Wer seinen Traumberuf sucht, muss etwas wagen. Doch vielen fehlt der Mut, denn schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt oder geringe Bezahlung haben in den vergangenen Jahrzehnten viele Mutige bestraft. Langsam verbessern sich aber die Aussichten: Angehende Arbeitnehmer müssen künftig weniger befürchten als die Generation ihrer Eltern - aber wichtig bleibt eine gute Ausbildung. Die besseren Aussichten verdanken junge Menschen hierzulande dem demografischen Wandel: Reicher Kindersegen bleibt aus, stattdessen vergreist und schrumpft die deutsche Bevölkerung. Das stellt die Wirtschaft im Land vor Probleme. Die Unternehmen konkurrieren um den rar vorhandenen Nachwuchs. Der Fachkräftemangel wird sich in Zukunft noch deutlicher bemerkbar machen. Aber gilt das für alle Berufe? Stehen nun auch Philosophen und Ökologen rosige Zeiten auf dem Arbeitsmarkt bevor?
Trotz Vollbeschäftigung werden manche Berufe auch in Zukunft überlaufen bleiben. Das Risiko, völlig auf der Strecke zu bleiben wird aber deutlich geringer. Denn in einer vollbeschäftigten Gesellschaft kann man notfalls leichter ausweichen, wenn die ideale Stelle nicht zu haben ist. Geisteswissenschaftler, Architekten und Biologen werden es auch künftig nicht einfach haben.
„Unternehmen werden Geisteswissenschaftlern nicht nachlaufen"Die Geisteswissenschaften stehen nicht gerade für traumhafte Berufsaussichten und üppige Einkommensperspektiven. Der Übergang vom Studium in den Job ist oft schwerfällig, es gibt wenige Vollzeitstellen und die Löhne sind niedrig. Daran wird sich auch in Zukunft nicht allzu viel ändern. „Die Unternehmen werden den Geisteswissenschaftlern nicht nachlaufen", sagt Unternehmensberaterin Maria Kräuter. Der Arbeitsmarkt für diese Berufsgruppe bleibe auch in wirtschaftlich guten Zeiten relativ klein. „Besonders in den ganz klassischen Bereichen wird es immer schwierig bleiben." Dazu zählten Historiker sowie Berufe im Kulturbereich, etwa in Museen und Theatern.
Dennoch sind geisteswissenschaftliche Studienfächer beliebt, wie die Bundesagentur für Arbeit im aktuellen Arbeitsmarktbericht für Akademiker feststellt: Rund 96.000 Studienanfänger entschieden sich demzufolge 2010 für eine Geisteswissenschaft, das waren 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Auch die Zahl der Absolventen wird größer: 2010 waren es 43.000, doppelt so viele wie noch 2001. Allerdings gab es gleichzeitig nur 2000 gemeldete Stellen. Es ist also nicht verwunderlich, dass Geisteswissenschaftler immer öfter auch auf andere Bereiche wie Kundenberatung oder Public Relations ausweichen müssen, auch wenn das nicht unbedingt ihrer Qualifikation entspricht.
Völlig aussichtslos ist ein geisteswissenschaftliches Studium aber auch in Zukunft nicht. „Wer offen für technische Entwicklungen ist, hat bessere Berufschancen", sagt Kräuter. Das bedeutet zum Beispiel Software- und Spielentwicklung statt Kinderbuch-Illustration. Ohnehin wird in den Geisteswissenschaften nicht für bestimmte Berufe ausgebildet. „Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass man seine Stelle nach dem Studium selbst kreieren muss", sagt Kräuter. Dazu sei Kreativität und Eigeninitiative erforderlich. Und gegebenenfalls der Wechsel in eine fachfremde Tätigkeit.
Überangebot an Architekten in den nächsten JahrenFachkräfteüberschuss statt -defizit, das gilt auch für den Beruf des Architekten. „Seit vielen Jahren werden rund doppelt so viele Leute ausgebildet wie die Architekturbüros benötigen", sagt Thomas Welter vom Bund Deutscher Architekten. Und die Zahl der Studienanfänger steigt weiter: Etwa 10.000 Erstsemester studierten 2010/11 Architektur, das sind sieben Prozent mehr als im Jahr zuvor. Rückläufig hingegen war im selben Zeitraum die Zahl der Absolventen. Sie ging um sieben Prozent auf 6700 zurück.
Momentan steigt Welter zufolge zwar die Nachfrage leicht, Architekturbüros bauten aufgrund der verhältnismäßig guten wirtschaftlichen Lage tendenziell Personal auf. „Es wird aber auch in den nächsten Jahren ein Überangebot auf dem Arbeitsmarkt geben." Architekten werden sich also auf absehbare Zeit gegen eine große Konkurrenz durchsetzen müssen. „Wer eine Begabung hat und sich mit seinem Beruf identifiziert, kann durchaus gute Einkünfte erzielen."
Aber auch im Architektenberuf ergeben sich unterschiedliche Berufschancen: „Die Entwurfsplanung ist gnadenlos überbesetzt, während es in der Bauüberwachung durchaus einen Mangel an Fachkräften gibt", sagt Welter.
Angespannter Arbeitsmarkt bei den BiologenInnerhalb der Naturwissenschaften ist der Arbeitsmarkt der Biologen vergleichsweise angespannt. Relativ wenige Stellenangebote richten sich direkt an Biologen, oft handelt es sich um befristete Verträge. Die Zahl der Arbeitsplätze steigt seit einigen Jahren deutlich an, mit jährlich mehr als 7000 Absolventen gibt es aber auch mehr Nachwuchs als je zuvor. Trotz schwieriger Berufsaussichten ist auch die Biologie ein beliebtes Studienfach: 2010 lag die Zahl der Erstsemester bei über 15.000 und damit doppelt so hoch wie der Schnitt der 1990er Jahre. Insgesamt rund 49.000 Studenten waren 2010 im Fach Biologie eingeschrieben. Das sind viel mehr als der Markt abnehmen kann, findet Carsten Roller vom Biologenverband Vbio. „Die riesige Auswahl an Master-Studiengängen zeigt, dass biologischer Sachverstand gebraucht wird." Aber: „Wir benötigen nicht jedes Jahr 100 Forensik-Absolventen."
In der biomedizinischen Forschung bleiben die Berufsaussichten in den nächsten Jahren gut. „Das ist ein Jobmotor", sagt Roller. Das gelte auch für Biotechnologie-Firmen und die klinische Forschung. „Wer allerdings im Bereich der Grünen Gentechnik arbeiten will, sollte sich besser in Amerika umsehen, denn das ist hier politisch nicht gewollt." Besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt hätten es auch in Zukunft die Ökologen, denn sie müssen mit zahlreichen Ehrenamtlichen konkurrieren, die für niedrige Löhne arbeiten.
Ob Geisteswissenschaften, Architektur oder Biologie, gerade anhand dieser Neigungsberufe wird deutlich, dass es in einigen Jobs auch in Zukunft schwierig sein wird, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten. Hier wird es weiterhin einen Überschuss an Fachkräften geben. Chancenlos ist dennoch kaum jemand: Wer den Blick über den Tellerrand wagt, wird in anderen Bereichen fündig.
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