Die Jugend in Deutschland ist politisch aktiv, will sich in der Gesellschaft einbringen und die Zukunft gestalten. Zu dem Ergebnis kommt die aktuelle Shell-Jugendstudie, die an diesem Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey greift die Studie positiv auf und versteht sie als Auftrag an die Politik: „Die aktuelle Shell- Jugendstudie zeigt, dass junge Menschen sich einbringen wollen und dass viele auf die Demokratie, eine offene Gesellschaft und ein geeintes Europa setzen. Dieses Vertrauen dürfen wir nicht verspielen."
Bereits im Jahr 2015 hätten viele Jugendliche ein größeres Engagement für politische und gesellschaftliche Themen gezeigt, sagte Mathias Albert von der Universität Bielefeld, der die Studie leitete. „Dieses Engagement verstärken sie inzwischen durch ein zunehmendes Umwelt- und Klimabewusstsein. Obwohl die Jugendlichen optimistisch in ihre persönliche und die gesellschaftliche Zukunft blicken, sehen sie doch, dass es Zeit ist zu handeln", so Albert. Die Botschaft junger Leute an die ältere Generation sei: „Wir bleiben zuversichtlich, aber hört auf uns, und achtet jetzt auf unsere Zukunft."
Die Shell-Studie untersucht auch Sorgen und Ängste von Jugendlichen. Vor allem bei höher gebildeten Heranwachsenden haben Umweltängste an Bedeutung gewonnen. Im Vergleich zum Jahr 2002 hat der Wert umweltbewussten Lebens deutlich zugenommen. 71 Prozent bejahen ihn 2019, sieben Jahre zuvor waren es noch 60 Prozent.
Außerdem spielen Fragen rund um Migration eine Rolle: Die Jugendlichen gaben an, Angst vor Ausländerfeindlichkeit und - aber auf niedrigerem Niveau und tendenziell eher bei niedriger Gebildeten - Angst vor Zuwanderung zu haben. Es zeigt sich auch, dass Jugendliche zum Teil empfänglich für bestimmte rechtspopulistische Parolen sind.
Die Jugendlichen bringen sich verstärkt in Debatten ein, artikulieren ihre Wünsche nicht mehr nur innerhalb ihrer Bezugsgruppe, sondern auch gegenüber Vertretern der Politik, der Gesellschaft und auch Arbeitgebern. Die seit Monaten anhaltenden Proteste der Fridays-for-Future-Bewegung dürften dieses gesteigerte Interesse an gesellschaftlicher Teilhabe untermauern.
Wie die Studie zeigt, bleibt das Interesse der Jugend an Politik stabil. Politischem Engagement messen die Jugendlichen eine hohe Bedeutung zu, allen voran die Mädchen. Dabei lässt sich vor allem ein Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und Partizipation ausmachen: Wer einen höheren Bildungsabschluss aufweist, dem ist politische Teilhabe wichtiger.
Insgesamt sind die Befragten mit der Demokratie zufrieden - das gaben drei Viertel an. Zudem stehen insgesamt 50 Prozent der Jugendlichen der EU positiv gegenüber. Aber: Zwei Drittel kritisieren gleichzeitig, dass sich Politiker zu wenig um ihre Belange kümmerten. Die Studienautoren sagen, dass dies „als Ursache für Politikverdrossenheit gesehen werden kann".
Die Studie stellt weiterhin einen Zusammenhang zwischen Bildung und sozialer Herkunft fest. „Bei Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern ist es nur halb so wahrscheinlich, dass sie das Abitur erreichen wie bei Jugendlichen aus gebildeten Elternhäusern", so die Studienautoren. Dennoch loben sie die Bildungspolitik der vergangenen Jahre, weil mehr Jugendliche aus bildungsfernen Schichten das Abitur absolviert haben.
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