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Friedenspreisträgerin Dangarembga: "Ich sehe mich nicht als Menschenrechts-Champion"


Die simbabwische Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga Tsitsi Dangarembga wird am Sonntag in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. Auf der Buchmesse hat sie erzählt, wie überraschend die Auszeichnung für sie kam - und welche Botschaft sie damit nun vermitteln will.


Tsitsi Dangarembga erhält nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den mit 25.000 Euro dotierten Friedenspreis für ihre besondere Gabe, als Autorin und Filmemacherin die Menschen "zu bewegen und aufzurütteln". Die 62-Jährige sei "nicht nur eine der wichtigsten Künstlerinnen ihres Landes, sondern auch eine weithin hörbare Stimme Afrikas in der Gegenwartsliteratur", hatte der Stiftungsrat zur Begründung erklärt.

Das ZDF und übertragen die Preisverleihung am Sonntag ab 11 Uhr live die Preisverleihung. Die Laudatio hält die kenianische Germanistin und Soziologin Auma Obama, Halbschwester des früheren US-Präsidenten Barack Obama.


Autorin überrascht von Nominierung

Die Auszeichnung kam für Dangarembga überraschend, wie sie am Freitag auf der Buchmesse erzählte. "Als ich die E-Mail gelesen habe, dass ich den Friedenspreis gewonnen habe, wusste ich erstmal überhaupt nicht, worum es geht". Dann habe sie sich erinnert, dass ihr Verlag sie vor einiger Zeit gebeten hatte, zwei bis drei Sätze über sich abzuschicken, damit man sie für den Friedenspreis vorschlagen könne. "Aus diesen zwei bis drei Sätzen ist dann ja doch ziemlich viel geworden", sagt sie. Schließlich gilt der Friedenspreis als eine der wichtigsten Auszeichnungen Deutschlands.


"Ich sehe mich nicht als Menschenrechts-Champion"

Wie wenig hörbar Stimmen aus Afrika in Europa oft noch sind, zeigt, dass Dangarembgas Romantrilogie noch immer nicht vollständig auf Deutsch erschienen ist. Dabei wurde der erste Teil im Original bereits 1988 veröffentlicht. Ihr erster Band "Aufbrechen" erschien 2019 im kleinen Orlanda-Verlag auf Deutsch. Dort gebe es längere Produktionsprozesse, sodass es bis zur Veröffentlichung des dritten Teils noch bis 2022 dauere, so die Autorin.

Sie betont, dass sie ihre Bücher nur mit viel Unterstützung veröffentlichen könne - Bedingungen, die in ihrem Heimatland nicht selbstverständlich sind. Momentan stecke Simbabwe in einer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise, sagt die 62-Jährige. Dadurch, dass sie in ihrem Schreiben die Gesellschaft kritisch analysiere, werde sie automatisch zur Aktivistin für Menschenrechte, sagte Dangarembga. "Ich sehe mich aber nicht als Menschenrechts-Champion, sondern einfach als verantwortungsbewusste Bürgerin."


Unterdrückung von Mädchen und Frauen in Simbabwe

In den vergangenen Jahren habe es Fortschritte für die Freiheiten von Frauen und Mädchen gegeben und es sei eine gesetzliche Grundlage für mehr Gleichberechtigung geschaffen worden. Doch in der Krisenzeit werde das Gesetz nicht umgesetzt und die Lage für Frauen sei wieder schwieriger geworden.

Die staatlichen Repressionen hat Dangarembga im vergangenen Jahr selbst deutlich gespürt. Nachdem sie zu einer Anti-Korruptions-Demonstration aufgerufen hatte, wurde sie inhaftiert. Wenig später kam sie wieder frei - jedoch nur auf Bewährung. Die 62-Jährige muss am 15. Dezember wieder vor Gericht erscheinen.


Dangarembga prangert Rassismus an

Tsitsi Dangarembga betonte, dass die Missstände in ihrem eigenen Land mit Strukturen zusammenhängen, die sich aus der kolonialen Vergangenheit ergeben. Der westliche Imperialismus habe zudem Rassismus als eine Struktur geschaffen, um ökonomische Ausbeutung zu rechtfertigen. Dieser Rassismus führe dazu, dass heute Menschen im Mittelmeer ertrinken. "Wenn man in einer globalisierten Gesellschaft lebt, kann man nicht für die freie Bewegung von Geld und Gütern sein, aber gleichzeitig der freien Bewegung von Menschen Barrieren setzen", sagte Dangarembga.

Sie beobachte, dass es momentan Veränderungen in der Gesellschaft gebe. "Wenn Gruppen von Menschen anfangen, Rechte für sich einzufordern, ist das eine Herausforderung für andere Gruppen von Menschen." Nun sei es ein unvermeidbarer Prozess, dass weiße Menschen ihr Weiß-Sein hinterfragen und damit beschäftigten, warum sie sich bedroht fühlten, "wenn Nicht-Weiße sich als Menschen behaupten."

Menschen zu einer Veränderung in ihrem Verhalten zu ermutigen, sei ihre Möglichkeit als Schriftstellerin, sich für Frieden und Freiheit einzusetzen. "Ich denke, das Erzählen ist es, worin ich gut bin und wie ich Menschen berühren kann", sagte sie.


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