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Arte im Kampf gegen Fake News

© Foto: Reuters

Bye, bye, Betulichkeit: Mit dem täglichen Reportageformat "Re:" will Arte eine Offensive gegen Fake News und alternative Fakten starten. Ein Ansatz, der dem Kulturkanal zu neuer Relevanz verhelfen könnte.


Von Peter Luley


Wahlkampf in den Niederlanden; polnische Zivilisten, die sich wegen Putins Drohgebärden militarisieren; Aussöhnungsbemühungen auf der geteilten Mittelmeerinsel Zypern; Bulgaren, die gegen Filz und Korruption kämpfen; eine französische Supermutter und Karrierefrau in der Krise – das ist das breite Themenspektrum des neuen Reportageformats "Re:" allein in der ersten Woche.

Gemeinsamer Nenner der 30-Minüter, die ab 13. März werktäglich um 19.45 Uhr laufen: Sie sollen anhand starker Protagonisten erzählt werden, die mit ihrer Geschichte für einen größeren Zusammenhang stehen und europäische Lebenswirklichkeit veranschaulichen.

Nichts Geringeres als "eine journalistische Mobilmachung für Europa" und "die größte Programmanstrengung von Arte Deutschland in den letzten zehn Jahren" kündigten die Arte-Deutschland-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann (ZDF) und Markus Nievelstein (ARD) bei der Vorstellung des Formats am Mittwoch in der Berliner Schaubühne an.

Im Superwahljahr 2017 mit Abstimmungen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, in Zeiten des wachsenden Populismus und nationaler Reflexe will der Sender seine Verankerung im aktuellen Geschehen verstärken. Das schmuck digital anmutende und in vielfacher Form fortführbare Kürzel "Re:" soll laut Bergmann für Relevanz stehen.


Innovationsschub zum Jubiläumsjahr


Gerade vor dem Hintergrund, dass auf dem Sendeplatz bei dem 1992 an den Start gegangenen Kulturkanal bisher betuliche Natur-Dokus wie "Mit allen Wassern gewaschen - Tricks und Finten der Fische" ausgestrahlt wurden, wirkt die Innovation im Jubiläumsjahr tatsächlich wie eine Erneuerung des Arte-Qualitätsanspruchs. Und auch wenn die Entwicklung des Formats seit zwei Jahren läuft, "Re:" also keine aktuelle Reaktion auf Phänomene wie Alternative Fakten und Fake News ist, erscheint es doch wie eine gut getimte Antwort darauf. "Als hätten wir's geahnt", sagt Bergmann und räumt zeitpunktmäßig "ein bisschen Dusel" ein.

Das beachtliche Kontingent von 160 Filmen pro Jahr hat der Sender auf mehrere ARD-Anstalten und das ZDF verteilt, die wiederum Produktionsfirmen wie Tita von Hardenbergs Kobalt Productions, Sandra Maischbergers Vincent TV, EcoMedia und auch SPIEGEL TV mit der Umsetzung beauftragt haben. Die Programmierung von "Re:" im Anschluss an die Nachrichtensendung "ARTE Journal" geht mit deren Verlegung auf 19.20 Uhr einher, wovon sich die Macher eine höhere Wahrnehmung zwischen "heute" und "Tagesschau" versprechen.

"Re:" soll konsequent kanalübergreifend gedacht werden: Parallel zur TV-Ausstrahlung geht die Sendung um 19.45 Uhr auch in der Arte-Mediathek und auf Facebook live und wird in den sozialen Medien regelrecht kuratiert. So sollen in der wöchentlichen Facebook-Livesendung "Re:act!" u. a. die stärkste Zuschauerreaktion, die beste "Re:plik" auf ein Thema und ein "Re:alitätscheck" zu einem ausgewählten Sachverhalt präsentiert werden.

Aus der Auftaktfolge vom 13.3., in der es um die Parlamentswahlen in Holland und insbesondere um die Ex-Moderatorin, Parteigründerin und Geert-Wilders-Opponentin Sylvana Simons ("Artikel 1") geht, konnte heute nur ein zehnminütiger Auszug gezeigt werden - denn die Dreharbeiten laufen noch. Aber allein das ist ja schon mal ein Ausweis neu gewonnener Aktualität und Flexibilität bei Arte.


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