zeitgeschichte|online: Seit Januar 2022 sind Sie Leiterin des Archivs der Stiftung automobile welt eisenach und gleichzeitig stellvertretende Museumsleiterin. Wie sind Sie dahin gekommen?
Jessica Lindner-Elsner: Im Jahr2017 begann ich die Recherche für meine Doktorarbeit. Da ich über das Automobilwerk-Eisenach (AWE) als Beispiel für die ostdeutsche Automobilindustrie geschrieben habe, führte mich mein Weg zwangsläufig hier in dieses Archiv. Ich habe 2017 direkt damit begonnen einen Bestand zu erschließen, der noch nicht erschlossen war. Dieser Bestand, den ich für sehr wichtig erachtet habe, dokumentiert den Betriebstrat und das Wirken der Gewerkschaft hier am Standort während der Nachwendezeit. Somit habe ich vor Ort Grundlagenarbeit betrieben.
2019, als ich gerade aus der Elternzeit zurückgekommen bin, habe ich das Angebot bekommen, dass ich hier in Teilzeit neben meiner Dissertation arbeiten könnte. Bei der Hans-Böckler-Stiftung gibt es eine Vereinbarung, dass die Stipendiaten nicht mehr als 20 Stunden im Monat nebenbei in anderen Projekten arbeiten dürfen. Unter diesen Voraussetzungen bin ich dann hier als Assistentin der Geschäftsführung eingestiegen. Damals habe ich Schwerpunktmäßig im Archiv gearbeitet, aber auch bereits Ausstellungen mit erarbeitet. Je länger ich hier gearbeitet habe und desto weiter meine Doktorarbeit voranschritt, war mit der Zeit abzusehen, dass ich mit der Beendigung meiner Dissertation hier eine Festanstellung bekommen könnte. Mein Chef und ich haben darauf hingearbeitet, dass das so funktioniert. Es hätte gar nicht besser laufen können.
Ich kann vielleicht noch ergänzen, dass Ende 2020 der damalige Archivleiter gekündigt hat. 2021 habe ich dann bereits versucht das Archiv mit diesen fünf Wochenstunden zu leiten. Wenn er nicht gekündigt hätte, hätte ich das Archiv nicht sofort übernommen, sondern wäre erst einmal nur als stellvertretende Museumsleiterin tätig gewesen. So war es für mich ein sehr glücklicher Umstand.
zeitgeschichte|online: Ihr beruflicher Werdegang ist offenkundig eng mit Eisenach und der Institution Stiftung automobile welt eisenach verbunden. Wie ist diese Vernetzung entstanden?
Lindner-Elsner: Wenn man aus einer mittelgroßen Kleinstadt kommt, wie Eisenach, dann ist man mit der Industrie, den Kultureinrichtungen oder sonstigen Institutionen der Stadt schon relativ vertraut. Ich wusste zum Beispiel, dass meine beiden Großeltern irgendwann einmal in diesem Automobilwerk gearbeitet haben. Sowie ungefähr jeder siebte bis neunte Eisenacher in seinem Leben.
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