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"Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat"

Bild: © Andrej Kaprinay

Kaum ein Vorhaben wird in der deutschen Öffentlichkeit so heftig diskutiert wie das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Gegner befürchten sinkende Standards bei Lebensmitteln, einschneidende Veränderungen im Kulturbereich und kritisieren die Schaffung von internationalen Schiedsgerichten, sodass Streitfälle nicht mehr vor nationalen Gerichten ausgetragen werden können. Befürworter unterstreichen dagegen die Chancen der größten Freihandelszone der Erde. So war es auch am Donnerstag, 25. September 2014, in einer 105-minütigen Debatte des Bundestages.

Mit lockenden Parolen, wie mehr Wirtschaftswachstum oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze, soll in der Bevölkerung Akzeptanz für die Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada („CETA“) und den USA („TTIP“) geschaffen werden. „Tatsächlich soll ein Eldorado für Investoren geschaffen werden, die in der Ausübung ihrer Geschäfte nicht mehr durch nationale Umweltauflagen, Arbeitnehmerrechte oder Verbraucherschutz gehemmt werden wollen“, kritisiert Hubert Aiwanger, Fraktionsvorsitzender der FREIEN WÄHLER im Bayerischen Landtag. „Dieser Traum könnte allerdings zu einem Albtraum für EU-Bürger werden, weil politisch erkämpfte Standards und Schutzrechte mit dem Investor-Staat-Klageverfahren sturmreif geschossen werden.“

Der Deutsche Bundestag soll dem geplanten Freihandels- und Investitionsabkommen eine klare Absage erteilen, fordert Aiwanger: „Während Großkonzerne profitieren, bleiben Demokratie, Rechtsstaat und Mittelstand auf der Strecke.“ Die bisherigen Verhandlungen zum Abkommen seien einer Demokratie unwürdig. Weder EU-Parlament, Bundesregierung und Bundestag, irgendein Landesparlament, noch die Bürger seien ausreichend informiert worden. Im Gegensatz dazu hätten Großunternehmen uneingeschränkten Zugang zu den Verhandlungen. „Wenn Konzerne die Bundesrepublik vor Schiedsgerichten verklagen können, wenn sich Investitionsbedingungen verschlechtert haben, werden demokratische Entscheidungen an das Gängelband der Konzerne gelegt“, befürchtet Aiwanger.

Der Mechanismus zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten verlagere die Gerichtsbarkeit auf die Wirtschaftsebene und schaffe eine dem Gewaltenteilungsprinzip widersprechende Sondergerichtsbarkeit. Dieses „Tribunal“ wäre befugt, über hohe Entschädigungsforderungen der Unternehmen zu befinden. Und gegen die Entscheidungen des „Tribunals“ soll es keine Anfechtungsmöglichkeiten geben. Auch die öffentliche Daseinsvorsorge sei gefährdet, weil etwa kommunale Wasserwerke Monopolbetriebe seien oder kommunale Beschaffungen in der Region eine Diskriminierung von Investoren darstellen könnten, so Aiwanger.

Dass dies zulasten der klein- und mittelständischen Betriebe und der ländlichen Räume ginge, liegt für Aiwanger auf der Hand: „In der Verschmelzung von Wirtschaft und verfassungsmäßiger Regierung scheinen Regierungen wie Wirtschaftsunternehmen zu agieren und Unternehmen mehr und mehr wie Regierungsmächte. Das führt den demokratischen Rechtsstaat ad absurdum.“ Die FREIEN WÄHLER fordern einen Ausbau von Wirtschaftsbeziehungen gegebenenfalls auf niederschwelligerem Vertragsniveau, TTIP und CETA seien in der jetzigen Form für einen Demokraten nicht zustimmungsfähig, betont Aiwanger.





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