Hinten auf der Lederjacke steht in weißen Lettern: „Fotzen". Ein Bekenntnis, eine Kampfansage. Während der Techniker immer noch mit dem Bühnenaufbau beschäftigt ist, sitzt die Schlagzeugerin der Band Fotzen Power Germany in einer Tischecke des Monarch am Kottbusser Tor und trinkt Bier. Sie muss sich noch etwas gedulden, denn das Konzert wurde nach hinten verschoben. Immerhin: Die drei Rotzpunks der Fotzen wissen ihre Zeit zu nutzen - das Fass ist noch lange nicht leer.
Es ist Montagabend, die Fotzen treten im Vorprogramm von Las Kellies auf; die Argentinier spielen in Berlin Songs ihres neues Albums „Friends & Lovers". Dann, gegen 22 Uhr, betreten die Fotzen endlich die Bretter, ihr Set besteht aus kurzen, fies-verzerrten Vierviertelstücken. Die Pausen zwischen den Songs erscheinen länger, als die Songs selbst. Mit „Monoton" liefern sie ein Publikumsstück, hier und da wird mitgesungen: Mo-no-ton.
Las Kellies erwecken einen anderen Eindruck: weniger schrill, abgeklärt, gelassen. Wenn Sängerin Cecilia Kelly „gracias, thanks, danke" sagt, „danke" mit einem langgezogenen „E", also „dankeee", dann hat sie ihre Zuhörerschaft längst auf ihre Seite geholt.
Das Verdeck nach hintenDie Kellies kommen post-punkig daher, spielen einen New Wave, dessen Drums manchmal langsam sind und trotzdem antreiben. Zu Songs wie „Tied to A Chain" oder „Summer Breeze", eine Single des neuen Albums, lässt sich gut das Verdeck nach hinten fahren in einem alten Chevy auf einer endlosen Straße durch eine Wüstenlandschaft. Natürlich darf dabei eine Sonnenbrille nicht fehlen. Schlagzeugerin Silvana Costa hat daran gedacht, das gesamte Konzert über behält sie sie auf, als wollte sie das Publikum nicht mit zu viel Ausstrahlung blenden.
Sie empfiehlt sich für den Titel „Coolste Schlagzeugerin der Welt", womit sie im Übrigen mit der bierdurstigen Kollegin von Fotzen Power Germany konkurriert. „Friends & Lovers" ist das nun schon fünfte Album von Las Kellies und das dritte, das bei Fire Records erschienen ist. Kelly und Costa haben sich angeblich 2005 während eines Konzerts in Buenos Aires kennengelernt. Kurzerhand beschlossen sie, selbst Musik zu machen. Ihr erstes Album „Shaking Dog" und auch ihr zweites „Kalimera" brachten sie noch über ihr eigenes Label raus.
Kelly und Costa spielen von Beginn an mit verschiedenen Bassistinnen, derzeit ist dies Manuela Ducatenzeiler. Mit ihr sind sie auf ihrer sechsten Europa-Tour, die sie im Dezember noch nach Frankreich, Italien und Großbritannien führt.
Im Monarch ist vor der Bühne Spanisch zu hören, jemand trägt eine Wollmütze mit der Aufschrift „Peru". In der spanischsprachigen, südamerikanischen Community sind Las Kellies eine große Nummer. Aber auch darüber hinaus erspielen sie sich Freunde, ihr Sound ist universell, voller New-Wave-Referenzen. Bisweilen erinnern sie an die frühen Black Rebel Motorcycle Club. Dabei sind sie weiblicher, einfühlsamer, besser.
Las Kellies: Friends & Lovers (Fire Records), 14,99 Euro. Las Kellies auf Sondcloud