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Wie eine spanische Ex-Soldatin zur Betreiberin des ersten queeren Barbershops in Berlin wurde

Berlin Wenn Sara O'Neill morgens ihren Barbershop aufschließt, fällt ihr erster Blick nicht etwa auf Scheren, Barttrimmer oder Haarwachs. Spanische Biere, ein besonderer Strawberry-Gin aus Sevilla und andere Spirituosen schmücken direkt hinter dem Eingang die Wandregale des „LaBarBer". Wer die Pannierstraße 56 in Neukölln für einen Haarschnitt aufsucht, muss sprichwörtlich ein bisschen in die Tiefe des Raumes eintauchen.

Im Vordergrund werden in der Bar Drinks ausgeschenkt, weiter hinten im Ladenlokal fallen die Haare. Genauso hat Sara O'Neill mit ihrer Geschäftspartnerin und Barberin Eileen John den ersten queeren Barbershop in Berlin geplant. „Wir wollten unseren Raum für Haar- und Bartpflege hinten im Gebäude haben, weil wir queeren Menschen einen sicheren Ort bieten wollen, an dem sie sich wohlfühlen", sagt O'Neill.

Etwas zu verstecken hat die Halb-Spanierin und Halb-Irin dennoch nicht. Bevor sie vor rund einem Monat ihren eigenen Barbershop eröffnete, arbeitete sie in anderen Barberläden. „Wenn du als Frau in einem Barbershop arbeitest, akzeptiert das nicht automatisch jeder. Manchmal habe mich schlecht gefühlt, wenn Kunden sagten: ‚Wie kann eine Frau meinen Bart rasieren, wenn sie selbst keinen hat?'", sagt O'Neill. Doch von ihrem Traum - sich in der vermeintlichen Männerdomäne „Barbershop" einen Namen zu machen - hat sie sich nicht abbringen lassen.

„Wir wollen die Regel brechen, dass ein Barbershop nur etwas für Männer ist", sagt O'Neill. Neben einer Bartbehandlung - inklusive Rasiermesser und heißen Handtüchern auf dem Gesicht für 15 Euro - färben O'Neill und ihr Team auch Haare und bieten jegliche Schnitte für Frau und Mann an. „Wir behandeln hier deine Haare, nicht dein Geschlecht. Haare haben kein Geschlecht", sagt O'Neill. „Es geht einzig und allein um das Handwerk."

Köpfe zu frisieren war schon immer O'Neills Leidenschaft. Dass sie es allerdings einmal hauptberuflich machen würde, war vor rund 15 Jahren noch nicht abzusehen. O'Neill war zehn Jahre lang bei der spanischen Armee, hat dort nebenbei Luftfahrttechnik studiert. Sie habe schon immer gerne Sport gemacht und wollte sich auch im Job gerne viel bewegen, antwortet sie auf die Frage nach ihrer Faszination für die Armee. „Irgendwann habe ich damit angefangen, meinen Kollegen bei der Armee die Haare zu schneiden und mich auszuprobieren", sagt O'Neill.

Trotzdem zog es sie zunächst mit der Aussicht auf einen besser bezahlten Job als Mechanikerin hierzulande vor vier Jahren nach Deutschland. Weil ihre Deutschkenntnisse aber nicht ausreichten, entschied sie sich, fortan als Barberin zu arbeiten und tauschte Schraubschlüssel und Hammer gegen scharfe Rasiermesser und Bartöl.

Ihre Kundschaft ist so divers, wie O'Neill es sich immer gewünscht hat. „Zu mir kommen Araber, die ich von meinem früheren Arbeitgeber kenne und die meine Arbeit schätzen, aber auch viele spanische Menschen, weil ich Halb-Spanierin bin", sagt sie. „Am meisten an meinem Job mag ich, dass ich für jeden Kunden etwas Magisches kreiere", sagt O'Neill.

Trotz der hohen Dichte an Barbershops in Neukölln glaubt O'Neill, dass jeder genug Kunden zum Frisieren findet. „Wir respektieren uns alle gegenseitig und sehen uns nicht als Konkurrenten. Wir haben auch ein völlig anderes Konzept", sagt sie. Und das sieht neben der Bar und dem Barbershop in Zukunft auch noch ein Tattoostudio vor. Denn hinter den Friesierplätzen gestaltet O'Neill gerade einen weiteren Raum um, in dem eine Freundin von ihr bald Kunden tätowieren wird. Wenn Sara O'Neill vom „LaBarBer" spricht, spricht sie mittlerweile schon von einem „Mini-Shopping-Center" in Neukölln.

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