Donnerstag 02. August 2012 18:25
Medienmenschen mit Behinderung Gestaltung: Christoph Dirnbacher und Sandra Knopp
Die Medienbranche ist hart umkämpft: Jungjournalisten konkurrieren um Praktika und freie Mitarbeit. Langfristige Verträge sind rar und der Zeitdruck steigt. Doch welche Chancen haben Menschen mit Behinderung in dieser Branche? Bauliche Barrieren und die Angst davor, dass sie nicht mobil genug wären, erschweren ihnen den Einstieg.
Ein Rollstuhl fesselt nichtStefan Martin studiert Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg. Er ist von Geburt an blind. Rückschläge, wie die Ablehnung eines Praktikumsplatzes, trotz eines bestandenen Assessment Centers, haben ihn schwer gekränkt. Doch der 25-Jährige Salzburger ließ sich nicht entmutigen und sammelte erste praktische Erfahrungen im Radio- und Online-Journalismus. Im Sommer 2011 etwa absolvierte Stefan Martin ein einmonatiges Praktikum im Online-Ressort der Salzburger Nachrichten. Er arbeitete dort mit seinem eigenen Spezial-Laptop und übertrug die Texte per USB-Stick in das Eingabesystem. Inhaltlich gab es keine Probleme. Lediglich das visuell aufgebaute Redaktionssystem war für einen blinden Nutzer ungeeignet.
Studiotechnik nur für Sehende.
Auch Manfred Fischer hat seinerzeit bei den Salzburger Nachrichten erste praktische Kenntnisse erworben. Journalistische Grundlagen erwarb er in einem integrativen Lehrgang für angehende Journalisten. Heute arbeitet der Rollstuhlfahrer unter anderem für die Lokalzeitung Braunauer Warte, die zu den oberösterreichischen Nachrichten gehört. Außerdem schreibt er Reiseberichte in Medien, die sich speziell an behinderte Leser richten. Ein korrekter Sprachgebrauch ist dem studierten Historiker wichtig. Floskeln, wie "an den Rollstuhl gefesselt", gehören für ihn zu jenen sprachlichen Wendungen, die längst verschwunden sein sollten.
Barrieren im KopfUniversitätsprofessor Fritz Hausjell beschäftigt sich seit Jahren mit der Teilhabe von Minderheiten in den Medien. Der Kommunikationswissenschaftler der Universität Wien hat in seiner Forschung zwei Arten von Hindernissen identifiziert: Zum einen sind es ungeeignete Räumlichkeiten, die Journalisten mit Behinderung den Einstieg erschweren, zum anderen sind es die oft zitierten Barrieren im Kopf. Redaktionsleiter könnten sich oft nicht vorstellen, wie jemand, der behindert ist im Tagesgeschäft bestehen kann. Fritz Hausjell hat gelungene Beispiele für Integration in den Journalismus entdeckt, etwa bei der britischen Rundfunk Anstalt BBC. Gary O´Donoghue ist seit mehr als 20 Jahren Journalist bei der britischen Rundfunkanstalt BBC. Er gestaltet Radio- und Onlinebeiträge und steht auch für Nachrichtensendungen im Fernsehen selbst vor der Kamera. Der Innenpolitik-Experte ist mit acht Jahren erblindet. Für ihn ist die kommunikative Tätigkeit eines Journalisten, der ideale Beruf für Menschen, die nichts sehen. Ein Großteil des Jobs bestehe ohnehin aus Kommunikation. Technologische Fortschritte, wie Internet, oder E-Mail hätten die Arbeit im Gegensatz zu früher effizienter gemacht. Doch auch O´Donoghue benötigt beim Bearbeiten von Bildmaterial die Unterstützung eines Producers. Technische Hilfsmittel, wie ein Vorleseprogramm sind für seine Arbeit unerlässlich.
Chancengleichheit gefordertVon der Londoner Innenstadt zum Wiener Küniglberg. Rollstuhlfahrerin Barbara Sima moderiert erstmals 2010 an der Seite von Peter Rapp Licht ins Dunkel. 2011 folgt ein zweites Engagement für die Spendengala. Hauptberuflich arbeitet die studierte Architektin als Bausachverständige beim Land Steiermark. Sie beschäftigt sich mit der Barrierefreiheit von Gebäuden. Menschen mit Behinderung sind in Österreichs Redaktionen trotz zweier Integrativer Journalismuslehrgänge und vieler Sensibilisierungsmaßnahmen noch immer eine Ausnahmeerscheinung. Sollen hierzulande künftig mehr behinderte Journalisten in Redaktion arbeiten, so braucht es gleiche Bildungschancen, ein hohes Maß an Aufklärungsarbeit und den Mut es einfach zu probieren.