Offensichtlich benötigt der „Padrone“ wie Berlusconi in Italien genannt wird,
Nachhilfeunterricht, wenn es um vorbildliches Verhalten geht. Personen aus dem Umfeld des
74-jährigen Ministerpräsidenten werden beschuldigt, einen Prostitutionsring organisiert zu
haben. Vornehmlich junge Damen wurden zur Unterhaltung in seine Luxus-Villa in Arcore
bei Mailand geschafft, darunter auch die damals noch minderjährige Marokkanerin Karima El
Marough, genannt Ruby.
Die italienische Presse berichtet seit Wochen täglich. Ständig tauchen neue Zeugen auf, die
Ruby kennen und wissen, dass sie nicht nur getanzt, sondern sich auch prostituiert hat. Als
Gegenleistung gab es Schmuck und Geld. Sogar von fünf Millionen Euro Schweigegeld ist
die Rede, denn bei der ersten Kontaktaufnahme mit dem Premier war Ruby erst süße 16
Jahre alt.
Die Mailänder Staatsanwaltschaft will Beweise vorliegen haben, dass Berlusconi Wohnungen unterhielt, in denen er Prostituierte kostenlos unterbrachte. Die Vorwürfe sind nicht ohne. Schließlich hat der „Cavaliere“ offensichtlich sein Amt missbraucht, um Ruby im Mai vergangenen Jahres vor einer Verhaftung wegen Diebstahls zu bewahren.
Der italienische Regierungschef ist angreifbar, da das Verfassungsgericht in Rom ein seit
März 2010 geltendes Immunitätsgesetz für Regierungsmitglieder teilweise aufgehoben hat.
Von nun an entscheiden die Gerichte, ob und wann ein Berlusconi oder seine Anwälte vor
Gericht zu erscheinen haben. Als Entschuldigung gelten höchstens noch internationale
Gipfeltreffen.
Der ehemalige Richter und Autor für die Online-Zeitung „Il fatto quotidiano“ (Tageszeitung
der Fakten), Bruno Tinti, echauffiert sich in seinem aktuellen Artikel „Der Staatschef“ über
die Rubygate Affäre. Sollte im Falle eines Falles, Berlusconi tatsächlich verurteilt werden,
könne Tintis Ansicht nach durchaus ans Tageslicht kommen, dass der Premier an der
„Wahnvorstellung Omnipotenz“ leide.
Auch er spricht in seinem Blog von Werteverfall und davon, ob Berlusconi denn wirklich
glaube, dass er die Menschen für so dumm verkaufen könne. Ob er wirklich denke, dass er
über „Jahrzehnte Beschiss am Fiskus“ betreiben könne, auf Partys „minderjährige
Prostituierte vögeln“ könne, diese noch vor der Verhaftung schützen, und glauben, er käme
davon. Wie war das noch mal? Seine Anwälte haben dem Verfassungsgericht erklärt, dass
Berlusconi vom Gesetz nicht belangt werden könne, da er „anders sei als alle anderen.“
Lieber Silvio Berlusconi, das ist nichts Neues. Nur, kein Land will einen Premier, der
berühmt dafür ist, sich junge Prostituierte auf Partys einzuladen, der versucht die Polizei für
dumm zu verkaufen, der bekannt ist für Erpressung von Anwälten, wie im Fall Davis Mills.
Nun müssen die Gerichte in Mailand dafür sorgen, dass Berlusconi in dem einen oder
anderen Fall genauso behandelt wird wie alle anderen. Es wird Zeit.
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Bildquelle: Michela Bertuzzi (flickr.com) unter cc-by-sa
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