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"Du musst mit dir alleine klarkommen"

Christoffer Kobusch: 160 Tage im Jahr auf See und gekonnter Couch-Surfer

ZEITjUNG hat mit einem jungen Deutschen gesprochen, der als Zivildienstleistender in Kapstadt hängen geblieben ist und als Skipper seine Unabhängigkeit genießt. Was bedeutet es eigentlich für 1,30 US-Dollar pro Seemeile zu arbeiten, sich kurzfristig auf alle Ozeane dieser Welt einzustellen und manchmal nicht zu wissen, wo man morgen schläft?


ZEITjUNG: Was hat dich am Segeln so fasziniert?


Christoffer Kobusch: Ich hatte während meiner 15-monatigen Zivildienstzeit in Südafrika ziemlich viele Freunde, die gesegelt sind. Man muss dazu sagen, dass das Segeln für viele Südafrikaner gutes Geld bedeutet, Visas für andere Länder wie die USA und ein gutes Leben.

 

Was hast du vorher gemacht?


Ach, ich habe mal ein halbes Jahr versucht, Politik und Geschichte in Münster zu studieren. Ich habe dann gearbeitet, um Geld für den Segelschein (Yachtmaster offshore) zu sparen.

 

Welche Situation bei einer Überführung war die kritischste bisher?


Das war im südchinesischen Meer, mein letzter Trip als erster Maat (der erste Offizier nach dem Kapitän) – es war während der Regensaison und alle drei Stunden kam eine fette Regenfront auf uns zu. Und das unter voller Besegelung. Das Großsegel war oben, ebenso die Fock (Vorsegel) und ratet mal, wer da rauf musste! Unsere Geschwindigkeit ist von 15 Knoten (ca. 28 km/h) Geschwindigkeit auf 45 Knoten (ca. 83 km/h) angestiegen.

 

Jetzt mal ehrlich, ist das Skipper-dasein eigentlich eine Männer-Domäne oder bist du auch auf weibliche Kapitäne gestoßen?


Bei uns sind von etwa 40 Kapitänen etwa 3-4 weiblich. Die Crews sind meistens männlich und die Damen gehen eher als Chefs (Köche) oder Stewardessen auf größere Schiffe oder Motorboote.

 

Welche Eigenschaften sollte man unbedingt mitbringen in deinem Job?


Geduld. Du musst auch mit dir alleine klar kommen. Oft ist man für über 40 Tage auf engstem Raum zusammengepfercht und da kommt es schon zu Spannungen. Das andere ist, dass wenn man nicht in der Marina ist, man ja keinen Strom hat, du kannst also nicht einfach einen Film auf deinem Laptop schauen. Du spielst Backgammon oder Schach oder liest. Es ist halt über weite Strecken einfach langweilig. Außerdem muss man sich im Klaren darüber sein, dass man keine finanziellen Sicherheiten hat. Ich habe kein Auto und keine Wohnung. Ich praktiziere als Couch-Surfer ein echtes Zigeunerleben.

 

Welches Schiff hat dir bisher am besten gefallen?


Der St. Francis 50 Fuß Katamaran. Der wird hier in Südafrika gebaut und hat ganz tolle Segeleigenschaften. Das ist ein Katamaran von Duncan Lethbridge, sehr schnell, sehr gut durchdacht. Das Teil kostet allerdings um die 900.000 US-Dollar.

 

Was war dein Geschwindigkeitsrekord bisher?


Das war auch auf dem St. Francis Katamaran, bei 25-30 Knoten Wind hatten wir vorm Wind eine Spitzengeschwindigkeit von 25 Knoten. Das sind aber auch so genannte High-Performance Katamarane.

 

Was gefällt dir in Südafrika im Gegensatz zu Deutschland?


Keiner arbeitet hier. (Chris lacht.) Also, du gehst irgendwo zum Frühstück, zum Brunch, zum Lunch, alle Bars sind immer voll. Nervig wird es allerdings, wenn du etwas erledigt haben möchtest.

 

Was vermisst du?


(Lange Pause.) Außer Freunden und Familie eigentlich gar nichts. Außer gutes Brot vielleicht. Hier ist das entweder nach einem Tag total matschig oder hart. Und das Bier ist nicht so gut.

 

Wie viele Seemeilen bist du schon gesegelt?


Etwa 50.000 Seemeilen. (32.000 Seemeilen heißt einmal um die Erde, Anm. der Redaktion.)

 

Was war dein schönstes Erlebnis?


Ich hatte viele gute Trips. Die Tour von China nach Australien war toll, landschaftlich einfach der Hammer. Wir waren auch in Papua-Neuguinea, das war so ursprünglich und einfach fantastisch. Die besten Partys feiert man aber in Brasilien oder der Karibik.


Bildquelle: Christoffer Kobusch

 

 

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