Die erste Frage, die gestellt wird, wenn mein Gegenüber erfährt, dass ich in Südafrika war, lautet ausnahmslos: „Wie ist es denn mit der Kriminalität dort unten?“ So als sei es unmöglich, sich in diesem Land frei zu bewegen.
Südafrika ist ein sehr freies Land. Eigentlich kann hier jeder machen was er will. Der Präsident des Landes, Jacob Zuma ist mit sechs Frauen verheiratet. Als er vor einigen Jahren Sex mit einer HIV-positiven Frau hatte, entgegnete der Präsident: „Wieso, ich habe doch hinterher geduscht?“ Der Karikaturist Zapiro zeichnet Zuma seitdem mit einem Duschkopf am Kopf. Vor zwei Jahren hieß es mal, Zuma wolle mit gutem Beispiel voran gehen und einen AIDS-Test machen.
„Er ist ein wildes Tier.“
Südafrika ist ein schönes Land. Ein Land voller wilder Tiere, Löwen, die sich die größten Brocken aus den Antilopen reißen und nach dem gesicherten Filetstück den Rest für das Rudel übrig lassen. Das erinnert an eine Bemerkung, die kürzlich im nationalen Fernsehsender SABC3 fiel. Es geht um den mittlerweile ehemaligen Youth Leader des ANC (African National Congress), Julius Malema. Da sagte die Großmutter über ihren Enkel in die Kameras: „Er ist ein Malema. Er ist ein wildes Tier. Niemand kann ihn aufhalten!“
Malema ist ein Troublemaker. Der 30-jährige Aufsteiger ist seit November 2011 für fünf Jahre suspendiert, kämpft gegen seinen Parteiausschluss. Es heißt, er könne Jacob Zuma gefährlich werden für dessen Wiederwahl als Parteivorsitzenden im Herbst 2012. Seine Anhänger lassen nicht von ihm ab. Gehen für Malema auf die Straße. Fraglich ist allerdings, ob jemand, der einen BBC-Reporter als „bloody agent“ bezeichnet, zu jeder Versammlung das menschenfreundliche Lied „Shoot the Boer“ spielen lässt und der offensichtlich in Korruption verwickelt ist, ein Vorbild sein sollte.
Wie gesagt, Südafrika ist ein freies Land, warum also nicht Bezug auf die leidensvolle Geschichte des Landes nehmen und mit den „Buren“ (den Afrikaanern, von Holländern abstammende Weiße) mal so richtig abrechnen. Ich bin ein „big man“ (Ausdruck für die Mächtigen), fahre dicke Jeeps, habe Bodyguards und Anhänger, die hoffen, dass einige meiner Goldmünzen in ihren Schoss fallen. Einzig Trost spendet die Tatsache, dass Malemas Antrag auf Aufhebung seiner fünfjährigen Dienstenthebung im Februar nicht stattgegeben wurde.
Schlechtes Management, schlechtes Benehmen
Noch jemand, der gerne Filetstücke für sich sichert, ist der Polizeichef Südafrikas, Bheki Cele. Seit Herbst 2011 sitzt er auf der Anklagebank – wegen „misconduct“, also wegen schlechten Benehmens. Übersetzt heißt dies wegen Korruption. Es geht um Mietverträge für Gebäude in Pretoria und Durban. Der Geschäftsmann Roux Shabangu hat Millionensummen für die Miete kassiert. Commander Bheki Cele hat zwar die Verträge unterzeichnet, kann jedoch unmöglich verantwortlich gemacht werden. Ende Oktober letzten Jahres wurde Cele beurlaubt, vom Staatschef Jacob Zuma persönlich. Der „National Police Commissioner“, erhält trotz Beurlaubung weiterhin seine vollen Bezüge. Nochmal zum Verständnis: Ich manipuliere Ausschreibungen, verschwende Staatsgelder und muss noch nicht einmal auf mein Gehalt verzichten, während ich angeklagt bin. Schönes Südafrika. Da lässt es sich leben.
Waffenhandel und Verantwortung
Die höchste aller Disziplinen der Korruption ist natürlich der Waffenhandel mit konfliktgetriebenen Ländern. Zumas Vize-Präsident, Kgalema Motlante steht wegen seiner Lebenspartnerin Gugu Mtshali im Fokus der südafrikanischen Presse. Mtshali soll etwa 104 Millionen Rand (etwa 10 Million Euro) an Bestechungsgeldern erhalten haben. Bei diesem zwei Milliarden Rand Deal ging es um die Auslieferung von Helikoptern in den Iran. Die involvierte Firma (360 Aviation) benötigte Regierungsunterstützung, um den Auftrag zu erhalten. 10 Millionen Rand Korruptionsgelder (Beratungsgebühr) und 94 Millionen Rand als Gewinnausschüttung wurden vereinbart. Tatsächlich gab es in Bryanstown ein Meeting zwischen Mtshali und Geschäftsführer der 360 Aviation Barry Oberholzer, schreibt die Sunday Times.
Die Literaturnobelpreisträgerin Nadine Gordimer hat nach sieben Jahren Buch Nummer 15 veröffentlicht. No Time Like The Present. Das bekommt man von seinen Eltern entgegnet, wenn man Dinge auf morgen verschieben will. Will heißen, Do it now!
Aber: Südafrika ist eine junge Demokratie und dass Freiheit auch Verantwortung heißt, muss noch gelernt werden.