4 subscriptions and 4 subscribers

"Wir machen Menschendiplomatie"

Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft setzt sich für Austausch und Verständigung ein - Deren Vorsitzender ist der ehemalige Spiegel-Redakteur Felix Kurz

Rhein-Neckar. (heb) Der Westen tut sich schwer mit dem gewachsenen Selbstbewusstsein Chinas. Spätestens seit Donald Trump dem aufstrebenden „Reich der Mitte“ den Wirtschaftskrieg erklärt hat, haben die Dissonanzen im Verhältnis zu China auch in Europa zugenommen.

„Wir haben etwas gegen Vorurteile“, betont der Vorsitzende der Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft Metropolregion Rhein-Neckar, Felix Kurz, und stellt fest, dass in Deutschland zu wenig Kenntnisse über China vorhanden seien.

Ohne Zweifel hat sich die Volksrepublik in weiten Teilen enorm entwickelt. „Welches Land hat es geschafft, 500 Millionen Menschen aus der Armut rauszuholen?“, fragt Kurz. Chinas Bedeutung habe weniger mit der Strategie eines autokratischen Herrschers zu tun, als mit dem Anspruch von 1,4 Milliarden Erdbewohnern, in zumindest relativem Wohlstand zu leben.

Er betont die friedliche Entwicklung. „China war nie Kolonialmacht. Die Chinesen machen anderen keine Vorschriften, wie sie zu leben haben.“ Dass Kanzler Scholz trotz Gegenwind auch aus der eigenen Koalition nach dem Parteitag als erster nach China geflogen ist, nötigt ihm Respekt ab.

„Von Chinas Wirtschaftsaufschwung profitieren alle“, betont der ehemalige Spiegel-Redakteur, der das Land durch zahlreiche Besuche und Kontakte gut kennt. Neben großen Konzernen wie VW, BASF oder SAP sind über 6000 kleinere deutsche Unternehmen in China engagiert.

Mit Kult-Fußballtrainer Klaus Schlappner und dem damaligen 1. Bürgermeister Mannheims Norbert Egger rief er 2012 das Deutsch-chinesische Jugendfußballturnier ins Leben. Bisher hat es sechs Mal stattgefunden, drei Mal in China und dreimal in der Metropolregion. Beteiligt waren Mannschaften aus der Region wie Astoria Walldorf.

Im November feierte der Verein im Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim mit dem chinesischen Generalkonsul Sun Congbin und zahlreichen Gästen 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und der Volksrepublik China.

Die Mitglieder, darunter etliche Unternehmen, verbinde das Interesse an der Kultur und am Austausch. Durch persönliche Begegnungen gewinnt man Verständnis für den anderen, weiß der 69-Jährige.

Vorträge sind auch in diesem Jahr geplant, darunter einer zum Thema Hongkong. Und am 14. Februar feiert der Verein nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause zum sechsten Mal zusammen mit der Stadt Mannheim und dem chinesischen Generalkonsulat das Baden-Württembergisch-Chinesische Frühlingsfest im Barockschloss Mannheim. Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat die Schirmherrschaft.

„Wir machen Menschendiplomatie“, sagt Kurz, „auch um der Klimavergiftung auf der politischen Ebene entgegenzuwirken.“ Denn als „systemischer Rivale“ sei China Vorwürfen ausgesetzt, die sich bei näherem Hinsehen häufig als ideologisch motiviert erwiesen hätten.

Im Verein komme der gegenseitige Respekt an erster Stelle. „Keine Kultur steht über einer anderen“, betont der Mannheimer und führt aus:

„Unsere Freundschaftsgesellschaft hat das Ziel, deutsche und chinesische Menschen zusammenzubringen und das Verständnis und den Respekt gegenüber den sehr unterschiedlichen Kulturen zu fördern. Deshalb initiieren und fördern wir Austauschprojekte im Bildungs- und Ausbildungsbereich, im Kultur- und Sportbereich, im Wissenschafts-, Wirtschaft-, Gesundheits- und Umweltbereich. Ein wichtiges Themenfeld ist auch der Jugend- und Schüleraustausch. So haben wir mit der Max-Weber-Schule in Sinsheim einen Schulpartnerschaft mit der Hui-Schule in Shenyang (Provinz Liaoning) organisiert.“

Schülerinnen und Schüler aus beiden Schulen haben sich schon gegenseitig besucht. Die Schulpartnerschaft soll jetzt nach der Pandemie wieder stärker aktiviert werden.

„Die Hui sind eine moslemische Minderheit in China und können sowohl ihren Glauben als auch ihr Brauchtum ohne jegliche Einschränkung bewahren“, ergänzt Kurz und weiter:
„Uns geht es um die Menschen, um Freundschaft und das Gemeinsame, nicht um die Regierungen“.

Ob bei Klimaschutz oder Gesundheit, die Mitglieder können – laut Kurz – viel bewirken. „Uns geht es darum, eine Ebene zu finden, auf der wir gemeinsam agieren, aber auch Kritik äußern und Positionen verdeutlichen können“, sagt der Vorsitzende und ergänzt: „Wir sind an wirtschaftlichem Fortschritt und einer friedlichen Welt interessiert. Das motiviert uns.“

Ach ja, und noch etwas begeistert ihn: Das chinesische Essen.

(Erschienen am 14.02.2023 in der Print-Ausgabe der Rhein-Neckar-Zeitung)