Sally Delin / Dr. Esther Schomacher / Dr. Annika Nickenig
Das Daten per Computer ist älter als viele vermuten. Laut Annika Nickenig gaben bereits in den 50er Jahren Studenten an der Universität Harvard Daten von Partnersuchenden in Computer ein. Basis waren vorher ausgefüllte Fragebögen. Die Figur des Heiratsvermittlers beziehungsweise der Kupplerin galt in früheren Jahrhundert immer ein wenig als verdächtig, weil sie auch Eigeninteressen oder ökonomische Interessen haben konnte.
Ökonomie auch heute noch mit im SpielDas ökonomische Interesse ist heute immer nur noch da, so Nickenig, neu sei nur der Algorithmus. Das verspreche mehr Objektivität und Wissenschaftlichkeit. Verändert habe ich aber das ökonomische Verhalten, erläutert Esther Schomacher. Bei der Heiratsvermittlung ging es um Mitgift, Erbzahlungen, Brautgeld oder ähnliches, also Zahlungen vor der Eheschließung. Außerdem gab es mehr Reglements der Brautwerbung, unter anderem durften die Paare sich häufig nur unter Bewachung treffen. Die heutigen Dating-Apps hätten aber auch eine ökonomische Basis, seien aber auf kontinuierliche Zahlungen ausgelegt.
Romantische Liebe seit 200 JahrenSchomacher und Nickenig haben sich mit der Liebe und ihren Verstrickungen in der Literatur beschäftigt. Die habe die heutige Vorstellung von romantischer Liebe geprägt. Diese Konzept gebe es bereits seit rund 200 Jahren. Liebe und Ökonomie seien aber auch bei der romantischen Liebe nicht immer als Widerspruch gesehen worden. Sie seien durch die europäische Kulturgeschichte sogar hindurch eng miteinander verwoben. Die Wissenschaftlerinnen wollen genau das sichtbar machen.
Die internationale Tagung unter dem Titel „Gefühl und Kalkül. Heiratsmärkte und Singlebörsen von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart" wird gemeinsam von der Zeppelin-Universität (ZU) in Friedrichshafen und der Humboldt-Universität (HU) in Berlin angeboten. Sie dauert noch bis zum 1. Oktober. Dr. Esther Schomacher ist vom Fachbereich Kulturwissenschaften und Kommunikationswissenschaften an der ZU und von Dr. Annika Nickenig vom Institut für Romanistik an der HU.
Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 29.09.2022 auf SR 2 KulturRadio. Das Foto ganz oben zeigt ein Paar, das sich an den Händen hält. (Bildquelle: Pixabay)