Alleine trinken oder mit Freunden - das ist nicht dasselbe, wie wir wissen. Die Unterschiede können sich sogar auf neuronaler Ebene bemerkbar machen. Das zeigt eine neue US-Studie.
Gibt es etwas Besseres, als sich mit seinen Flusskrebsfreunden freitagabends am verabredeten Geröllhaufen zu treffen, und ein paar Gläser zu heben? Die Frage war hypothetisch - natürlich gibt es nichts.
Die Gespräche fließen geschmeidiger als der Neckar, ein Gurgelgeräusch gibt das andere, und die Zeit, sie fliegt. Man hatte doch gerade erst angefangen mit dem Trinken und schon ist man voller als, Verzeihung, eine Strandhaubitze.
Nun gut, wir sind im Bild. Flusskrebse können tatsächlich betrunken werden.
Diese beneidenswerte Eigenschaft teilen sie zum Beispiel mit uns Menschen. Außerdem haben sie verhältnismäßig überschaubare Gehirne (was sie mit manchen Menschen durchaus teilen).
Diese Kombination macht sie zu dankbaren Versuchsteilnehmern, wenn es darum geht, Alkoholkonsum wissenschaftlich zu untersuchen. Das dachte sich auch ein Team der University of Maryland. Die Forscher untersuchten an Flusskrebsen, wie das soziale Umfeld die Wirkung von Alkohol beeinflusst.
Die Teilnehmer der Studie, jugendliche Flusskrebse, wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Hälfte, etwa 50 bis 100 Exemplare, verbrachte die Woche vor dem Alkoholtest zusammen in einem Aquarium. Die anderen Teilnehmer verbrachten die Tage in Einzelunterbringungen.
Am Testtag wurden Tiere beider Gruppen in Wassertanks gesetzt, die Alkohol enthielten.Die Forscher variierten dabei die Dosis - und machten eine spannende Beobachtung. Sowohl gesellige als auch einsame Flusskrebse zeigten die typischen Stufen von betrunkenem Flusskrebsverhalten. Zunächst nehmen sie eine aufrechte Haltung an, zeigen ihre Unterleibe und strecken ihre Beine steif aus. Sobald sie mehr intus hatten, führten sie in hoher Frequenz „tail flips" aus. Normalerweise ein Fluchtreflex, der so aussieht:
Interessant war nun, dass die Flusskrebse, die die Woche in Gesellschaft verbracht hatten, nach etwa 20 Minuten mit dem betrunkenen Verhalten begannen. Die Kollegen aus der zweiten Gruppe hingegen zeigten die „tail flips" erst nach 28 Minuten.
Einzelgänger konnten offenbar mehr Stoff vertragen.
In einer zweiten Testphase untersuchten die Forscher die Nervenzellen, die für das Schwanz-Schnipp-Manöver zuständig sind. Schwammen die Krebse in Alkoholwasser, waren diese Neuronen leichter erregbar. Dieser Effekt war bei den isolierten Exemplaren geringer.
Aber warum? Das ist bisher unklar, wie die Forscher einräumen. Es scheint, als sorge die soziale Isolation dafür, dass die neurobehavioriale Reaktion auf Alkohol zu einem Teil unterdrückt wird. Doch welcher Wirkungsmechanismus sich dahinter verbirgt, lässt sich nur spekulieren.
Vielleicht haben die geselligen Flusskrebse schon die ganze Woche davon geredet, wie sie sich freitags richtig die Kante geben werden und so ihr Nervensystem sensibilisiert? Oder weiß die Evolution irgendwie, dass es in einsamen Zeiten hilfreich sein kann, wenn man ein paar Gläser mehr verträgt?
Im Ernst, dahinter steckt natürlich ein wichtiges Thema. Wenn sich die Ergebnisse auf Menschen übertragen ließen, hätte man einen Ansatzpunkt, um jenen zu helfen, die aus Einsamkeit und sozialer Isolation trinken.
Bis die Forschung soweit ist, freuen wir uns jedenfalls auf die nächsten Drinks am Geröllhaufen - gleiche Stelle, gleiche Welle.