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„Leser spüren Lieblosigkeit"

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"Wir brauchen aktuelle Bilder von Gott!" Auch mit ungewöhnlichen Anfragen wie dieser hatte es Bildredakteurin Lydia Gribowitsch im Laufe ihrer Karriere zu tun. Lachend erinnert sie sich, dass selbst diese Seite nicht leer blieb. Herausforderungen anzunehmen und gute Lösungen zu finden, ist Teil ihres Berufs. Bildredakteure seien nämlich weit mehr als nur Suchmaschinen. "Es immer trotzdem versuchen, sich nicht demotivieren lassen", rät Gribowitsch Kollegen. "Natürlich suchen wir Bilder, die der Kunde will, aber es ist wichtig, dabei eine eigene Meinung zu entwickeln." Ihr Wissen und Können setzt die Wahlwienerin seit inzwischen zehn Jahren bei News Leben ein. In der Konferenz hört sie, welche Themen geplant sind, erhält eine Themenliste, redet mit Redakteuren und teilweise mit dem Artdirektor. Sie stellt eine Vorauswahl zusammen, aus der die Redaktion später ihre Favoriten auswählt. Dabei berücksichtigt Gribowitsch Kosten ebenso wie Foto- und Persönlichkeitsrechte. "Bilder zu klauen, ist für mich sowieso, wie jemandem die Handtasche zu klauen", sagt sie. Aber nicht nur rechtlich, auch inhaltlich herrscht oft zu wenig Respekt vor Bildern, selbst in Redaktionen. "Wenn man ein Bild anschaut, erfährt man eine ganze Geschichte", weiß sie und ist überzeugt, dass Leser jegliche Lieblosigkeit spüren.

Mehrere Stunden pro Woche nimmt sich die Bildredakteurin einige Stunden Zeit, um am Ball zu bleiben: "Man muss immer informiert sein, was es im Netz gibt, auch in Metasuchmaschinen, welche neuen Agenturen am Markt sind, welche Fotografen für welchen Stil stehen usw."

Kämpferisch. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat Gribowitsch erlebt, wie ihr Beruf mal mehr, mal weniger ernst genommen wurde. Als die ausgebildete Journalismus- und Bilddokumentarin Mitte der 80er-Jahre von Hamburg nach Wien zog, stellte sie erst einmal fest, dass es den Job hierzulande nicht gab. "Man wollte mich sogar als Bildhauerin vermitteln", schmunzelt sie. Doch nach und nach entwickelte sich der Beruf auch in Österreich. Kurt Falk holte Gribowitsch zur Ganzen Woche und zu täglich Alles. Sie bereiste die Welt, organisierte Shootings, sichtete unzählige Bilder, arbeitete mit Fotografen und Artdirektoren zusammen. Später ging sie zu profil, lernte kurz auch die Welt der Werbung kennen, landete wieder bei Falk und schließlich bei tv-media. "Aber das war die Zeit der große nBrüste und der Freisteller, da hat bei mir der Feminismus durchgeschlagen", erklärt sie ihre damalige Entscheidung zum Wechsel. Heute freut sich Gribowitsch, wenn sich jüngere Kollegen kämpferisch zeigen. Anfänger sind übrigens am besten in einer Fotoagentur aufgehoben: "Da lernt man beim Beschriften und Verkaufen einfach alles." Sie ist überzeugt: "Bildredakteurin ist ein schöner Beruf. Und einer, den es immer geben wird."

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