitte November weiterhin jeden Samstag da bin und Leute durch das Neukloster führe. Auch in Zukunft soll ich für die Kultursachen, konkret das Museum, die Bibliothek und das Archiv, weiter tätig sein. Deswegen wird Wiener Neustadt von Pfaffstätten aus ein zweiter Stützpunkt für mich sein.
Was mir in Erinnerung bleibt, sind die vielen Beziehungen, Bekanntschaften, Freundschaften, die ich mit ganz vielen Menschen in Neustadt gelebt, geknüpft, vertieft habe. Ich glaube, das ist auch etwas, was Neustadt ausmacht - die Menschen in den verschiedensten Altersstufen, auch aus den verschiedensten Lebensräumen. Das wird auch das sein, was mir am meisten fehlen wird.
Pater Walter: Wiener Neustadt ist sicherlich die spannendste Stadt südlich von Wien, wo man als Seelsorger tätig sein kann. Es ist eine Stadt mit sehr vielen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Ich merke das auch in meiner Mitarbeit im Interreligiösen Forum mit den verschiedenen Religionen in der guten Zusammenarbeit. Es wird immer wieder erzählt, dass es früher Konkurrenz zwischen Dom und Neukloster gegeben hat, davon ist nichts mehr zu merken. Die Vielfalt sehe ich als großen Gewinn und bin dankbar, dass ich das acht Jahre lang miterlebt habe und mit prägen konnte.
Pater Walter: Mir fallen eine Reihe von Gottesdiensten ein, die ich hier gefeiert habe. Ganz konkret, wenn ich etwas hervorheben soll, der Gottesdienst immer im November für das Palliativteam. Es kommen die Leute des Spitals zusammen, um bei uns in der Neuklosterkirche an die Verstorbenen des vergangenen Jahres zu erinnern. Wenn da die Namen vorgelesen werden und ich bei etlichen sagen kann, ich hab die Leute im vergangenen Jahr begleitet - diese persönlichen Bindungen an Leute - das wird sicherlich weiter für mich prägend sein.
Kolo: Wenn ich jetzt wirklich eines herausnehmen soll, dann ist es sicher die eine FernsehMesse, die wir im ORF übertragen durften. Die Vorbereitungszeit war lange, über ein Dreivierteljahr. Dem ORF ist es wunderbar gelungen, diese Freude zu transportieren. Das haben wir dann durch viele Rückmeldungen erfahren.
Pater Walter: Das ist sicher etwas, was in der Geschichte des ORF so noch nicht vorgekommen ist: Dass in einem Jahr aus einer Stadt drei Fernsehmessen übertragen wurden. Im Jänner, September und November. Zweimal aus dem Neukloster und einmal aus der EK.
NÖN: Werden Sie mit den Leuten in Neustadt in Kontakt bleiben?
Ich werde in der nächsten Zeit, was fix ist, zu einigen Taufen und Trauungen nach Neustadt kommen. Wie ich praktisch dann die Freundschaften, die ich hier geschlossen habe, leben werde, weiß ich noch nicht. Es gibt ganz viele, die nach Poysdorf kommen, sowohl zur Amtseinführung am 15.9., wie zum Weinfest dann. So einen fixen Rhythmus wie Pater Walter habe ich nicht.
Pater Walter: Wenn ich eine halbe Stunde von hier entfernt bin, ist es leichter. Nach Poysdorf fährt man 1 Stunde 15 Minuten.
Pater Walter: Ich bin ab 1. September ganz Pfarrer in Pfaffstätten. Ich will nicht, auch wenn ein Stück meines Herzens hier bleibt, den Eindruck erwe cken, ich sei gezwungen oder ungern oder mit Vorbehalten dort. Ich versuche mich ganz darauf einzulassen. Ich werde dort mit den Kindern in der Volksschule beginnen, Ministranten aufbauen und versuchen, mit den Ehrenamtlichen die Pfarre zu gestalten.
Kolo: Ich kann dem nur zustimmen. So traurig es ist und so schwer es auch ist zu gehen, so offen bin ich für die neue Aufgabe. Ich habe schon ganz liebe Menschen in Poysdorf kennengelernt, die mich auch sehr überrascht haben. Im Juli war ich oben beim Pfarrer und plötzlich standen zwei Personen, der Werner und die Ingrid, mit einer Geburtstagstorte für mich da und gratulierten mir.
Da muss man ganz klar unterscheiden. Das eine ist der Abschied, der nicht leicht fällt und auch schmerzt. Und auch bei vielen Menschen in Wiener Neustadt Schmerzen und Traurigkeit hinterlässt. Aber das andere ist der Neubeginn mit anderen Menschen und das ist natürlich positiv und schön zu sehen.
Pater Walter: Jeder von uns hat Aufgaben, die er von anderen übernommen hat und die er anderen weitergibt. Jeder prägt es mit seiner eigenen Persönlichkeit, aber darf niemals so tun, als sei er der Einzige, der das tun könnte. Das ist ganz wichtig, dass wir auch diesen inneren Schritt zurück machen können und sagen: Ja ich setze mich ganz ein, bin bereit, wenn es notwendig ist, diese Aufgabe auch wieder in andere Hände weiterzugeben.
Pater Walter: Es wurde nach der Abschiedsmesse vergangenen Sonntag vom Pfarrgemeinderat des Neuklosters eine Linde für mich gepflanzt. Schon bei Pater Johannes und bei Pater Petrus hat man eine Linde gepflanzt, jetzt wird es also auch eine Pater Walter-Linde im Garten geben. Hoffentlich wird sie nicht so schnell eingehen.
Kolo: Von der Erlöserkirche nehme ich mir die Osterkerze des letzten Jahres mit, die hatte ich schon vorher, aber sie ist eine Erinnerung. Und von Neustadt nehme ich mir im Herzen ganz viele Menschen mit. Das ist das Größte, was ich mir mitnehme.
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