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ÖVP-Kandidat droht Migrantenzeitung

Mustafa Iscel droht einer türkischsprachigen Zeitung den Verlust von Inseraten des Wiener Wirtschaftsbunds an

Sogenannte Migrantenkandidaten wie Resul Ekrem Gönültas von der SPÖ und Hasan Vural von der ÖVP werben derzeit intensiv um Stimmen der wertkonservativen und verbandsorientierten türkischen Muslime. Zusätzlich lassen sie in türkischsprachigen Wiener Zeitungen und Zeitschriften inserieren.

So auch Mustafa Iscel, Nationalratskandidat der ÖVP, der bereits im Wahlkampf 2006 für Aufsehen sorgte, als er auf türkischsprachigen Plakaten mit dem Slogan warb: "Falls Sie nicht wollen, dass der Völkermord an den Armeniern anerkannt wird ... wählen Sie ÖVP!!!" Daraufhin verschwand er von der Bildfläche. Nun kandidiert Iscel wieder für die ÖVP als Nummer 19 auf der Wiener Landesliste - und steht im Mittelpunkt pikanter Anschuldigungen.

"Interview, sonst werden Inserate annulliert"

Die türkischsprachige Wiener Zeitung "Yeni Nesil" bekam am 10. September eine SMS von der privaten Telefonnummer Iscels. Darin droht dieser dem Herausgeber Ergün Sert: "Lieber Ergün, Dr. Biach (Direktor des Wiener Wirtschaftsbunds, Anm.) sagt, dass, wenn kein Interview mit mir vor den Wahlen in deiner Zeitung rauskommt, dass in diesem Fall Inserate annulliert werden. Ich wollte nur, dass du das weißt. Grüße, Mustafa Iscel."

Erst am Abend des 23. September wird ein Screenshot der SMS auf der Facebook-Fanseite von "Yeni Nesil" veröffentlicht. "Der Grund für die spätere Veröffentlichung dieser Drohung ist einfach: Er hat uns nach einem Interview in einer anderen Zeitung indirekt beschuldigt, käuflich zu sein. Da ist mir der Kragen endgültig geplatzt", sagt Herausgeber Sert im Gespräch mit daStandard.at.

Natürlich würden in seiner Zeitung auch Kandidaten inserieren, dafür seinen Artikel oder Interviews aber nicht Bedingung. So habe man in der aktuellen Ausgabe einen Brief der grünen Gemeinderätin Alev Korun veröffentlicht, die darin beide Großparteien kritisiert, da diese die Migrantenkandidaten nur für den Stimmenfang benützen würden.

Iscel verweist auf zweite SMS

Angesprochen auf seine Droh-SMS verweist Iscel selbst auf eine zweite SMS, die Sert nicht veröffentlicht habe. Darin relativiert Iscel seine Drohung und hält fest, dass sie im Affekt geschehen sei. Dennoch fühlt sich Iscel so kurz vor der Wahl bewusst angegriffen und verweist auf den Unternehmer Ergün Kuzugüdenli, der hinter dieser Kampagne gegen ihn stecken soll. Kuzugüdenli, der dem Wahlkampfteam des ÖVP-Kandidaten Hasan Vural angehört, kritisiert wiederum auf seiner Facebook-Seite Iscels Aktion und beendet seinen Eintrag mit "Ergün Kuzugüdenli - Ansprechperson für türkischstämmige Unternehmen".

"Ich kenne Kuzugüdenli nicht einmal persönlich und lasse mich prinzipiell nicht erpressen", sagt Zeitungsherausgeber Sert. Er habe die ohnehin angespannte Atmosphäre unter den türkeistämmigen Kandidaten nicht weiter aufheizen wollen. Er habe Iscel nach Erhalt der SMS zur Rede gestellt und, als dieser abgeblockt habe, direkt den Wirtschaftsbund-Direktor Alexander Biach angerufen. Dieser habe ihm damals versichert, dass Iscel mit ihm natürlich nicht gesprochen habe und Iscels Aktion ein klarer Fehler gewesen sei. Biach war für daStandard.at am Dienstag telefonisch nicht erreichbar.

Am Dienstagabend distanzierte sich Markus Langthaler, Pressesprecher des Wiener Wirtschaftsbundes, per Mail von Iscels Droh-SMS: "Wir haben durch die Kontaktierung seitens des Herausgebers von dieser Droh-SMS erfahren. Wir sind entsetzt und haben dies auch dem Herausgeber gegenüber zum Ausdruck gebracht." (Rusen Timur Aksak, daStandard.at, 24.9.2013)

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